25
Okt
2010

Noch katholisch

Frau Täuschblume hat mich neulich gefragt, warum ich noch katholisch bin. Hier ist meine Antwort: Wenn die katholische Kirche eine politische Partei wäre, wäre ich schon längst aus ihr ausgetreten. Ich finde die Politik des Papstes reaktionär und menschenfeindlich. Aber die katholische Kirche ist keine politische Partei. Sie ist viel mehr.

Ich kann eigentlich nur mit einer Geschichte erklären, warum ich noch katholisch bin und es wohl auch bleiben werde.

Vor ein paar Jahren war ich mit Herrn T. an der Beerdigung eines jungen Mannes. Der Mann war Dachdecker gewesen, kaum aus der Lehre und bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen. Es war ein erschütternder Abschied. Er war konfessionslos gewesen. Die Beerdigung hielt deshalb ein bärtiger Herr von einem Verein für Konfessionslose ab. Er tat es mit Anstand und Würde. Er zitierte ein bisschen Dostojewski und ein paar so genannte Indianer-Schriften. Oh, nichts gegen Dostojewski! Aber all diese Texte schienen mir so dünn. So austauschbar wie Blätter im Herbstwind. Ich flüsterte Herrn T. zu: "Versprich mir eins: Falls ich vor Dir sterbe, dann sorg bitte dafür, dass an meinem Grab ein anständiges Vaterunser gebetet wird!" Dieses Gebet schien mir in jenem Momant das einzige, was der Endgültigkeit der offenen Grube etwas Ewiges entgegen setzen konnte - oder wenigstens eine sehr, sehr lange Geschichte.

Ich stellte fest: Ich brauche das Christentum. Nicht, weil ich an Gott glaube. Ich glaube nur an manchen Tagen an Gott. Und rein theoretisch könnte ich das auch ohne Kirche. Natürlich würde mich nichts daran hindern, reformiert zu werden oder einer Freikirche beizutreten. Aber warum auch? Die katholische Kirche ist die Geschichte meiner Familie. Ihre Geschichte durchtränkt den Boden, auf den ich täglich meine Füsse stelle. Und als politische Parteien sind alle anderen Kirchen auch nicht besser die von Rom.

Ich bin nicht sicher, dass der Papst auf Katholikinnen wie mich gewartet hat. Ich meine: Mein ganzes erwachsenes Leben ist ein einziger Verstoss gegen die katholische Sexualmoral. Zum Beispiel lebe ich seit zehn Jahren mit einem Mann in so genannter Sünde. Er ist wenigstens Katholik ;) Aber ich gehe besser nicht beichten - ich würde wohl sonst nie mehr aufhören können, Buss-Vaterunsers zu beten. Und überhaupt habe ich nicht das Gefühl, etwas Unrechtes zu tun. Ja. Und manches aus meiner Vergangenheit fühlt sich an wie die Rache für das, was sie meiner Mutter getan haben.

Ob das kein Grund zum Austreten ist? Ich finde nicht. Die Kirche ist für mich ein bisschen wie ein manchmal fieser, aber ziemlich starker älterer Bruder. Man liebt ihn, man hasst ihn, aber man hat ihn und kann es nicht ändern.

Und dann tut die Kirchgemeinde meiner Stadt mit meinen Kirchensteuern Dinge, die ich ziemlich gut finde: in der Gassenarbeit und in der Integration von Ausländern. Und manchmal wettert sie laut und deutlich gegen den Papst.

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Walter B - 26. Okt, 20:58

Well done, Frau Frogg!

Sie sprechen ein Thema an, das in unserer so aufgeklärten Welt fast schon tabuisiert ist – und doch jeden Menschen zuinnerst berührt: die Frage nach der Basis unserer Existenz, nach unserer Herkunft und nach unserer – etwas weiter gefassten – Perspektive. Und Sie bringen ganz praktisch zum Ausdruck, dass wir als Zeitgenossen religiös-spirituell irgendwie zwischen Stuhl und Bank zu sitzen kommen: Die herkömmliche Religion können viele von uns nicht mehr einfach fraglos übernehmen. Zu viele Ungereimtheiten sind damit verbunden, zu viel von uns müssten wir verleugnen. Anderseits bleiben die Antworten der Moderne etwa angesichts des Todes seltsam schal und unbefriedigend – auch irgendwie unbeholfen.

