1
Feb
2015

Im mittleren Alter

Ein Mann mittleren Alters befindet sich in einer Lebenskrise. Er irrt - bildlich gesprochen - durch einen finsteren Wald.

Wohl verstanden, wir reden hier von der Lebenskrise eines Mannes. Die spezifisch weiblichen Probleme des Älterwerdens sind anderswo Thema.

Was den Mann in unserer Gesichte plagt, ist - sagen wir mal - nicht so konkret, dafür sehr bildhaft. Zwar sieht er schon die Anhöhe vor sich, die ihm Überblick verspricht. Doch da stellt sich ihm eine Furcht erregende Raubkatze in den Weg. Die Szene fasziniert Künstler seit 700 Jahren. Das Internet ist voll von Bildern davon. Hier der Klassiker von Gustave Doré:


(Quelle: Wikimedia)

Wahrscheinlich fällt jetzt bei vielen der Groschen: Ja, was ich hier erzähle, ist der Anfang von Dantes Göttlicher Komödie*.

Warum ich hier diese Geschichte nacherzähle? Nun, eigentlich wegen Herrn Jossele (bei dem ich mich hiermit abwesenderweise bedanke). Als ich Ende 2013 in Krisenstimmung war, hat Herr Jossele mir einmal geschrieben, so ab einem gewissen Alter müsse man drüber nachdenken, was denn im Leben noch gelebt werden wolle.

Ich weiss nicht mehr, woher es kam, aber ich war drauf und dran zu antworten: "Ich möchte noch Dantes Göttliche Komödie lesen."


Dante Alighieri, Quelle biografieonline.it


Ich kannte das Buch nur aus unzähligen Fussnoten meines Literaturstudiums. Ich ahnte nicht, dass Herr Dante mich - wie als Antwort auf meine eigene Krisenstimmung - auf eine umfassende Forschungsreise durch den gesamten geistigen Kosmos des Hochmittelalters mitnehmen würde. Ich lese wie gebannt.

Nur: Worin bestand die Krise des Mannes mit dem Sinne für stilvolle Hutmode eigentlich? Nun, nebst der gefleckten Katze bedrängten ihn eine bissige Wölfin und ein Löwe - was die drei Bestien darstellen, darüber streiten die Kommentatoren trefflich - Ich habe mich schliesslich für diese Deutung entschieden: Sie stehen für die verbotene Lust, die Gewalt und die Habgier.

*Dante Alighieri: "La Comedia ; Die Göttliche Komödie ; Band I Inferno / Hölle" ; Stuttgart, PhilippReclam jun., 2010 (Übersetzung und - zuweilen geradezu launiger - Kommentar von Hartmut Köhler)
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