16
Jun
2012

Eine Tür geht auf

Gestern Abend haben meine grossen Ferien begonnen. Und es ist Ferienwetter - richtig sonnig und heiss. Aber ich habe keine Strandlaune. Mir ist, als hätte jemand plötzlich eine Tür in meiner Seele aufgestossen, die ich ein paar Monate lang erfolgreich ignoriert habe: die Tür zum Zimmer der Zukunftsangst. Ich kann nicht widerstehen. Ich muss hineingehen und mich umsehen.

Meine finanzielle Lage ist schon weit weniger komfortabel als noch vor zwei Jahren. Und inzwischen ist sicher, dass es noch schlimmer kommen wird. Vielleicht sogar viel schlimmer. Trifft das Worst Case-Szenario ein, müssen wir unsere Wohnung aufgeben - und die ist für unsere Gegend schon preiswert. Und ich kann nicht viel dagegen tun. Ich meine: Wer will schon einer periodisch tauben Journalistin in den Spätvierzigern einen Job geben? Wenn ich das Zimmer der Zukunftsangst betrete, packt mich eine heisse Hand an der Gurgel und drückt zu. Natürlich: Es ist unwahrscheinlich, dass wir verhungern werden, das räume ich für die nachtschwestern und rosawers dieser Welt ein. Aber die Hand an meiner Gurgel lockert dieses Wissen nur ein bisschen.

Nun ja, wir fahren jetzt doch in die Ferien. Ins Tessin - das belastet meine Ohren weniger als der echte Süden. Es kann sein, dass sich während meiner Abwesenheit mein Schicksal entscheidet. Aber ich kann im Moment nichts tun. Ich werde mich sehr diszipliniert in heiterer Gelassenheit üben.

Sollte sich jemand während meiner Abwesenheit langweilen, empfehle ich, in die stupende Musiksammlung von Alan Lomax hineinzuhören, die ich kürzlich entdeckt habe. Er begebe sich zum Beispiel zu Adam In The Garden

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books and more - 16. Jun, 19:11

Ohne zu wissen, ob das in dem von Ihnen verlinkten Blog intendiert war oder nicht: Ich halte es für äußerst problematisch, beurteilen zu wollen, was für einen anderen Menschen 'wirklich' schwierig / existentiell / bedrohend / etc. ist und was nicht. 'Eigentlich' geht es mir ja auch prima, aber von den Türen wollen wir hier lieber nicht reden.
Mit Grüßen über die Berge, und schöne Ferien!
B.

diefrogg - 16. Jun, 21:37

Danke, Herr books!

Was es zum anderen Blog zu sagen gibt, habe ich dort gesagt. Ich habe ihn auch verlinkt, weil ich mir solche Überlegungen jeweils als Mantra gegen Selbstmitleid und zu viel Angst zurechtlege: Woanders könnte so eine Ertaubung ja eine Katastrophe sein. In der Schweiz wird man Dich schon nicht verhungern lassen, auch wenn gar nichts mehr geht. Noch haben wir einen Sozial- und einen Rechtsstaat (wobei ich in letzter Zeit ein paar Geschichten gehört habe, die mich an Letzerem ein wenig zweifeln lassen). Aber das Mantra funktioniert nicht immer.
rosawer - 18. Jun, 16:31

Da ich angesprochen bin

fühle ich mich bemüßigt zu kommentieren. Zukunftsangst ist einfach Zukunftsangst. Und ich gebe Herrn books natürlich recht, von außen ist es fast unverschämt, die Zukunftsangst von jemand anderem zu beurteiln. Es hilft höchstens gegen Selbstmitleid, sich die Situation anderer vor Augen zu führen. Nicht mehr als das, denn das Würgen, das man hat, lässt sich nicht relativieren. Abgesehen davon, ist nicht Zukunftsangst auch ein Ausdruck der Beschränkungen, die man hat, aus welchen Gründen auch immer, und der Machtlosigkeit, die damit zusammenhängt? Ach, ich wünsche Dir einfach, dass Dein Zimmer der Zukunftsangst begehbar wird.

Jossele - 23. Jun, 18:02

Zukunftsangst, bzw. Existenzangst ist nicht unbegründet, soweit sie sich auf die wirtschaftliche Basis bezieht.
Der erworbene "Wohlstand" ist durch ein paar Widrigkeiten schnell einmal relativ, aber irgendwie geht es ja doch weiter, und in unseren Breitengraden meist nicht lebensbedrohlich, was aber auch kein Trost ist, wenn´s einem erwischt.
Ich halte alle verfügbaren Daumen, dass die drohende Reduzierung auf ein menschliches Maß beschränkt bleibt.

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