29
Nov
2009

Letztes Telefon

Nehmen wir einmal an, Ihrer hättet noch Zeit für genau ein einziges Telefongespräch. Nachher würdet Ihr gehörlos und nie mehr telefonieren können. Wen würdet Ihr anrufen? (Ehepartner, Kinder oder Eltern einmal ausgenommen)

Edit: Ehepartner, Kinder oder Eltern nicht ausgeschlossen. Sonst ist es wirklich verdammt schwierig.

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acqua - 29. Nov, 18:30

Ha! Das ist eine gute Frage. Und eine schwierige. Und eine schwere.
Ich weiss beim besten Willen nicht, wen ich anrufen würde. Ich glaube, ich würde niemanden anrufen wollen. Der Anruf wäre viel, viel zu traurig.

diefrogg - 29. Nov, 20:11

Was würdest Du...

denn dann tun mit der geschenkten Zeit? Musik hören? Ich meine... geschenkte Zeit muss man doch nutzen. Übrigens hatten wir auch geschenkte Zeit gestern und heute: Ich habe wie befürchtet wieder einen Totalabsturz! Das war gut verbrachte geschenkte Zeit! Danke!
schneck08 - 30. Nov, 00:01

Das Kind.

(Und ach, ich wünsche Ihnen von Herzen, dass sich das vielleicht doch irgendwie alles noch drehen läßt, ich glaube immer so an's Drehen...!)

punctum - 30. Nov, 00:17

Ja, dem Dreh-Wunsch schließe ich mich unbedingt an!
diefrogg - 30. Nov, 10:34

Mit dem Drehen...

liegen Sie gar nicht schlecht, Herr Schneck und Frau Punktum! Ein kleiner Drehschwindel heute Morgen hat mich wieder aus dem Gröbsten herausgebracht. Ich kann wieder telefonieren. Es ist wirklich ein rätselhaftes Leiden! Längerfristig werde ich mich aber wohl auf Spezialtelefone verlegen müssen. Möge es noch eine Weile dauern!
veronikaha - 30. Nov, 00:22

Wir haben ja telefoniert heute.. mit den üblichen Störmanövern der Kinder im Hintergrund, und weit schwieriger noch: mit der grausligen Banalität, die Telefonsätze meistens dann bekommen, wenn ich etwas Tröstendes, Gehaltvolles, Tiefschürfendes sagen möchte. Falls dies zumindest heute dein letztes Telefon war: entschuldige bitte. Ich werde mich jedenfalls bemühen, eine tüchtigere SMSlerin zu werden. Weiterhin alles alles Gute!

diefrogg - 30. Nov, 10:41

Mach Dir kein...

schlechtes Gewissen! Ich habe längst begriffen, dass die anderen im Grunde nichts sagen können zu der Sache. Ich bin ja dankbar, dass ich mich gelegentlich aussprechen darf und Du in der Nähe bist für Notfälle und spontane Spaziergänge! Du gehörst übrigens sicher zu den Kandidatinnen für einen letzten Anruf. Es gibt Freunde, mit denen ich in einer solchen Lebenslage unbedingt noch einmal ein richtiges Gespräch führen will. Am Freitag wars mein alter Kumpel Andreaszwei. Er gehört zu jenen Freunden, mit denen ich nur zweimal im Jahr spreche, die mir aber ganz enorm wichtig sind.
pipistrella - 30. Nov, 00:26

ich habe hier lange nicht mehr gelesen und bin erschüttert, als ich es jetzt gelesen habe und wünsche dir von herzen, dass du dieses letzte telefon NIE führen musst/willst/sollst, sondern dass es auf irgendeine wundersame weise noch ganz viele telefonate geben wird.

und ich glaub, ich schliess mich einer vorschreiberin an, ich würde vermutlich auch niemanden mehr anrufen, sondern mir irgendein musikstück anhören, dass genau zu meiner stimmung passt, vermutlich irgendwas von gershwin oder so. alles andere fände ich zu traurig.

diefrogg - 30. Nov, 10:38

Das ist ja...

das Verrückte an dieser Krankheit. Man hört furchtbar schlecht (GiacobboMüller sah ich mir gestern Abend mit der Nasenspitze auf dem Bildschirm an und verstand doch die Hälfte der Pointen nicht). Heute Morgen dann wieder Besserung. Ein Aufschub? Endlich definitive Besserung? Keine Ahnung. Mal sehen, was der Tag bringt!
veronikaha - 30. Nov, 00:32

Ah, und die Frage habe ich noch nicht beantwortet. Eben, angesichts der Traurigkeit und Banalität würde ich glaub wirklich Musik hören: zum Beispiel die neue von Sting. Hättest du die gerne? "If on a winters night.." - Traumhaft schön! Und: seit ich in einer Sonderschule gearbeitet habe, habe ich in der Disco der Gehörlosen eines gelernt: "Hören" kann man mit der Haut und vor allem mit den Füssen. Komm mal auf unseren Holzparkett die Vibration von Stings Stimme hören!

diefrogg - 30. Nov, 10:36

Ah, ich würde so gern!

