Herr Wichtig am Telefon
Neulich morgens hatte ich eine Mail von Herrn Wichtig im Posteingang. Er werde mich gegen Mittag anrufen, schrieb er. Es war ein schlechter Tag. Ich hörte schlecht, telefonieren fiel mir auch mit maximaler Lautstärke auf dem Telefon-Lautsprecher schwer. Aber es schien mir nicht angebracht, auf einen Austausch per Mail zu bestehen.
Ich schrieb: "Ja, gerne. Ich bin hier." Sollte ich ihm auch schreiben, er müsse deutlich mit mir sprechen? Ich hatte noch nie mit ihm telefoniert. Vielleicht war er einer dieser Herren Wichtig, die ihre Autorität beweisen, indem sie leise sprechen. Dann müssen sich alle Zuhörer nach vorne neigen und an ihren Lippen hängen. Da hat niemand Zeit, über Widerstand nachzudenken.
Ich schrieb es ihm dann doch nicht.
Um elf klingelte das Telefon. Es war Herr Wichtig. Er schmurgelte an mein Ohr: "Grüezi, hiss wichsch ihajsa dasch arrrwürr." "Wie bitte?!" fragte ich. Er wiederholte, was er gesagt hatte - natürlich etwas vollkommen Irrelevantes, wie "ich habe Ihnen doch geschrieben, dass ich anrufen würde." Oder: "Wie geht es Ihnen?" - ohne dass er darauf eine andere Antwort als "gut" erwartete. Oder etwas in der Art. Das gehört zu den Peinlichkeiten an der Schwerhörigkeit: Dass man nachfragt, und es stellt sich heraus, dass die Leute etwas total Unwichtiges gesagt haben, zum Beispiel "schönes Wochenende!" "Hier bin ich also!".
Ich bat ihn, deutlich zu sprechen. Er tat es. Es kennt meinen Fall - denn, ja, für gewisse Leute bin ich ein Fall, eben auch für Herrn Wichtig. Es war sehr nett von ihm, dass er mich überhaupt anrief.
Es war eine dieser saublöden Situationen, in denen man sowieso leicht in eine Huscheli*-Rolle gerät. Und als Schwerhörige erst recht. Die Leute nehmen einen dann von Anfang an nicht so recht ernst.
Zum Glück hatte Herr Wichtig eine laute Stimme und eine sehr klare Artikulation. Möglicherweise hat er sogar eine etwas feuchte Aussprache. Das konnte ich am Telefon aber nicht beurteilen. Und ausserdem ist er ein so vielbeschäftigter Mann, dass er gar keine Zeit hatte, sich zu überlegen, ob ich nun ein Huscheli sei.
* Schweizerdeutsch für eine Frau ohne Selbstbewusstsein.
Ich schrieb: "Ja, gerne. Ich bin hier." Sollte ich ihm auch schreiben, er müsse deutlich mit mir sprechen? Ich hatte noch nie mit ihm telefoniert. Vielleicht war er einer dieser Herren Wichtig, die ihre Autorität beweisen, indem sie leise sprechen. Dann müssen sich alle Zuhörer nach vorne neigen und an ihren Lippen hängen. Da hat niemand Zeit, über Widerstand nachzudenken.
Ich schrieb es ihm dann doch nicht.
Um elf klingelte das Telefon. Es war Herr Wichtig. Er schmurgelte an mein Ohr: "Grüezi, hiss wichsch ihajsa dasch arrrwürr." "Wie bitte?!" fragte ich. Er wiederholte, was er gesagt hatte - natürlich etwas vollkommen Irrelevantes, wie "ich habe Ihnen doch geschrieben, dass ich anrufen würde." Oder: "Wie geht es Ihnen?" - ohne dass er darauf eine andere Antwort als "gut" erwartete. Oder etwas in der Art. Das gehört zu den Peinlichkeiten an der Schwerhörigkeit: Dass man nachfragt, und es stellt sich heraus, dass die Leute etwas total Unwichtiges gesagt haben, zum Beispiel "schönes Wochenende!" "Hier bin ich also!".
Ich bat ihn, deutlich zu sprechen. Er tat es. Es kennt meinen Fall - denn, ja, für gewisse Leute bin ich ein Fall, eben auch für Herrn Wichtig. Es war sehr nett von ihm, dass er mich überhaupt anrief.
Es war eine dieser saublöden Situationen, in denen man sowieso leicht in eine Huscheli*-Rolle gerät. Und als Schwerhörige erst recht. Die Leute nehmen einen dann von Anfang an nicht so recht ernst.
Zum Glück hatte Herr Wichtig eine laute Stimme und eine sehr klare Artikulation. Möglicherweise hat er sogar eine etwas feuchte Aussprache. Das konnte ich am Telefon aber nicht beurteilen. Und ausserdem ist er ein so vielbeschäftigter Mann, dass er gar keine Zeit hatte, sich zu überlegen, ob ich nun ein Huscheli sei.
* Schweizerdeutsch für eine Frau ohne Selbstbewusstsein.
diefrogg - 22. Mär, 16:45
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