Jürgen Habermas hat es mal so gesagt: "Aufgabe ist es, die Religion in etwas zu übersetzen, was unsere liberale Demokratie verstehen und nutzen kann. Die Religion hat schliesslich nicht wenig zu sagen."

diefrogg - 27. Okt, 11:57

Danke, Walter,

dass Du meinem Text diesen philosphischen Rahmen gegeben hast. Ich nehme ja selber meine Haltung zuweilen als unentschlossen wahr. Aber ich bin nicht die einzige, der es so geht - sowohl innerhalb wie ausserhalb der Kirche. Und warum das so ist, legst Du hier eigentlich in wenigen Worten dar.
steppenhund - 26. Okt, 21:37

Sehr schön ausgedrückt und durchaus nachvollziehbar.
-
Aber dass Sie in Sünde leben, erschüttert jetzt sehr schwer mein Weltbild. Ich dachte, dass das für Schweizerinnen ein Ding der Unmöglichkeit wäre.
Sie leben nur ohne Sakrement der Ehe. Der standesamtliche Trauschein ist der Kirche eh egal.
Das heißt, Sie verzichten auf die Hilfe von oben, wenn es um Probleme des Zusammenlebens geht.
Aber Sie sind ja offensichtlich hetero und nicht den Kindern zugetan. Da hat die Kirche jetzt mit der Sünde ganz andere Personen im Visier:)

diefrogg - 27. Okt, 11:59

Tja, Herr Steppenhund...

Auch die Seelen von uns Schweizerinnen sind nicht alle weiss wie Matterhorn-Schnee ;)
Was das Zusammenleben betrifft, so habe ich eigentlich nicht das Gefühl, ohne Hilfe von oben auskommen zu müssen. Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass ich einen wirklich netten Partner mit einem nahezu endlosen Geduldsfaden habe.
Täuschblume - 27. Okt, 11:11

Danke Frau frogg für die schnelle Antwort zum Nichtkirchenaustritt.
Das mit den austauschbaren Texten denke ich, ist wohl zu vergleichen mit den Vernissagetexten der Kunstgalerie meiner Wohngemeinde.
Da werden immer, jedenfalls immer wenn ich dort anwesend bin, Rose Ausländer Gedichte vorgetragen. Einerseits habe ich das Gefühl, dass sie schon sorgfältig
und zu der jeweiligen Ausstellung passend ausgewählt wurden, aber dennoch bringe ich das ungute Gefühl der Beliebigkeit nicht weg und
das schmerzt mich als Lyrikerin schon.
Vereine für Konfessionslose, ach das gibt es tatsächlich ? Da könnte man ja glatt bei seiner hineingeborenen Kirche bleiben.
Bloss wegen Kirchensteuern aus der Kirche austreten, wie das so manche tun, würde ich nie. Auch nicht als Trotzhandlung.
Wichtig bei Beerdigungen finde ich, dass die Feier angemessen und würdig ist und natürlich im Sinne des Verstorbenen.

diefrogg - 27. Okt, 14:57

Liebe Täuschblume,

Danke für Deine Antwort. Ich muss sagen: Zwei Punkte an ihr irritieren mich ein wenig.
1) Der Vergleich zwischen einer Vernissage und einer Beerdigung befriedigt mich nicht. Natürlich, ich kann den gemeinsamen Nenner sehen: die Unzufriedenheit darüber, dass die Rahmenfeier dem Anlass nicht gerecht wird - dass gewissermasen die Begleitkunst misslingt. Aber darum geht es mir gar nicht! Es geht um etwas ganz anderes. Walter bringt es in seinem Kommentar gut auf den Punkt, finde ich. Beim Abschied von einem Menschen geht es auch noch im eine spirituelle Dimension, um einen höheren Sinn.
2) Was hast Du Dir denn vorgestellt, wer Deine Beerdigung einmal ausrichten wird?
Herr T - 27. Okt, 16:12

Ebenfalls noch katholisch, ...

  • weil die katholische Kirche, wie Frau Frogg richtig festgestellt hat, gute Sozialarbeit macht, die - würden alle aus der Kirche austreten und keine Kirchensteuern mehr abliefern - nicht mehr finanzierbar wäre. Und ob der Staat diese Aufgaben übernehmen und gleich gut oder gar besser erledigen würde, habe ich so meine leichten Zweifel.
  • weil bei der katholischen Kirche die Show besser ist. Da werden alle Sinne angesprochen: Wenn z.B. an der Ostermesse in einer Kirche im Allgäu ein Dutzende Ministranten (neuerdings auch Ministrantinnen) hinter dem Altar verschwanden, um auf der anderen Seite gleich wieder aufzutauchen, haben sich mein Bruder und ich köstlich amüsiert und wir flüsterten uns zu: "Ministranten, 5. Aufzug!" Oder die Weihrauchschwaden, die junge Mädchen reihenweise in Ohnmacht fallen liessen. Oder die Organisten und Kirchenchöre, die an solchen Tagen alle Register zogen... Kein Vergleich mit den eher nüchternen und bilderfeindlichen protestantischen Anlässen.
  • weil die Tristesse bei konfessionslosen Beerdigungen noch trostloser ist - wobei: Dann wird es mir ziemlich egal sein, ob die Stimmung trist oder weniger trist ist. Ich würde mir nur wünschen, dass niemand nach dem Leichenmahl "Ein Tag, so wunderschön wie heute..." singt - was in besagtem Dorf im Allgäu tatsächlich schon passiert ist. Ich würde mich schon am ersten Tag im Grab umdrehen...
  • trotzdem führe ich mir die katholische Show nur noch selten zu Gemüte - und nur noch, wenn ich muss.

