Das Böse kommt näher
Vielleicht hat „No Country for Old Men“ mehr mit der Realität zu tun, als uns lieb ist. Warum ich das schreibe? Nun, als Acqua und ich gestern Stunden nach Filmschluss aus der Bar kamen, war unser letzter Bus abgefahren. Da sagte sie: „Ich nehme ein Taxi nach Hause. Man soll nämlich nachts nicht mehr allein rumlaufen. Das rät die Polizei. Naja, nach diesen zwei Schlägereien mit Schwerverletzten, Leuten, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren..."
Das hat mir zu denken gegeben. Denn seit ich mich erinnern kann, kann man hierzulande nachts ohne Angst fast überall allein herumlaufen. Aber offenbar stimmt die Grundaussage des Films (Hier ausführlich beschrieben) auch für unser Städtchen: Die Zeiten haben sich geändert. Das Böse ist da, und es wird allmählich bedrohlich.
Das gibt mir ein ungutes Gefühl für den Film und die Blutströme, die darin effektvoll fliessen. Obwohl die Frogg eigentlich fasziniert war von dem Streifen. Weil er als Action-Film ungeheuer gekonnt gegen die Regeln seines Genres verstösst. Zum Beispiel sitzt die Frogg nach zwei atemlosen Stunden plötzlich verblüfft da. Denn der Film ist fertig, doch da gab es kein richtiges Showdown und keine überzeugende Hauptfigur. Und man hat keine Ahnung ob der Bösewicht nun besiegt ist (eigentlich alles schlüssig, betrachtet man den Grundgedanken des Films). Überdies hatte unsere Frogg sich mindestens anderthalb Stunden lang mit einem Helden identifiziert, der sich plötzlich als vernachlässigbare Nebenfigur erwies: mit Llewelyn Moss (Josh Brolin).
Llewelyn hat bei einem Wagenkonvoi voller Leichen einen Koffer voller Geld gefunden. Jetzt will er damit abhauen und ein neues Leben beginnen. Fast den ganzen Film lang zeigen die Coen-Brüder ihn als zähe, clevere und sympathische Hauptfigur in grossen Schwierigkeiten. Nur, um ihn dann ganz erbärmlich abzuservieren. Am Schluss ist er ein namenloser Normalo, der das Beste aus einem Zufall machen wollte. Pech für ihn, dass er sich übernommen hat. Als wirklicher Held des Films erscheint nun Sheriff Bell (Tommy Lee Jones). Aber der hat eigentlich die meiste Zeit nur kluge Reden geschwungen und wird bis zum Schluss auch nicht viel anderes tun.
Gemocht habe ich den Streifen aber nicht nur wegen Llewelyn, sondern auch wegen Killer Anton Chigurh (Javier Bardem, ja, der mit dem Oscar). Chigurh ist eigentlich kein Mensch. Er hat keine Geschichte, keine Psyche. Nichts an seinem Tun ist nachvollziehbar. Und doch: Manchmal, kurz bevor er seine Opfer tötet, blitzt in seinen Augen so etwas wie Zärtlichkeit auf.
Das ist hohe Schule.
Und dennoch erlaube ich mir zum erstenmal in meinem Leben die Mäkelfrage aller kleingeistigen Action-Feindinnen: Müssen wir Gewalt in solchen Bilderorgien zelebrieren, wenn sie uns da draussen schon so gefährlich nahe ist? Ich weiss, angesichts eines so meisterlichen Films wirkt die Frage peinlich. Und doch...
Das hat mir zu denken gegeben. Denn seit ich mich erinnern kann, kann man hierzulande nachts ohne Angst fast überall allein herumlaufen. Aber offenbar stimmt die Grundaussage des Films (Hier ausführlich beschrieben) auch für unser Städtchen: Die Zeiten haben sich geändert. Das Böse ist da, und es wird allmählich bedrohlich.
Das gibt mir ein ungutes Gefühl für den Film und die Blutströme, die darin effektvoll fliessen. Obwohl die Frogg eigentlich fasziniert war von dem Streifen. Weil er als Action-Film ungeheuer gekonnt gegen die Regeln seines Genres verstösst. Zum Beispiel sitzt die Frogg nach zwei atemlosen Stunden plötzlich verblüfft da. Denn der Film ist fertig, doch da gab es kein richtiges Showdown und keine überzeugende Hauptfigur. Und man hat keine Ahnung ob der Bösewicht nun besiegt ist (eigentlich alles schlüssig, betrachtet man den Grundgedanken des Films). Überdies hatte unsere Frogg sich mindestens anderthalb Stunden lang mit einem Helden identifiziert, der sich plötzlich als vernachlässigbare Nebenfigur erwies: mit Llewelyn Moss (Josh Brolin).
