Kleine Mädchen und die Ökonomie
Lego ist wieder da! Und wie! Zu Weihnachten bekam mein Gottenbub Tim (8) zwei Bausätze des Spielzeugriesen für eine Eisenbahn. Und meine Nichte Carina (8) steht ja so auf Lego Friends!
Für alle Nichtkenner: Lego Friends ist eine Linie für kleine Mädchen. Sind die Teile einmal zusammengesetzt, bedienen sie die allerpeinlichsten Girlie-Klischees. Pink dominiert. Es gibt fünf Freundinnen - und natürlich Pferde. Und man kann beim Spielen ohne Ende Frisuren, Accessoires und Schminkzeug herumschieben.
Carina besitzt schon vier oder fünf Friends-Bausätze. Lego muss boomen.
Wir spielten ein bisschen. Doch nach fünf Minuten hatte ich genug Frisuren umplatziert. Ich sehnte mich nach den guten, alten Lego, mit denen schon mein Bruder und ich gespielt hatten. Damals gab es multifunktionale Bausteine, mit denen sogar ich gerne Häuschen mauerte. Zum Spielen brauchte es dann einfach Phantasie. Mit diesem alten Steinen haben auch Carina und ich schon köstliche Stunden verbracht.
Aber eben. Heute macht man nicht mehr genügend Rendite mit Spielsachen, die zwei Generationen lang halten.
Wohl gerade der Zeitlosigkeit ihrer Produkte wegen kriselte Lego vor einer Weile. Ich erinnere mich noch gut an die langen Gesichter in unserer Region, als das Unternehmen 2005 seine Fabriken in Willisau und Steinhausen schloss. Sogar das Schweizer Fernsehen berichtete darüber. Das dänische Unternehmen verlegte ganze Produktionsketten nach Tschechien.
Und man kam weg von der Multifunktionalität. Damit Brüderlein und Schwesterlein derselben Generation gleich zweimal Lego brauchen, fabriziert man Mädchen-Spielzeug und Buben-Spielzeug. Pink für Mädchen. Eisenbahnen für Buben. Jetzt schreibt die Firma Rekordgewinne.
Ich finde es zwar gut, dass die Lego-Arbeiter in Tschechien Arbeit haben. Und doch jagt mir diese rosarote Wolke im Mädchenzimmer den kalten Schauer über den Rücken. Da werden Mädchen - und Buben - stereotype Rollenbilder geradezu aufgedrängt. Res Strehle, Ökonom und heute Chefredaktor des Tages-Anzeigers, hat solche Entwicklungen schon 1994 in diesem Buch* prognostiziert:
Im Kapitel "Das schlanke Patriarchat - Neuauflage des Sexismus" steht:"Der 'Sieg' der Marktwirtschaft und ihr Vordringen in neue Bereiche haben dazu geführt, dass den Frauen zugeschriebene Eigenschaften mit neuer Konsequenz vermerktet werden. 'Frauenspezifisches Marketing' heisst das Schlagwort, ... dazu gehört das handliche Kleinauto ('Panda') genauso wie das Light-Bier in der gestylten Flasche. Frau selber wird via Markt mit ihren angeblich frauenspezifischen Eigenschaften radikal in Wert gesetzt ..." (Seite 73 -4).
Soweit so gut. Nur: Wird das unseren geliebten, kleinen Mädchen dereinst im Erwachsenenleben schaden? Ja und nein, sagt Strehle. Frauen könnten innerhalb dieser Rollenklischees durchaus in Top-Positionen aufsteigen: "... als für die emotionale Stabilisierung des Personals zuständige Personalchefin, als für das Wohlbefinden der Medien verantwortliche Pressechefin" (S. 74).
Diese Vision finde ich jetzt nicht ganz so negativ wie Herr Strehle. Wichtig ist ja, dass Frauen die Option haben, in der Arbeitswelt gutes Geld zu verdienen - und durch ihre Arbeit auch neue Rollenbilder zu schaffen.
Und doch. Buben Eisenbahnen, Mädchen pink? Kann so reale Gleichheit entstehen?
