19
Apr
2008

Jaja, die Zürcher!

Eine Macke der Frogg ist, dass sie sich bei jeder Gelegenheit über die Zürcher aufregt. Ich meine: Zürcher mit ein bisschen Horizont fragen sich ja manchmal, warum man sie in der Restschweiz nicht besonders mag. "Zürcher mit Horizont? Gibt es das?" fragen jetzt die Nichtzürcher. "Ja, das gibt es", sagt die Frogg, "Ich lebe mit einem von ihnen zusammen. In Frösch, eine Zugstunde von Zürich entfernt, seit sieben Jahren." Doch im Allgemeinen gilt für Zürcher schon die Regel: je breiter der Dialekt, desto enger der Horizont.

Wie breit der Dialekt von Stephan Pörtner ist, weiss ich nicht. Ich habe heute lediglich seinen Feature über Zürich im "TagesAnzeiger" gelesen (Seite 15). Darin beschäftigt er sich mit der Lieblingsfrage der Zürcher: jener, ob Zürich nun eine Weltstadt sei oder nicht. Das lässt für seinen Dialekt und seinen Horizont nichts Gutes ahnen. Wie alle Zürcher kommt er schnell zu einem negativen Schluss. Nein, Zürich sei keine Weltstadt schreibt er. Und wer ist schuld daran? Natürlich die Provinzler, von denen es in Zürich laut Pörtner zu viele gibt. "Die begeistertsten Zürcher stammen aus Käffern", schreibt er, "Allen voran der Stadtpräsident, ein Engelberger, der zweite Innerschweizer Stapi in Folge. Die Dörfler sind vor allem davon begeistert , den Sprung in die vermeintliche Metropole geschafft zu haben." Pörtner selber ist selbstverständlich kein Dörfler. Er stammt aus Zürich Seefeld und hätte somit Kraft seiner Geburt das Zeug zum echten Weltstädter. Doch er, zu Hause geblieben, hat keine Chance, denn: "Provinzielle Selbstzufriedenheit hindert Zürich daran, Weltstadt zu sein."

Wenn ein Zürcher das Wort "Innerschweiz" unter die Tastatur nimmt, dann schnellt bei der Frogg das Ereiferungsbarometer sowieso jedesmal ein paar Grad in die Höhe: "Innerschweiz", jenes Wort, das den Weltzürchern Chiffre für alles ländlich-konservativ-Zurückgebliebene ist. Als wären sie je weiter als bis ins Sihltal gekommen und wüssten genau, was die Innerschweiz ist. Dabei haben sie ja keine Ahnung... ausser der Ahnung einer Angst, die Innerschweiz könnte sie in ihre Provinzialität aufsaugen vielleicht? Nicht nötig, liebe Zürcher: Die Innerschweiz ist mit sich selbst beschäftigt, deshalb bleibt sie, was sie ist. Ohne Zürich.

Aber das kann Pörtner nicht wissen. Denn er blickt noch kurz ein bisschen nach Berlin, dann befasst er sich wieder mit dem, was seinem Bauchnabel am nächsten ist: mit Zürich und seinen Bünzlis aus der Provinz. Dabei sollte er die nicht zu gering schätzen: Die wissen wenigstens, wovon sie reden, wenn sie das Wort "Provinz" in den Mund nehmen.

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redder - 19. Apr, 17:20

pffft. es ist harte arbeit zürcher zu sein, und sih nicht von provinzler anfeinden zu lassen. nämlich. wir kümmern uns nicht um den nabel der welt. wir SIND der nabel der welt. es ist ein zürizentrisches universum, in dem wir leben....

zen oder die kunst ein zürcher zu sein: züri für anfänger

liebe gruess
redder

diefrogg - 19. Apr, 17:38

Oh, sieh einer an...

hier klärt sich also das Geheimnis, wie man ein Grossstadtmensch wird! Besten Dank Herr Redder! Eigentlich ist es gar nicht so schwierig! Eine Mobility-Mitgliedschaft habe ich jedenfalls schon (Mobility wurde ja auch in der Innerschweiz erfunden, in Stans, glaube ich). Und ein Projekt habe ich auch. Nur die Sache mit den Kleidern muss ich noch ein bisschen studieren, dann überlege ich mir einen Umzug... aus dem Süden bin ich ja auch: aus Züri Süd.
nömix - 19. Apr, 17:39

In Österreich gibts ein geflügeltes Wort, "Zürich ist zwar doppelt so groß wie der Wiener Zentralfriedhof, aber nur halb so lustig." Das ist freilich boshaft. Allein, dass es vor dem Zürcher Hauptbahnhof nicht bloß einen Bahnhofplatz, sondern gar einen Bahnhofquai (!) gibt, zeichnet Zürich zweifellos als Weltstadt aus ;)
(die besten Croissants meines Lebens hab ich übrigens mal in Zürich gegessen.)

diefrogg - 19. Apr, 18:08

Wien ist...

so lustig, weil sich die Wiener mit ihrem einzigartigen Humor darüber hinwegtrösten, dass grosse Teile ihrer Stadt sich eigentlich ein bisschen friedhöflich anfühlen, vermute ich... Aber trotzdem: Wien ist eine wunderbare Stadt! Das erste, was ich dort gegessen habe, waren übrigens Berner Würstchen!
acqua - 20. Apr, 00:01

Ist zwar vielleicht ein bisschen blöd, hier mit Insider-Sprüchen um sich zu werfen, aber mir fällt dazu die Autonummer auf dem Comic mit den zugeklebten Kuhfüdli ein und dass wir wahrscheinlich das selbe gedacht haben, als wir entdeckten, dass der Zeichner ein Zürcher war und nicht ein Provinzler, der sich über die Zürcher lustig macht.

redder - 20. Apr, 07:10

ähm, was uns "echte" zürcher doch wohl auszeichnet, ist, dass wir nicht nur über andere lachen. wir lachen auch über uns selbst. schliesslich sind wir auch die komischsten, nicht nur die kuulsten, oder?
acqua - 20. Apr, 18:49

Gut zu wissen. ;-)
diefrogg - 21. Apr, 18:49

Also, ich...

habe gedacht, dann sei der Comic ja deutlich weniger lustig! Und Du? (Für Nicht-Insider: Acqua und ich haben am Fumetto einen Comic folgenden Inhalts gesehen: ein Mann klebt den Kühen auf einer Weide das Füdli zu, weil er findet, die Kühe seien ja am Klimawandel schuld. Dann fährt er mit einer dicken Karre mit Zürcher Nummer davon.
katiza - 21. Apr, 07:21

Meine Zürisch Assoziation

Gottfried Benn
REISEN

Meinen Sie Zürich zum Beispiel
sei eine tiefere Stadt,
wo man Wunder und Weihen
immer als Inhalt hat?
                                                         
Meinen Sie, aus Habana,
weiß und hibiskusrot,
bräche ein ewiges Manna
für Ihre Wüstennot?

Bahnhofstraßen und Rueen,
Boulevards, Lidos, Laan –
selbst auf den Fifth Avenueen
fällt Sie die Leere an –

ach, vergeblich das Fahren!
Spät erst erfahren Sie sich:
bleiben und stille bewahren
das sich umgrenzende Ich.


diefrogg - 21. Apr, 09:38

Das passt!

Wobei gegen das Reisen an sich ja nichts zu sagen ist!
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