Deutschstunden
Damit ihr jetzt nicht denkt, meine Gedanken würden nur um mich selbst und meine Büchergestelle kreisen: In letzter Zeit helfe ich hier und da Geflüchteten in unserer Gegend ein bisschen beim Deutschlernen. Bislang hatte ich zwei Schülerinnen und einen Schüler. Ich tue, was ich kann. Es sind sehr unterschiedliche Leute, und es funktioniert auch unterschiedlich gut.
Aber eins haben sie gemeinsam: Sie kommen zu mir nach Hause. Nun ist die Anreise aus dem Stadtzentrum zum Hause Frogg nicht ganz einfach. Für Busreisende bieten sich drei Anfahrtsrouten, eine komplizierter als die andere. Das kann bei Gastlichkeiten mit Freunden schon mal eine Viertelstunde Konversationsstoff zum Aperitiv hergeben. Und nicht selten begleite ich Gäste auf dem Nachhauseweg die ersten hundert oder zweihundert Meter - damit sie in der Dunkelheit den kürzesten Weg zur richtigen Busstation finden. Ich muss betonen, dass mir das nicht lästig ist. Ich bin ein Fan der Stilkolumnisten Bettina Weber - und die hat irgendwo mal geschrieben, Gastgeber müssten Gästen auf dem Nachhauseweg helfen. Damit sie den letzten Zug nicht verpassen und so. Das finde ich vollkommen in Ordnung.
Aber meine Schüler sind da anders. Auch wenn sie das erste Mal kommen, stehen sie jeweils pünktlich und kommentarlos vor der Tür. Klar, ihre Deutschkenntnisse reichen noch nicht aus, um eine Viertelstunde über die Vorzüge des 19-er Busses gegenüber dem 18-er zu diskutieren. Das scheint ihnen auch alles nicht der Rede wert zu sein. Und wenn ich sie beim Gehen jeweils frage: "Findest Du den Weg?", dann sagen sie: "Klar, kein Problem."
Ich weiss nicht viel über sie. Aber wenn ich sie jeweils aus unserem Haus hinaus in den Abend entlasse, dann muss ich an die weiten Wege denken, die sie überhaupt in unsere Stadt geführt haben.
Aber eins haben sie gemeinsam: Sie kommen zu mir nach Hause. Nun ist die Anreise aus dem Stadtzentrum zum Hause Frogg nicht ganz einfach. Für Busreisende bieten sich drei Anfahrtsrouten, eine komplizierter als die andere. Das kann bei Gastlichkeiten mit Freunden schon mal eine Viertelstunde Konversationsstoff zum Aperitiv hergeben. Und nicht selten begleite ich Gäste auf dem Nachhauseweg die ersten hundert oder zweihundert Meter - damit sie in der Dunkelheit den kürzesten Weg zur richtigen Busstation finden. Ich muss betonen, dass mir das nicht lästig ist. Ich bin ein Fan der Stilkolumnisten Bettina Weber - und die hat irgendwo mal geschrieben, Gastgeber müssten Gästen auf dem Nachhauseweg helfen. Damit sie den letzten Zug nicht verpassen und so. Das finde ich vollkommen in Ordnung.
Aber meine Schüler sind da anders. Auch wenn sie das erste Mal kommen, stehen sie jeweils pünktlich und kommentarlos vor der Tür. Klar, ihre Deutschkenntnisse reichen noch nicht aus, um eine Viertelstunde über die Vorzüge des 19-er Busses gegenüber dem 18-er zu diskutieren. Das scheint ihnen auch alles nicht der Rede wert zu sein. Und wenn ich sie beim Gehen jeweils frage: "Findest Du den Weg?", dann sagen sie: "Klar, kein Problem."
Ich weiss nicht viel über sie. Aber wenn ich sie jeweils aus unserem Haus hinaus in den Abend entlasse, dann muss ich an die weiten Wege denken, die sie überhaupt in unsere Stadt geführt haben.
diefrogg - 18. Nov, 18:10
8 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
bonanzaMARGOT - 19. Nov, 13:26
gratis im privatunterricht?
meine partnerin unterrichtet seit gut zwei jahren deutsch für flüchtlinge aber auch für andere migranten professionell. bezahlt werden die schulen für diese dienstleistungen vom bamf (bundesamt für migration und flüchtlinge). es gibt da ja genaue sprachliche anforderungen, welche dann abschließend geprüft werden.
eine gute sache, wie ich finde. der bedarf ist riesengroß.
meine partnerin unterrichtet seit gut zwei jahren deutsch für flüchtlinge aber auch für andere migranten professionell. bezahlt werden die schulen für diese dienstleistungen vom bamf (bundesamt für migration und flüchtlinge). es gibt da ja genaue sprachliche anforderungen, welche dann abschließend geprüft werden.
eine gute sache, wie ich finde. der bedarf ist riesengroß.
diefrogg - 19. Nov, 18:45
Ja, bei uns...
... ist das auch professionell organisiert. Aber ich bin ja kein Profi. Ich mache das nebenher für solche, die für etwas Bestimmtes zusätzliche Hilfe brauchen oder mal ein paar Kurse verpasst haben. Ich nehme da keinem professionellen Deutschlehrer etwas weg.
bonanzaMARGOT - 21. Nov, 06:06
so habe ich das auch nicht gemeint. ich finde es sehr gut, dass es diese sprachkurse gibt und in diesem sinne natürlich auch deine private initiative in dieser sache. integration läuft hauptsächlich über die sprache in dem land, in dem man lebt.
darf ich fragen, wer zu deinem klientel gehört, wie sie von deinem angebot erfahren? was kostet eine stunde sprachunterricht?
darf ich fragen, wer zu deinem klientel gehört, wie sie von deinem angebot erfahren? was kostet eine stunde sprachunterricht?
diefrogg - 21. Nov, 19:11
Mit der Zeile ...