Vielleicht bringen wirs ja mal an einem guten Tag hin, dass ich kommen und ihn hören kann!
steppenhund - 30. Nov, 11:27

Irreversibilität

ist eines der schwierigsten Themen für mich. Es gibt Entscheidungen im Leben, die irreversibel sind. Die geschilderte Situation deutet ebenfalls auf Irreversibilität hin. Kommunizieren kann man auch mit anderen.
Welche Stimme möchte ich zuletzt hören? Das ist wie die Frage, welches Kind hast Du von deinen Kindern am liebsten? Das würde ich nicht entscheiden wollen.
Ich würde mir entweder Mozarts Requiem oder die 4. Schmidt noch einmal anhören wollen.
-
Und ich würde das Buch "Der einarmige Pianist" von Oliver Sacks lesen oder empfehlen zu lesen. Auch völlige Taubheit kann anscheinend eine musikalische Empfindung nicht auslöschen. Abgeleitet würde ich mir die Stimmen meiner Lieben sowieso vorstellen können, ohne dass ich jemanden anrufe.
-
Die Antwort ist: kann ich nicht sagen. Und wahrscheinlich würde ich wirklich niemanden mehr anrufen, wenn ich wüsste, dass es das mögliche "gehörte" Gespräch ist.
-
Es gibt noch eine weitere Antwort, die aber hier sicher nicht als erwünscht gilt.

diefrogg - 30. Nov, 13:01

Vorenthaltene Antworten...

machen doch immer am Neugierigsten, Herr Steppenhund ;) Aber wahrscheinlich tun Sie gut daran, sich zurückzuhalten. Ich bin im Moment etwas dünnhäutig! Was die Irreversibilität betrifft: Die ist quasi hypothetisch. Ich hatte die Idee, als ich am Freitag den Aufschub von meinem Wunderdoktor bekam. Ich überlegte mir: Was mache ich mit dieser Zeit - voller Ungewissheit darüber, was als nächstes passieren würde. Inzwischen habe ich viel öfter telefoniert als damals angenommen.

Und Gottseidank haben Sie recht: Man kann die Stimmen seiner Liebsten erinnern. Man kann auch Musik erinnern. Bis zu einem gewissen Grad.

Aber eins ist mir klar geworden: Wenn mein Gehör eine letzte Chance hätte, dann würde ich damit die Verbindung zur Welt suchen, also jemanden anrufen. Dazu ist mir eine Geschichte eingefallen, die ich früher schon einmal niedergeschrieben habe. Als ich sie später einer Kollegin mit Erfahrung in der Krankenpflege erzählte, war diese überhaupt nicht erstaunt: "Viele Krebspatienten suchen den Betrieb, den Lärm, den Draht zum Leben."

In einem gewissen Sinne bin ich wohl genauso. Auch wenn Hansi Hinterseer denn doch unerträglich wäre.
seifenblasenpusterin - 30. Nov, 21:55

mit diesem letzten zipfelchen geschenkter (hör)zeit würde ich nicht telefonieren wollen... ich würde vielmehr a l l e i n e hören wollen. vielleicht würde ich in den wald gehen, mich auf einen stein setzen, die augen schließen und mit den ohren jedes rascheln aufsaugen, jeden zweig, der bricht. ja, vielleicht.

diefrogg - 1. Dez, 13:47

Tu das unbedingt...,

liebe Seifenblasenpusterin, auch ohne Hörsturz! Ich selber habe es in den letzten zwei Jahren öfter getan, weil ich ahnte, dass so etwas passieren könnte. Es ist wunderschön, es tut gut und es erinnert daran, was die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind!
turntable - 30. Nov, 23:34

die auskunft ;-)
vielleicht hier etwas unpassend, doch dies war mein erster gedanke auf die frage hin.
wünsche dir das beste und vor allem gesundheit!
grüße

Lichtmacher - 6. Dez, 21:53

Ich verschenke meinen Anruf

Ich zähle mich nicht zu jenen Wesen, bei denen das Telefon im Alltag einen besonderen Platz einnimmt. So verzichte ich gerne auf den letzten Anruf und gebe ihn weiter. Statt eines Anrufs gäbe es für mich wichtigere Dinge zu tun. Jetzt in der Adventszeit würde ich gerne Weihnachtskarten einkaufen und sie an meine Freundinnen und Freunde schicken. Natürlich mit einem kleinen Text oder einer schlichten Zeichnung von mir.

diefrogg - 7. Dez, 13:29

Ach wissen Sie,...

Herr Lichtmacher, das werde ich auch tun. Das kann (und sollte man) auch tun, wenn man nicht mehr telefonieren kann! Im übrigen bedanke ich mich für den geschenkten Telefonanruf! Ich kann ihn gut brauchen. Für mich ist jeder Anruf, den ich machen kann, ein Geschenk.
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