diefrogg - 27. Okt, 16:26

Die Geschichte mit...

den Ministranten ist köstlich!!!

Natürlich verspreche ich: Sollte ich an Deiner Beerdigung noch da sein, werde ich dafür sorgen, dass nichts unerwünschtes gesungen wird! Auch die Polonaise werden wir uns selbstverständlich verkneifen! Ach, wo denkst Du hin: Du bist doch unersetzlich! Wer denkt denn überhaupt an so etwas?!

Aber ehrlich gesagt: Ich finde, der Unterhaltungswert der Liturgie wird uns Papierli-Katholiken insgesamt etwas überbewertet. Ich erinnere mich an sonntagliche Messebesuche meiner Kindheit, bei denen ich mich grün, grau und gelb gelangweilt habe. Und dann die Karfreitagsmesse... drei Stunden gähnen!!! Aber die Weihrauchschwaden finde ich auch toll. Wobei: Als kleines Kind bin ich selber mehrmals ohnmächtig geworden, weil man mich ohne Frühstück in die Sonntagsmesse mitnahm (da brauchte es nicht mal Weihrauch, um mich zum Kippen zu bringen). Früher war es selbstverständlich, dass mit nüchternem Magen in die Sonntagsmesse ging, sagt mein Vater. Man nahm den Leib Christi auf nüchternen Magen zu sich. Meine Eltern mussten feststellen, dass ihre Tochter dafür zu verweichlicht war.
steppenhund - 27. Okt, 19:52

Eines muss man den Katholiken aber lassen: sie schaffen es, dass sich Herr T. in diesem Blog zur Schreibe meldet:)
creature - 28. Okt, 11:54

ich hatte einen freund der sich wünschte das bei seiner beerdigung alle in weiß kommen und es sich gut gehen lassen, und so war es auch, leider war ich nicht dabei da im ausland.
er fand einen für die augen noch lebender ein schlimmes ende, er fuhr bei glatteis über eine vereiste brücke, schleuderte in einen lkw und verbrannte im auto, hinterließ zwei kinder und frau.

ich achte darauf, sollte ich mein finales ende finden, das finanziell alles geregelt ist, keiner unnötig zur kasse gebeten wird, mein verlassenes gebilde verbrannt wird damit sich niemand genötigt fühlt sich zu meinen sich auflösenden elementen zu pilgern, sondern sich besser um seine eigene spirituelle entwicklung kümmern kann, so wie auch ich es tue solange ich klar denken kann.
epper - 1. Nov, 22:25

Limbus abgeschafft

Natürlich bin ich ausgetreten aus der Allein selig machenden Kirche im nicht mehr ganz jugendlichen Alter Anfang zwanzig. Wenn ich mich recht erinnere Sir Bertrand Russels "Warum ich kein Christ bin" zitierend in meinem Austrittsschreiben. Aber: Natürlich werde ich Zeit meines Lebens durchtränkt sein von meiner intensiven Bibellektüre (die Apokalypse, dieses wahrhaft pornographische Buch, gelesen im zarten Alter von neun Jahren im grossmütterlichen Stübchen "fuhr schon gewaltig ein"). Ich hege einen irrationalen Widerwillen gegen Feuerbestattungen. Streite gerne mit Protestanten (vorzugsweise solchen, die auch ausgetreten sind). Ziemlich klebrige Sache also bei mir... Ich war fast ein wenig erstaunt, wie nonchalant mein ältester Sohn (7) den Religionsunterricht quittierte. Das kommt davon, wenn man den Kindern keine angst mehr macht mit dem Höllenfeuer... *Wir* debattierten in der dritten Klasse über das Schicksal der ungetauften Kinder, die zwar nicht im Fegefeuer aber im sogenannten Limbus landen. Ich musste ein wenig schmunzeln, als ich von den Absichten des Papstes las, den Limbus abzuschaffen. Unsere Generation wird wohl die letzte sein, die das Kreuz der Religion noch wahrhaft zu tragen haben wird. Klare Bindungen werden sich noch mehr auflösen in einem esoterischen Lifestyle, wo jeder aus dem geistigen Baumarkt seine Versatzstücke heimschleppt und je nach aktueller Mode sein Oberstübchen einrichtet. Ich weiss nun nicht, ob das besser sein wird... Amen.
diefrogg - 2. Nov, 22:00

Das ist es ja!