Llewelyn hat bei einem Wagenkonvoi voller Leichen einen Koffer voller Geld gefunden. Jetzt will er damit abhauen und ein neues Leben beginnen. Fast den ganzen Film lang zeigen die Coen-Brüder ihn als zähe, clevere und sympathische Hauptfigur in grossen Schwierigkeiten. Nur, um ihn dann ganz erbärmlich abzuservieren. Am Schluss ist er ein namenloser Normalo, der das Beste aus einem Zufall machen wollte. Pech für ihn, dass er sich übernommen hat. Als wirklicher Held des Films erscheint nun Sheriff Bell (Tommy Lee Jones). Aber der hat eigentlich die meiste Zeit nur kluge Reden geschwungen und wird bis zum Schluss auch nicht viel anderes tun.
Gemocht habe ich den Streifen aber nicht nur wegen Llewelyn, sondern auch wegen Killer Anton Chigurh (Javier Bardem, ja, der mit dem Oscar). Chigurh ist eigentlich kein Mensch. Er hat keine Geschichte, keine Psyche. Nichts an seinem Tun ist nachvollziehbar. Und doch: Manchmal, kurz bevor er seine Opfer tötet, blitzt in seinen Augen so etwas wie Zärtlichkeit auf.
Das ist hohe Schule.
Und dennoch erlaube ich mir zum erstenmal in meinem Leben die Mäkelfrage aller kleingeistigen Action-Feindinnen: Müssen wir Gewalt in solchen Bilderorgien zelebrieren, wenn sie uns da draussen schon so gefährlich nahe ist? Ich weiss, angesichts eines so meisterlichen Films wirkt die Frage peinlich. Und doch...
diefrogg - 8. Mär, 13:52
8 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
pipistrella - 8. Mär, 21:26
die exzessiven bilderorgien waren der grund, warum ich den film nicht anschauen ging. ich sehe nicht gerne blutorgien. ich liebe thriller, aber das blut dazu muss/kann ich nicht sehen.
diefrogg - 9. Mär, 11:29
Normalerweise...
mag ich auch keine Action-Filme, und mit Splatter, Pulp und all dem Zeug kann ich gar nichts anfangen. Aber ich mag die Coen-Brüder. Und was Javier Bardem betrifft, geht es mir genau wie Acqua (siehe unten).
acqua - 8. Mär, 23:09
Ich bin ab sofort ein Fan von Javier Bardem. Sieht er im richtigen Leben nicht toll aus? Ich habe erst beim Nachlesen gemerkt, dass er auch den Ramòn in "Mar adentro" gespielt hat. Vielleicht sollte man sich seinen Florentino Ariza doch noch anschauen.
diefrogg - 9. Mär, 11:33
Tatsächlich...
vielleicht sollte man! In den Kinos ist der aber schon durch, oder?
walküre - 9. Mär, 12:45
Über diese Frage
zerbreche ich mir den Kopf, spätestens seit meine Tochter geboren wurde. Ohne nennenswertes Ergebnis, denn ich habe die Antwort noch nicht einmal für mich selber gefunden.
diefrogg - 9. Mär, 15:22
Jahrzehntelang
war ich der Meinung, schon kleine Kinder könnten relativ früh zwischen Fiktion und Wahrheit unterscheiden. Heute, unter anderem nach Gespräch mit Lehrpersonen, bin ich mir nicht mehr so sicher.
Madame Lila - 10. Mär, 11:16
Eh bien.
Pipistrella kam mir zuvor. Ich will keine exzessive Gewalt in Filmen sehen, keine überbordene Gewalt.
Darum liess ich bisher auch 'no country...' links liegen, trotz Coen's. Genauso geht es mir mit Tarantino.
Kunstvolle Gewalt gibt es für mich nicht.
Liegt wohl am Zusammenleben mit pubertierenden Kids, die solche Herausforderungen lieben und suchen:
"Saw kommt, gehen wir hin ? No country for old men hat Preise bekommen, da wird im Fall extrem geballert. Gehen wir hin ?"
Pipistrella kam mir zuvor. Ich will keine exzessive Gewalt in Filmen sehen, keine überbordene Gewalt.
Darum liess ich bisher auch 'no country...' links liegen, trotz Coen's. Genauso geht es mir mit Tarantino.
Kunstvolle Gewalt gibt es für mich nicht.
Liegt wohl am Zusammenleben mit pubertierenden Kids, die solche Herausforderungen lieben und suchen:
"Saw kommt, gehen wir hin ? No country for old men hat Preise bekommen, da wird im Fall extrem geballert. Gehen wir hin ?"
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