... "gratis im Privatunterricht" legst Du nahe, dass ich hier Privilegien verschenke und die Flüchtlinge möglicherweise noch auf falsche Gedanken bringe darüber, was es hier alles gratis gibt. Der Punkt ist einfach, dass ich weit weg von professionell bin und auch - nicht zuletzt aus gesundheitlichen Gründen - nicht in der Lage, sowas nach offiziellen Massstäben zu machen. Ich habe die Fragen, die das aufwirft, auch nicht abschliessend beantwortet. Aber ich arbeite dran.
Eine meiner Besucherinnen ist schon seit vielen Jahren hier und hat auch schon Deutschkurse besucht. Sie kennt die Regeln, aber ist in der Anwendung sehr fahrig. Jetzt kann sie eine Ausbildung machen auf dem Beruf, in dem sie schon lange arbeitet (Altenpflegerin) - ich arbeite mit ihr Texte durch, die sie abliefern muss. Ich kenne sie schon eine Weile, und im Bezug auf sie bin ich völlig im Reinen mit mir. Sie war nett zu mir, als es mir wirklich beschissen ging, das ist es mir wert.
Zu meinen beiden anderen Besuchern bin ich über eine Bekannte gekommen, die in einem Treffpunkt für Flüchtlinge und Einheimische bei uns verkehrt. Einer hatte einen Deutschkurs verpasst, weil er krank war. Er kam ein paarmal, mittlerweile nicht mehr. Meine zweite momentane Besucherin leidet schwer an der Enge und Lethargie im Flüchtlingslager. Sie möchte aus der Haut fahren vor Ungeduld, ich merke es, wenn sie bei mir ist. Es geht mir vor allem darum, ihr etwas auf den Weg zu geben, was ihren Kopf beschäftigt hält.
Eine meiner Besucherinnen ist schon seit vielen Jahren hier und hat auch schon Deutschkurse besucht. Sie kennt die Regeln, aber ist in der Anwendung sehr fahrig. Jetzt kann sie eine Ausbildung machen auf dem Beruf, in dem sie schon lange arbeitet (Altenpflegerin) - ich arbeite mit ihr Texte durch, die sie abliefern muss. Ich kenne sie schon eine Weile, und im Bezug auf sie bin ich völlig im Reinen mit mir. Sie war nett zu mir, als es mir wirklich beschissen ging, das ist es mir wert.
Zu meinen beiden anderen Besuchern bin ich über eine Bekannte gekommen, die in einem Treffpunkt für Flüchtlinge und Einheimische bei uns verkehrt. Einer hatte einen Deutschkurs verpasst, weil er krank war. Er kam ein paarmal, mittlerweile nicht mehr. Meine zweite momentane Besucherin leidet schwer an der Enge und Lethargie im Flüchtlingslager. Sie möchte aus der Haut fahren vor Ungeduld, ich merke es, wenn sie bei mir ist. Es geht mir vor allem darum, ihr etwas auf den Weg zu geben, was ihren Kopf beschäftigt hält.
bonanzaMARGOT - 22. Nov, 06:41
auch wenn du nicht "professionell" bist, musst du doch einen plan haben, wie du deinen unterricht (je nach den bedürfnissen deines jeweiligen schülers) aufziehst.
ich meine, es ist doch ziemlich schwierig, einem menschen die sprache zu vermitteln, die man so selbstverständlich als muttersprache spricht. dann dieser ganze grammtatikmist (den müsste ich erstmal bei mir selbst auffrischen).
ansonsten gilt für neulinge in der sprache: das sprachgefühl kann nur in der anwendung, also im sprechen, lesen und schreiben, wachsen.
ich kann mir gut vorstellen, dass die menschlichen erfahrungen mit flüchtlingen/migranten spannend und gegenseitig bereichernd sind.
ich meine, es ist doch ziemlich schwierig, einem menschen die sprache zu vermitteln, die man so selbstverständlich als muttersprache spricht. dann dieser ganze grammtatikmist (den müsste ich erstmal bei mir selbst auffrischen).
ansonsten gilt für neulinge in der sprache: das sprachgefühl kann nur in der anwendung, also im sprechen, lesen und schreiben, wachsen.
ich kann mir gut vorstellen, dass die menschlichen erfahrungen mit flüchtlingen/migranten spannend und gegenseitig bereichernd sind.
diefrogg - 25. Nov, 10:04
Ja, es braucht einen Plan...
... da hast Du recht, lieber BoMa. Das ist tatsächlich das, was mich bei der Sache am meisten beschäftigt. Für die Grammatik gibt's Handbücher. Aber wie hole ich die Leute dort ab, wo sie sind? Am einfachsten ist es, wenn sie selber Fragen stellen oder Aufgaben mitbringen.
schneck08 - 21. Nov, 10:58
Es ist so wichtig, dieses stille und geduldige Engagement, wenn das allgemeine Willkommensengagement abflaut. Ich frage mich auch oft, was sie, die Migranten, sich wohl denken über unsere kleinen Probleme, was Wege angeht. Wenn sie es den ganzen langen Weg nach Europa geschafft haben, ohne zu ertrinken oder ohne zu ersticken im Kofferraum zwölf Stunden von Teheran bis an die türkische Grenze.
diefrogg - 21. Nov, 18:18
Danke, Herr Schneck,
Bei mir hat das Willkommensengagement eben erst angefangen. Damals, als es wirklich losging, war ich dazu noch nicht in der Lage - und auch jetzt bin ich weit weg von etwas Grösserem, ich muss ja leider auch auf meine zarte Gesundheit achten. Aber man tut, was man kann.
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