Dass das alles so klebrig ist! Man wird den Katholizismus nur teilweise los. Selbst wenn man ihm abschwört. Da frage ich mich doch, ob es den Effort wert ist.

Zum Glück waren meine Eltern, was Höllengeschichten und Limbus und derlei mehr betraf, sehr zurückhaltend. Und ich hatte im Allgemeinen Religionslehrer, die geradezu schamhaft bedacht waren, uns vor den unbequemen Wahrheiten des Katholizismus zu verschonen. Vielleicht ist das ein Grund, weshalb ich drin geblieben bin in der Kirche. Ich habe da immer noch eine gewiss einseitige Vorstellung von Absolution, von Gnade, die ich eben auch vage mit der Kirche in Verbindung bringe.

Und dann ist da dieser Kollege von mir, der in einem Kloster zur Schule ging und den leichtlebigen, aber in protestantischen Augen überhaupt nicht angesagten Lebensstil unserer Vorfahren so umschreibt: "Faul, dreckig, katholisch." Nach einem Jahr ohne Karrierestreben frage ich mich, ob dieser Lebensstil nicht doch erstrebenswerter ist als ich geglaubt habe.

Wenn der Limbus abgeschafft wird - kommen wir dann direkt in die Hölle oder den Himmel? Das hätte ich noch gerne erklärt, reichen doch meine theologischen Kenntnisse nicht sehr weit. Wenn ich "Limbus" lese, fällt mir nur immer als erstes "Sitting Here in Limbo" von Jimmy Cliff ein.
epper - 2. Nov, 22:22

In den Himmel, in den Himmel…! Da, wo all die Rastas auch hinwollen.
diefrogg - 2. Nov, 22:29

Na, die haben ja auch...

gewisse Rauchwaren, die sie dorthin bringen! Aber ich bin froh, dass das mit dem Himmel auch für Nichtraucherinnen wie mich so klar ist!
mia_ivinfo - 28. Okt, 10:37

Dasjenige Unbehangen, dass den einen oder anderen bei der Vorstellung einer konfessionslosen Beerdigung überkommt, macht sich bei mir breit, bei der Vorstellung (bzw. Miterleben) einer Beerdigung, wo der Pfarrrer über jemanden spricht, den er Zeit seines Lebens nicht persönlich gekannt hat. Und sowas kommt ja heutzutage nicht gerade selten vor.
Auf den Beerdigungen meiner Grosseltern väterlicherseits, die irgendwann aus der evangelischen Kirche ausgetreten waren, gab es dann (auch auf ausdrücklichen Wunsch der Grosseltern) keinen Pfarrer. Familie und Freunde sprachen und ich empfand das als sehr persönlich, es war auch schön, «Redner» aus allen 3 Generationen (Freunde, Kinder, Enkel) zu haben. Gut, das mag vielleicht nicht in jeder Familie der Fall sein, dass man sich da vor die versammelte Trauergemeinde stellen mag. In unserem Fall empfand ich es als genau richtig so, ich habe auch selbst mit mit meiner Cousine zusammen gesprochen, es war eine sehr warme Atmosphäre, ein sehr schönes gemeinsames Erinnern an Menschen, die wir alle gemocht haben. Die Grosseltern haben auch vorher jeweils eine genaue Liste geschrieben, wen sie dabei haben wollten, nur ihnen nahe Freunde und Familie - und so war da jeweils eine grosse Intimität. Nicht mengenmässig (da waren schon einige Menschen, die ihnen wichtig waren), aber von der Verbundenheit, weil niemand "Fremder" dabei war, der nur aus Pflichtgefühl dabei war. Und eben auch kein "fremder" Pfarrer.

diefrogg - 28. Okt, 22:28

Das war sicher sehr...

schön, dieser Abschied mit Familie! Ich glaube, das ist überlicherweise auch gar kein Problem, solche Dinge mit den zuständigen Leuten auszuhandeln. Bei den letzten paar - wenigen - Beerdigungen, die ich erlebt habe, hatte ich den Eindruck, dass der jeweilig zuständige Pfarrer oder Gemeindeleiter grossen Wert darauf legte, die Dinge im Sinne des oder der jeweiligen Verstorbenen zu getalten.

