Teenager-Katastrophe
Kaum etwas kann mich so elektrisieren und so verstören wie die Musik von Jimi Hendrix. Kürzlich einmal ging ich durch den Wald. Ich hörte gerade wieder gut und hatte den MP3-Player am Ohr. Plötzlich blieb ich stehen und starrte entsetzt und entrückt zugleich in den wintrigen Zwischenraum zwischen zwei Bäumen. Die ersten Akkorde von "Voodo Child" waren mir ans Trommelfell getänzelt. Ich hatte den Song lange nicht gehört.
Er legte in Sekundenbruchteilen Erinnerungen frei, die ich gut vergraben hatte. Erinnerungen an eine Katastrophe meiner jungen Jahre.
Es war am Open Air in St. Gallen, 1982. Ich war 17. Ich habe meinen Eltern bis heute nicht erzählt, wie ich überhaupt dorthin und wieder zurück gekommen bin. Ich wollte unbedingt hin, denn die Clique, zu der ich gehören wollte, war dort. Axel war dort.
Axel hatte grüne Augen. Ich kannte ihn von jenem belebten Platz am Fluss, an dem wir uns damals trafen. Wenn er über die Brücke kam, erkannten wir Mädchen ihn unter Hunderten an seinem Gang. Er schritt über den Steg, als würde er im nächsten Moment in die blauen Lüfte entschweben. Keine, die nicht in ihn verliebt war. Axel kiffte und redete gern über schwarze Magie. Alle munkelten, er nehme auch LSD.
Erst schien die Sonne. Ich fand Axel an der Sitter, und wir badeten im Flüsschen. Wir lagen im Gras und küssten uns und er redete wirres Zeug über „Sympathy for der the Devil“ von den Rolling Stones und kritzelte Pentagramme auf Papierfetzen. Er redete noch, als es zu regnen begann. Wir fanden Unterschlupf im Zelt eines Freundes. Es stand am Hügel, und wir hatten Tribünensicht auf die Bühne. Axel redete weiter wirres Zeug. Er war da und doch nicht da.
In der Nacht wurden wir patschnass. Das Zelt leckte genau in der Ecke, in der wir lagen. Das Wasser rann hangabwärts und hinein in meinen Schlafsack. Gegen Morgen verschwand Axel. Es hörte auf zu regnen, und die Sonne trocknete mich. Ich irrte zwischen den Zelten umher und suchte ihn. Ich fand ihn nicht. Niemand hatte ihn gesehen. Abends sorgte ich dafür, dass ich nach Hause kam.
Drei Tage später hörte ich, die Polizei habe ihn am Montag vom Festival-Gelände geholt. Er sei völlig von Sinnen gewesen, habe einen Baum umarmt. Jetzt sei er in der Psychiatrischen Klinik. Diagnose: Schizophrenie.
Im Herbst kam er heraus. Aber im nächsten Sommer war er wieder drin. Als sie ihn an einem Samstag Ende August für ein Wochenende nach Hause entliessen, sprang er aus dem achten Stock. Aus der Wohnung seiner Eltern. Er war sofort tot.
Ich erinnere mich nur noch an eine Band, die damals in St. Gallen aufspielte: jene von Rory Gallagher. Warum ausgerechnet Hendrix mich an diese Geschichte erinnerte? Ich weiss es nicht.
Aber an jenem Tag im Dezember glaubte ich, Axel als Gespenst zwischen den Bäumen zu sehen.
Er legte in Sekundenbruchteilen Erinnerungen frei, die ich gut vergraben hatte. Erinnerungen an eine Katastrophe meiner jungen Jahre.
Es war am Open Air in St. Gallen, 1982. Ich war 17. Ich habe meinen Eltern bis heute nicht erzählt, wie ich überhaupt dorthin und wieder zurück gekommen bin. Ich wollte unbedingt hin, denn die Clique, zu der ich gehören wollte, war dort. Axel war dort.
Axel hatte grüne Augen. Ich kannte ihn von jenem belebten Platz am Fluss, an dem wir uns damals trafen. Wenn er über die Brücke kam, erkannten wir Mädchen ihn unter Hunderten an seinem Gang. Er schritt über den Steg, als würde er im nächsten Moment in die blauen Lüfte entschweben. Keine, die nicht in ihn verliebt war. Axel kiffte und redete gern über schwarze Magie. Alle munkelten, er nehme auch LSD.
Erst schien die Sonne. Ich fand Axel an der Sitter, und wir badeten im Flüsschen. Wir lagen im Gras und küssten uns und er redete wirres Zeug über „Sympathy for der the Devil“ von den Rolling Stones und kritzelte Pentagramme auf Papierfetzen. Er redete noch, als es zu regnen begann. Wir fanden Unterschlupf im Zelt eines Freundes. Es stand am Hügel, und wir hatten Tribünensicht auf die Bühne. Axel redete weiter wirres Zeug. Er war da und doch nicht da.
In der Nacht wurden wir patschnass. Das Zelt leckte genau in der Ecke, in der wir lagen. Das Wasser rann hangabwärts und hinein in meinen Schlafsack. Gegen Morgen verschwand Axel. Es hörte auf zu regnen, und die Sonne trocknete mich. Ich irrte zwischen den Zelten umher und suchte ihn. Ich fand ihn nicht. Niemand hatte ihn gesehen. Abends sorgte ich dafür, dass ich nach Hause kam.
Drei Tage später hörte ich, die Polizei habe ihn am Montag vom Festival-Gelände geholt. Er sei völlig von Sinnen gewesen, habe einen Baum umarmt. Jetzt sei er in der Psychiatrischen Klinik. Diagnose: Schizophrenie.
Im Herbst kam er heraus. Aber im nächsten Sommer war er wieder drin. Als sie ihn an einem Samstag Ende August für ein Wochenende nach Hause entliessen, sprang er aus dem achten Stock. Aus der Wohnung seiner Eltern. Er war sofort tot.
Ich erinnere mich nur noch an eine Band, die damals in St. Gallen aufspielte: jene von Rory Gallagher. Warum ausgerechnet Hendrix mich an diese Geschichte erinnerte? Ich weiss es nicht.
Aber an jenem Tag im Dezember glaubte ich, Axel als Gespenst zwischen den Bäumen zu sehen.
diefrogg - 22. Jan, 11:37
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