9
Feb
2011

Idyllischer Ort, blutige Szenen

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Zugegeben: Tolle Tourismuswerbung kann man mit diesen Bildern von meinem heutigen Spaziergang nicht machen. Dabei liegen diese Mauerreste, liegt dieser Brunnen nur wenige Kilometer ausserhalb der Touristenstadt Luzern.

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Und der Ort ist eine Sehenswürdigkeit . Auf diesem idyllischen Fleckchen Erde trugen sich an einem bitteren Tag im Jahr 1309 blutige Szenen zu. Stoff für eine helvetische Tragödie. Es ist die Tragödie Walters IV. von Eschenbach. Rund 150 Jahre lang lag hier das blühende Städtchen, das seinen Familiennamen trug. Und der Sitz seiner Familie, eine ansehnliche Burg. Die nahe Reuss mit ihrem lebhaften Schiffsverkehr brachte ihnen gute Zoll-Einnahmen.

Doch dann, 1309, fiel ein Trupp Habsburger ein. Sie mordeten und brannten alles nieder. Wer überlebte, floh voller Schrecken und kehrte nie zurück. Bis ins 18. Jahrhundert gab es hier eine Städtchen-Ruine. Dann holten die Leute aus dem nahen Dorf Inwil die meisten Steine ab und bauten daraus ihre Kirche. Die Welt vergass alt Eschenbach.

Warum zerstörten die Habsburger die kleine Stadt am Rande ihres Riesenreichs? Nun, sie waren hinter Walter IV. her. Ein Jahr zuvor hatte dieser bei der Planung seiner Karriere einen furchtbaren Fehler gemacht. Es lief ihm nicht so gut wie den Ahnen. Die politische und wirtschaftliche Grosswetterlage hatte sich verändert. Der Rubel rollte nicht mehr wie früher. Habsburger-König Albrecht I. hatte den kleinen Adel im Süden an der Gurgel. Walter hatte ihm schon ein paar Burgen im Berner Oberland verpfänden müssen. Er dachte fieberhaft darüber nach, wie er den Abstieg seiner Familie stoppen konnte.

Er kannte Johann I., den Herzog von Brugg im nahen Aargau. Als er ihn 1308 dort besuchte, unterlief ihm der tragische Irrtum: Walter liess sich überreden, an einem Mordanschlag gegen König Albrecht teilzunehmen. Wenn Albrecht beseitigt war, würde Johann den Thron erben. Und seinen vier oder fünf Verbündeten den Weg zu Ehren, Würden und mehr Land ebnen. Glaubte Walter.

So ermordeten sie Albrecht. Walter soll die Zügel seines Pferdes gehalten haben, als Johann auf ihn zuritt und ihm den Schädel spaltete.

Doch danach lief nichts mehr wie Walter gehofft hatte. Ein anderer erbte den Thron. Johann erhielt gar nichts ausser dem Beinamen Parricida, zu Deutsch: Vatermörder. Weil Albrecht sein Onkel und damit ein naher Verwandter gewesen war. Er und seine Verbündeten mussten flüchten. Johann galt ab 1308 als verschollen.

Walter entkam dem Wüten der Habsburger in alt Eschenbach. Er soll nach Württemberg geflohen sein und dort noch 34 Jahre lang als Viehhirt gelebt haben. Kurz vor seinem Tod soll er sich zu erkennen gegeben haben. Das brachte ihm 1343 wenigstens eine ritterliche Beerdigung.

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acqua - 9. Feb, 22:32

Wow! Was ist das denn für eine spannende Geschichte. Die habe ich ja noch nie gehört.

diefrogg - 10. Feb, 10:43

Danke für das...

Kompliment! Die Geschichte ist wirklich toll. Ich habe sie zuerst in einem Buch namens "Zeitspuren" von Judith Rickenbach mit kulturgeschichtlich bepackten Spaziergängen im Kanton Luzern gefunden.

Aber sie ist nicht einfach zu erzählen. Ich meine: Dieses Mittelalter ist doch eine unglaublich komplizierte Zeit. Ich bin froh, dass sie Dir gefallen hat.
MadProfessor - 11. Feb, 22:04

ich finde solche Geschichten auch immer spannend - die Zeiten ändern sich schliesslich kaum !

diefrogg - 12. Feb, 16:10

Im Detail ändern....

sie sich schon. Ich meine: Verstehe einer die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Mittelalters (geschweige denn die politischen! Vom Staat als Gemeinwesen kann ja noch nicht die Rede sein - also, was machten denn diese Adligen den ganzen Tag, wenn sie "regierten" oder "Städte gründeten"?)! Aber Status und Einkommen spielten doch in allen Phasen der Menschheitsgeschichte eine bedeutende Rolle. Das ist zum Glück auch heute noch sehr gut nachvollziehbar.
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