Ist es nicht seltsam, dass wir so grossen Wert darauf legen, dass wir einen schönen Abschied bekommen? Wir selber werden ja nicht mehr dabei sein. Ich denke, es hat damit zu tun, dass wir uns unseren Angehörigen und Freunden ein letztes Mal würdig präsentieren möchten.

Ich hätte, glaube ich, nicht so viele Probleme mit einem "fremden Pfarrer". Das wäre wohl der Preis, den ich dafür zahle, dass ich mich nie sehr für die Kirche interessiert habe. Ich möchte bloss, dass meine Angehörigen sich - falls nötig - in dieser Situation aufgehoben und nicht noch zusätzlich durch Organisatorisches gestresst fühlen, das ihnen jemand abnehmen kann.
Täuschblume - 28. Okt, 11:15

Wer meine Beerdigung einmal ausrichten wird ? Ganz klar mein Lebenspartner und der kennt meine Wünsche sozusagen bis ins Detail.
Da wir beide schon an mehr als einer unglücklich gestalteten Bestattung teilgenommen haben, sind wir schon etwas sensibel geworden.
Ich finde, dass Rituale dann sehr wichtig werden und eigentlich bereits vor dem Tod, wenn, falls jemand lange krank war.
Gerade neulich gab es eine gute TV Diskussion zu solchen Themen. Vielleicht hast du die ja gesehen. Die Sichtweise des Bestatters,
der am Gespräch teilnahm, hat mir sehr entsprochen.

diefrogg - 28. Okt, 22:32

Nein, die Diskussion...

habe ich nicht gesehen. Ich verlasse mich allerdings auch nicht drauf, dass Herr T. noch da ist, wenn ich einmal "adieu" sage. Ich glaube, ich werde tatsächlich in Bälde einmal alles detailliert aufschreiben.
steppenhund - 28. Okt, 13:10

A schene Leich'

Ich erinnere mich, dass ich vor über 50 Jahren die alten Herrschaften (Großeltern und deren Generation) so erlebt habe, dass sie sich über die schöne Leich' Gedanken gemacht haben. Da wurde für die Begräbniskosten gespart, über den Stein diskutiert und wo man einmal liegen würde.
Dazu fällt mir ein, dass meine Großeltern mütterlicherseits und meine Eltern auf dem Grinzinger Friedhof liegen.
Jetzt ist es vielleicht für die sterblichen Überreste ziemlich egal, wo sie vermodern. Nimmt man den Friedhof allerdings als Stätte der Erinnerung, zu dem man hinpilgert, um den Angedenken zu frönen, so spielt die Umgebung schon eine große Rolle. Und der Grinzinger Friedhof strahlt eine unheimlich schöne Atmosphäre aus. Am Rand von Wien gelegen, schon ein bisschen die Berge zum Wienerwald hinauf, hat man von ihm eine wunderschöne Aussicht auf Wien. Ganz still ist es dort. Man weiß aber, dass in nur 5 Minuten Gehentfernung dem Bacchus gehuldigt werden kann. (Grinzing ist ein vor allem für Ausländer berühmter Heurigenort.)
Ich bin viel zu selten am Friedhof. Denken und Gedenken kann ich auch ohne äußere Stütze. Doch wenn ich dort bin, denke ich mir, da würde ich auch gerne liegen. Das Familiengrab ist allerdings voll und wahrscheinlich werde ich mich sowieso eher verbrennen lassen oden den Körper der Anatomie überlassen, soferne die Organe nicht mehr für etwas anderes taugen. Der Gedanke, dass man auch im Tod noch für etwas nütze sein kann, gefällt mir eigentlich viel besser als von den Würmern aufgefressen zu werden.
Grinzinger Friedhof

diefrogg - 28. Okt, 22:30

Ja, Ihr Wiener seid...

ja um Euren Totenkult echt zu beneiden.

Da fällt mir grad ein: Ich habe noch eine wunderschöne Beerdigungsgeschichte auf Lager. Die erzähle ich demnächst. Ist ja bald Allerheiligen!
Täuschblume - 29. Okt, 10:10

Die Wünsche des Partners zu kennen und diese auch schriftlich zu formulieren,
finde ich schon wichtig. Ich denke, für Unverheiratete ist es auch sinnvoll einen Konkubinatsvertrag zu haben, denn
sonst kann es einem zum Beispiel passieren, dass man seinen Liebsten auf der Intensivstation nicht besuchen darf
und dergleichen mehr.

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