*Res Strehle: "Wenn die Netze reissen - Marktwirtschaft auf freier Wildbahn" ; Zürich : Rotpunktverlag 1994 (und ein Dankeschön an den Kulturflaneur, der mich an das Buch erinnert hat)
Für alle Nichtkenner: Lego Friends ist eine Linie für kleine Mädchen. Sind die Teile einmal zusammengesetzt, bedienen sie die allerpeinlichsten Girlie-Klischees. Pink dominiert. Es gibt fünf Freundinnen - und natürlich Pferde. Und man kann beim Spielen ohne Ende Frisuren, Accessoires und Schminkzeug herumschieben.
Carina besitzt schon vier oder fünf Friends-Bausätze. Lego muss boomen.
Wir spielten ein bisschen. Doch nach fünf Minuten hatte ich genug Frisuren umplatziert. Ich sehnte mich nach den guten, alten Lego, mit denen schon mein Bruder und ich gespielt hatten. Damals gab es multifunktionale Bausteine, mit denen sogar ich gerne Häuschen mauerte. Zum Spielen brauchte es dann einfach Phantasie. Mit diesem alten Steinen haben auch Carina und ich schon köstliche Stunden verbracht.
Aber eben. Heute macht man nicht mehr genügend Rendite mit Spielsachen, die zwei Generationen lang halten.
Wohl gerade der Zeitlosigkeit ihrer Produkte wegen kriselte Lego vor einer Weile. Ich erinnere mich noch gut an die langen Gesichter in unserer Region, als das Unternehmen 2005 seine Fabriken in Willisau und Steinhausen schloss. Sogar das Schweizer Fernsehen berichtete darüber. Das dänische Unternehmen verlegte ganze Produktionsketten nach Tschechien.
Und man kam weg von der Multifunktionalität. Damit Brüderlein und Schwesterlein derselben Generation gleich zweimal Lego brauchen, fabriziert man Mädchen-Spielzeug und Buben-Spielzeug. Pink für Mädchen. Eisenbahnen für Buben. Jetzt schreibt die Firma Rekordgewinne.
Ich finde es zwar gut, dass die Lego-Arbeiter in Tschechien Arbeit haben. Und doch jagt mir diese rosarote Wolke im Mädchenzimmer den kalten Schauer über den Rücken. Da werden Mädchen - und Buben - stereotype Rollenbilder geradezu aufgedrängt. Res Strehle, Ökonom und heute Chefredaktor des Tages-Anzeigers, hat solche Entwicklungen schon 1994 in diesem Buch* prognostiziert:
Im Kapitel "Das schlanke Patriarchat - Neuauflage des Sexismus" steht:"Der 'Sieg' der Marktwirtschaft und ihr Vordringen in neue Bereiche haben dazu geführt, dass den Frauen zugeschriebene Eigenschaften mit neuer Konsequenz vermerktet werden. 'Frauenspezifisches Marketing' heisst das Schlagwort, ... dazu gehört das handliche Kleinauto ('Panda') genauso wie das Light-Bier in der gestylten Flasche. Frau selber wird via Markt mit ihren angeblich frauenspezifischen Eigenschaften radikal in Wert gesetzt ..." (Seite 73 -4).
Soweit so gut. Nur: Wird das unseren geliebten, kleinen Mädchen dereinst im Erwachsenenleben schaden? Ja und nein, sagt Strehle. Frauen könnten innerhalb dieser Rollenklischees durchaus in Top-Positionen aufsteigen: "... als für die emotionale Stabilisierung des Personals zuständige Personalchefin, als für das Wohlbefinden der Medien verantwortliche Pressechefin" (S. 74).
Diese Vision finde ich jetzt nicht ganz so negativ wie Herr Strehle. Wichtig ist ja, dass Frauen die Option haben, in der Arbeitswelt gutes Geld zu verdienen - und durch ihre Arbeit auch neue Rollenbilder zu schaffen.
Und doch. Buben Eisenbahnen, Mädchen pink? Kann so reale Gleichheit entstehen?
*Res Strehle: "Wenn die Netze reissen - Marktwirtschaft auf freier Wildbahn" ; Zürich : Rotpunktverlag 1994 (und ein Dankeschön an den Kulturflaneur, der mich an das Buch erinnert hat)
diefrogg - 8. Jan, 16:23
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