Spazierweg geklaut
Es war eine empörende Feststellung an einem sonnigen Sonntagnachmittag: Jemand hatte den Spazierweg von Grossmutter Walholz geklaut. Jemand hat ihn stinkfrech dem Volksmusik-Helden Ruedi Rymann gewidmet und zum "Schacher Seppli-Weg" erklärt. Das geht nicht! Das ist der Weg unserer Grossmutter! Das war der Weg, auf dem wir Kinder eine wichtige Lektion fürs Leben lernten. Eine Lektion über die Katholische Kirche. Wir lernten, dass diese einmal kläglich in ihrer Kernkompetenz versagt hat - der Nächstenliebe. Doch wir hörten auch: Unsere Grosseltern triumphierten über diese Kirche und ihre Verfehlungen. Auf diesem Weg. Niemand hat das Recht, ihn einfach so mit "Schacher Seppli"-Tafeln vollzustellen!
Was ich vom volkstümlichen Evergreen "Schacher Seppli" halte, habe ich hier eingehend beschrieben. Für alle, die das Lied nicht kennen: Hier ist es.
Und die Geschichte meiner Grossmutter zum so genannten Schacher Seppli-Weg? An dieser Stelle habe ich sie schon einmal erzählt. Hier noch einmal die Kurzform: Meine Grosseltern waren Zuwanderer im schönen Schacher Seppli-Kanton. Auswärtige! Das allein war schon schlimm genug. Kam noch dazu: Grossvater Walholz war reformiert. Ein Skandal. Als die beiden anno 1941 heiraten wollten, gab es echte Probleme. Denn im Schacher-Seppli-Kanton herrschte Kulturkampf-Stimmung. Reformierte kamen laut reiner katholischer Lehre schon nicht in den Himmel. Da wollte sie im schönen Kanton Obwalden auch niemand einen Reformierten vor einem katholischen Traualtar sehen. Die beiden konnten wohl katholisch heiraten. Aber sie hätten vor der Schwelle der Kirche stehenbleiben müssen. Ob der Pfarrer ihnen in der grossen Pfarrkirche bis zur Türschwelle entgegen gekommen wäre? Oder ob er ihnen das Ehe-Sakrament vom Altar aus entgegen gebrüllt hätte? Ich weiss es nicht.
Denn meine Grosseltern liessen sich nicht in der Pfarrkirche trauen. Sondern sie gingen jenen langen Weg flussaufwärts, der heute der Schacher Seppli-Weg ist. Am oberen Ende des Wegs steht eine kleine Kapelle. Sie ist so winzig, dass die Türschwelle nur einen Meter vom Altar entfernt ist. Es ist eine Kapelle mit Cachet: Noch heute erinnern Gedenktafeln darin an eine gewaltige Überschwemmung, die einst das ganze Tal zerstört hatte. Doch am Hochzeitstag meiner Grosseltern hielt der Himmel seine Schleusen geschlossen. Die Gäste konnten auf den Steinbänken vor der Kapelle Platz nehmen.
Hundertmal hat uns Grossmutter Walholz diese Geschichte erzählt! Hundertmal haben wir diesen Weg abspaziert.
Das ist seine wahre Geschichte! Nur, damit das auch noch gesagt sei.
Was ich vom volkstümlichen Evergreen "Schacher Seppli" halte, habe ich hier eingehend beschrieben. Für alle, die das Lied nicht kennen: Hier ist es.
Und die Geschichte meiner Grossmutter zum so genannten Schacher Seppli-Weg? An dieser Stelle habe ich sie schon einmal erzählt. Hier noch einmal die Kurzform: Meine Grosseltern waren Zuwanderer im schönen Schacher Seppli-Kanton. Auswärtige! Das allein war schon schlimm genug. Kam noch dazu: Grossvater Walholz war reformiert. Ein Skandal. Als die beiden anno 1941 heiraten wollten, gab es echte Probleme. Denn im Schacher-Seppli-Kanton herrschte Kulturkampf-Stimmung. Reformierte kamen laut reiner katholischer Lehre schon nicht in den Himmel. Da wollte sie im schönen Kanton Obwalden auch niemand einen Reformierten vor einem katholischen Traualtar sehen. Die beiden konnten wohl katholisch heiraten. Aber sie hätten vor der Schwelle der Kirche stehenbleiben müssen. Ob der Pfarrer ihnen in der grossen Pfarrkirche bis zur Türschwelle entgegen gekommen wäre? Oder ob er ihnen das Ehe-Sakrament vom Altar aus entgegen gebrüllt hätte? Ich weiss es nicht.
Denn meine Grosseltern liessen sich nicht in der Pfarrkirche trauen. Sondern sie gingen jenen langen Weg flussaufwärts, der heute der Schacher Seppli-Weg ist. Am oberen Ende des Wegs steht eine kleine Kapelle. Sie ist so winzig, dass die Türschwelle nur einen Meter vom Altar entfernt ist. Es ist eine Kapelle mit Cachet: Noch heute erinnern Gedenktafeln darin an eine gewaltige Überschwemmung, die einst das ganze Tal zerstört hatte. Doch am Hochzeitstag meiner Grosseltern hielt der Himmel seine Schleusen geschlossen. Die Gäste konnten auf den Steinbänken vor der Kapelle Platz nehmen.
Hundertmal hat uns Grossmutter Walholz diese Geschichte erzählt! Hundertmal haben wir diesen Weg abspaziert.
Das ist seine wahre Geschichte! Nur, damit das auch noch gesagt sei.
diefrogg - 1. Sep, 17:39
2 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Wüstenfuchs - 4. Sep, 17:21
Super Geschichte! Wenn man die sich ausdenken würde, dann würde sie keiner glauben, so gut ist sie! Das Leben schreibt halt immer noch die besten Geschichten!
diefrogg - 4. Sep, 17:35
Das waren die...
katholischen Stammlande in der Schweiz der vierziger Jahre. Ungekehrt war's aber auch nicht viel besser: Herr T.'s Eltern waren so genannte Diaspora Katholiken in einer protestantischen Stadt. Das war offenbar auch nicht immer einfach!
Und dass das Leben die besten Geschichten schreibt: Wie wahr, wie wahr!
Und dass das Leben die besten Geschichten schreibt: Wie wahr, wie wahr!
Trackback URL:
https://froggblog.twoday.net/stories/6492574/modTrackback