Kopftuch
"Zuerst lehnte ich das Kopftuch ab. Doch dann begann ich es zu tragen und ich merkte: Ich kam mit Kopftuch einfach besser zurecht. Man betrachtete mich als denkende Person. Und ich wurde nicht mehr dauernd angemacht. Das Kopftuch gab mir Würde und Raum zu sein, wer ich war." Das pflegte meine Freundin Mascha zu sagen. Sie war aus einer gut katholischen Familie und, weiss Gott, eine Hardcore-Feministin. Mit 18 aber verbrachte sie ein Jahr in einer muslimischen Familie in Kenia, wo sie das Kopftuch schätzen lernte. Zu Hause trug sie es dann nicht mehr. Nein. Später ging sie sogar eine Weile kahlgeschoren.
Das ist lange her. Aber es hat meine Haltung zum Kopftuch geprägt. Jedenfalls lehne ich es nicht rundweg ab, schreie nicht nach einem Kopftuchverbot. Bin mir nicht sicher, ob das Kopftuch wirklich ein Symbol für die Unterwerfung der Frau ist.
Zumal ich festgestellt habe, dass es selbst in kleineren Städten im Westen Musliminnen gibt, die ihr Kopftuch und das dazugehörige Mäntelchen durchaus mit Modebewusstsein, ja mit einem gewissen urbanen chic tragen. Das sind keine gehorsamen Arbeitstiere, die sich nach getaner Arbeit pflichtschuldigst unter ihren Ehemann legen.
Wie komplex die Frage ist, zeigt die Situation in der Türkei. Dort ist der Kopftuchstreit Symptom eines Problems, das sich bald zur Staatskrise ausweiten könnte.
Kurz bevor wir hinreisten, flammte er erneut auf.
Das Kopftucherbot an den türkische Unis sei in den 80-er Jahren unter der Militärregierung eingeführt worden, las ich in einer Agenturmeldung. Um die Islamisierung der Gesellschaft zu verhindern, hiess es. Um sicher zu stellen, dass die Türkei ein säkulärer, nach Westen orientierter und damit freiheitlicher Staat bleibe. Nur: Regierende Generäle gelten in der Regel nicht gerade als Hüter der Freiheit und der Rechte von Frauen. Und: Ist es nicht paradox, ausgerechnet jenen Frauen Kleiderverbote aufzuerlegen, die an der Uni zu selbständig denkenden Menschen werden sollen?
"Weisst Du, es gibt viele Gründe, das Kopftuch zu tragen", sagte unser Freund, der Istanbuliker. "Manche jungen Mädchen tragen es nur, weil sie das säkuläre Mami ärgern wollen."
Also: Was tut Frau, wenn sie aufgefordert wird, sich ein Kopftuch umzulegen, bevor sie die blaue Moschee betritt?
Ich jedenfalls legte es um und behielt es auch unter der grossen Kuppel um, als die Türhüter nicht mehr hinschauten. Warum? Vielleicht aus Solidarität mit all jenen Frauen, die das Kopftuch tragen, weil sie auf Identitätssuche sind. Vielleicht aus Respekt einer fremden Religion gegenüber.
Ich war die einzige westliche Touristin, die es so hielt. Die anderen nahmen in der Moschee ihre Tüchlein wieder ab und grinsten kokett ihre Männer oder Freundinnen an, bevor sie ihren Blick bewundernd über die blauen Kacheln schweifen liessen.
Sie waren frei. Sie hatten diesen Mullah-Türhütern ein Schnippchen geschlagen!
Das ist lange her. Aber es hat meine Haltung zum Kopftuch geprägt. Jedenfalls lehne ich es nicht rundweg ab, schreie nicht nach einem Kopftuchverbot. Bin mir nicht sicher, ob das Kopftuch wirklich ein Symbol für die Unterwerfung der Frau ist.
Zumal ich festgestellt habe, dass es selbst in kleineren Städten im Westen Musliminnen gibt, die ihr Kopftuch und das dazugehörige Mäntelchen durchaus mit Modebewusstsein, ja mit einem gewissen urbanen chic tragen. Das sind keine gehorsamen Arbeitstiere, die sich nach getaner Arbeit pflichtschuldigst unter ihren Ehemann legen.
Wie komplex die Frage ist, zeigt die Situation in der Türkei. Dort ist der Kopftuchstreit Symptom eines Problems, das sich bald zur Staatskrise ausweiten könnte.
Kurz bevor wir hinreisten, flammte er erneut auf.
Das Kopftucherbot an den türkische Unis sei in den 80-er Jahren unter der Militärregierung eingeführt worden, las ich in einer Agenturmeldung. Um die Islamisierung der Gesellschaft zu verhindern, hiess es. Um sicher zu stellen, dass die Türkei ein säkulärer, nach Westen orientierter und damit freiheitlicher Staat bleibe. Nur: Regierende Generäle gelten in der Regel nicht gerade als Hüter der Freiheit und der Rechte von Frauen. Und: Ist es nicht paradox, ausgerechnet jenen Frauen Kleiderverbote aufzuerlegen, die an der Uni zu selbständig denkenden Menschen werden sollen?
"Weisst Du, es gibt viele Gründe, das Kopftuch zu tragen", sagte unser Freund, der Istanbuliker. "Manche jungen Mädchen tragen es nur, weil sie das säkuläre Mami ärgern wollen."
Also: Was tut Frau, wenn sie aufgefordert wird, sich ein Kopftuch umzulegen, bevor sie die blaue Moschee betritt?
Ich jedenfalls legte es um und behielt es auch unter der grossen Kuppel um, als die Türhüter nicht mehr hinschauten. Warum? Vielleicht aus Solidarität mit all jenen Frauen, die das Kopftuch tragen, weil sie auf Identitätssuche sind. Vielleicht aus Respekt einer fremden Religion gegenüber.
Ich war die einzige westliche Touristin, die es so hielt. Die anderen nahmen in der Moschee ihre Tüchlein wieder ab und grinsten kokett ihre Männer oder Freundinnen an, bevor sie ihren Blick bewundernd über die blauen Kacheln schweifen liessen.
Sie waren frei. Sie hatten diesen Mullah-Türhütern ein Schnippchen geschlagen!
diefrogg - 8. Jul, 11:57
12 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks