15
Dez
2010

...und tschüss

Ich verabschiede mich hier wieder einmal für Tage. Ich will nach Deutschland, meine Freundin Helga besuchen.

Wenn meine Ohren mitmachen
Wenn es keine Wetter-Katastrophe gibt

Wenn... wenn...

Wenn alles klappt, bin ich erst nächste Woche wieder hier zu lesen.

14
Dez
2010

Das richtige Christkind

Kinder müssen heute viel mehr können als früher. Nehmen wir zum Beispiel das Christkind. Als ich ein Kind war, gabs ein einziges Christkind. Man schrieb ihm seine Weihnachtswünsche auf ein Zettelchen. Mutter legte es abends aufs Fensterbrett, damit das Christkind es abholen konnte. Am Weihnachtsabend legte es ein paar Sachen unter den Baum und hatte auch noch Zeit, diesen aufleuchten zu lassen wie ein Wunder.

Heute ist alles anders. Da gibts ja schon am ersten Adventssonntag Lichterorgien allüberall.

Und kompliziert wirds mit den Wunschlisten: Tim (5) etwa gab seiner Patentante seinen Wunsch an ihr Christkind telefonisch durch. Dabei zitierte er gleich die Bestellnummern aus dem Spielwaren-Katalog. "Ich möchte vom Christkind eine Packung Lego City 6743 oder dann 6534", sagte er. Mein Gottenmädchen Carina (5) schickte derweil hübsche Collagen aus dem Spielwaren-Katalog an Gotte, Götti und die beiden Omamis, total vier Bastelarbeiten. So landen also vier Wunschlisten für vier Christkinder auf vier Fensterbrettern - für ein einziges Kind. Uns hätte eine solch wunderbare Christkind-Vermehrung ja misstrauisch gemacht. Die Fünfjährigen von heute aber schaffen es spielend, in ihren kleinen Köpfen die Vorstellung von Myriaden von generalstabsmässig organisierten Christkindern aufrecht zu erhalten.

Oder der Samichlaus. Als ich ein Kind war, gabs einfach den Samichlaus. Als klein Moni Frogg einmal irgendwo einen zweiten sah, begann sie sich zu fragen, wie das mit rechten Dingen zugehen könne. Heute gibts in jedem Warenhaus einen anderen Samichlaus. Aber sind die Kinder verwirrt? Ach wo! Tim soll neulich zu so einem Warenhaus-Samichlaus gesagt haben: "Nein, nein. Mir Dir will ich nichts zu tun haben. Ich rede dann lieber zu Hause mit dem richtigen Samichlaus."

11
Dez
2010

Sind Tierfilme faschistisch?

Am Abend, bevor ich mein Gehör verlor, sahen Herr T. und ich einen Tier-Dokumentarfilm. Es war eine gute Wahl.Tier-Dokus bieten eine seltsame Art von Trost. Sie zeigen die Natur stets als unbarmherzig, aber gerecht. Wenn ein Tier im Naturfilm eine Schwäche zeigt, ist es tot. Er wird von einem hungrigen Fleischfresser erlegt. Oder es verdurstet oder erfriert. Dann wird es Futter für Aasfresser und Bakterien. Fertig.

Nie stellt sich die Frage, ob ein Tier sein Unglück selber verschuldet. Die Natur ist, wie sie ist. Hart, aber gerecht. Sie gibt dem schwachen Tier den Tod und dem Jäger das Leben. Sie bildet Nahrungsketten und ringt stets um ökologisches Gleichgewicht.

Ich schaute ein paar süssen, jungen Bären und ihrer Mama in den Rocky Mountains beim Überlebenskampf zu. Noch konnte ich den Kommentar hören. Aber ein helles Rauschen leckte an den Rändern der Konsonanten. Der Horror hockte mir in der Magengrube.

Im Tierfilm sind chronische Krankheiten genetische Abnormitäten und führen schnell zum Tod. Wäre ich ein Steinbock mit Meniere'scher Krankheit, so hätte ein Schwindelanfall mich längst eine Felswand hinunter gestürzt. Ich hätte mir ein paar quälende Fragen gar nie stellen müssen. Zum Beispiel: Welchen Sinn hat meine Existenz, wenn ich nicht mehr arbeiten kann? Wer füttert mich dann?

Angesichts eines Tierfilms scheinen solche Fragen völlig belanglos. Wenigstens für eine Stunde.

Menschen funktionieren nicht so. Würde eine menschliche Gemeinschaft so funktionieren wie die Natur in Tier-Dokus, wäre sie faschistisch.

Dennoch ist klar, warum alte Leute Tierfilme lieben. Sie geben dem Sterben Sinn.

10
Dez
2010

Wenn das Ohr ertrinkt

Ertrinken soll eine der unangenehmeren Todesarten sein, habe ich einmal gelesen. Sicher sind Panik und ein hektischer Todeskampf typische Begleiterscheinungen. Nicht, dass ich jetzt stundenlang recherchieren möchte, um das zu belegen. Ich weiss auch gar nicht mehr, wie ich auf den Gedanken gekommen bin. Aber gestern wurde mir plötzlich klar: Wenn ich auf dem rechten Ohr einen Menière'schen Schub habe, dann fühlt sich das an, als würde das Ohr ertrinken.

Erst gurgelt es ein bisschen, dieser Tage öfter als sonst üblich. Schon davon bekomme ich Panik. Ich habe das Gefühl, irgendwie strampeln zu müssen. Manchmal bekomme ich eine Fressattacke - weil ich weiss, dass essen hilft. Jedenfalls kurzfristig.

Wenn's noch schlimmer wird, fühlt sich das an, als würde ich versinken. Die Geräusche der Welt verschwinden. Das Ohr schreit auf, pfeift, gurgelt, dröhnt. Alles strampeln nützt nichts mehr.

Und dann, irgendwann, ist es ganz still und ich höre fast gar nichts mehr. Das habe ich zum Glück lange nicht mehr gehabt. Das letzte Mal ziemlich genau vor einem Jahr.

Tatsächlich entspricht der physiologische Prozess, der bei der Menière'schen Erkrankung abläuft, ungefähr einer Überflutung des Innenohrs mit Lymph-Flüssigkeit.

Vielleicht ist sie deshalb so beängstigend.

8
Dez
2010

Schönste Weihnachtsbeleuchtung 2010

Neulich an einem grauen Abend verirrte ich mich in einem grauen Vorort unserer Stadt. Es dunkelte, und schliesslich fand ich eine Bushaltestelle. Sie lag in einer Schlucht aus alten Wohnhäusern, die wegen des ständig durchdonnernden Verkehrs grau und fast unbewohnbar geworden sind.

Es war ein stiller Abend.

Ich richtete mich auf eine längere Wartezeit ein. Da sah ich plötzlich auf der anderen Strassenseite ein Haus mit warm erleuchteten Schaufenstern.

Auf den Scheiben stand: Café Sarajevo.

Es ist eine gehobene Cevapcici-Bude. Ein Vororts-Haus mit einem hässlichen Vorbau. Altmodische Vorhänge verschleierten die Sicht auf zwei Spielautomaten.

Ich überlegte mir, ob ich hineingehen sollte. Zwei junge Typen kamen heraus. Nein, entschied ich. Das ist kein Café für eine Schweizerin mittleren Alters auf der Suche nach einer Tasse Verveine-Tee.

Bald kam der Bus.

Doch das Café Sarajevo wird mir immer als die schönste Weihnachtsbeleuchtung des Jahres 2010 in Erinnerung bleiben.




Ich will nicht ausschliessen, dass es auch damit zu tun hat.

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