Von den Lippen gelesen
Neulich sah ich mir im Kino doch noch "The Artist" an. Nicht etwa, weil der Film so viele Oscars gewonnen hat. Sondern weil mein Instinkt mir sagte, dass ein Stummfilm ein geradezu ideales Werk für eine Neo-Schwerhörige wie mich sei.
Ich täuschte mich nicht. Im Gegenteil. Ich verliess das Kino sogar voller Stolz - weil es mir blutiger Anfängerin gelungen war, den Stummfilmhelden ein paar Takte von den Lippen zu lesen. Das ist zwar nicht besonders schwierig. Denn wenn Stummfilmhelden sprechen, dann artikulieren sie so überdeutlich, dass man schon sehr kurzsichtig sein muss, um es nicht zu können. Ich war aber noch besser: Mich beschlich beim Lippenlesen schon in den ersten Szenen der Verdacht, dass der Filmheld George Valentin (Jean Dujardin) einen ziemlich dicken französischen Akzent haben muss - was sich am Schluss als korrekt herausstellte.
Überhaupt, der Filmheld:
Er ist nicht nur ein ansehnlicher Kerl. Er legt auch eine der eindringlichsten Szenen über die Macht des Gehörs hin, die ich je gesehen habe - einfach mit umgekehrten Vorzeichen. Als Stummfilmstar interessiert ihn ja Sound herzlich wenig - bis plötzlich der Tonfilm aufkommt und seiner Karriere ein Ende zu setzen droht. Eines Tages sitzt er in seiner Garderobe und stellt ein Whiskyglas auf den Schminktisch. Und man hört - mitten im Stummfilm - den Ton, den es dabei von sich gibt. Auch Valentin hört ihn. Wird aufmerksam, macht weitere Geräusche und horcht. Auf seinem Gesicht breitet sich ein Ausdruck grösster existenzieller Sorge aus. Freunde, genau diesen Ausdruck habe ich im Gesicht, wenn ich Dinge jeweils plötzlich nicht mehr höre.
Valentin tritt dann vor die Tür und sieht drei junge Frauen vorbeigehen. Und hört sie schallend lachen. Und steht daneben wie ein begossener Pudel. Eine bessere Darstellung der Isolation, in die einen Schwerhörigkeit treiben kann, habe ich noch nie gesehen.
Ich täuschte mich nicht. Im Gegenteil. Ich verliess das Kino sogar voller Stolz - weil es mir blutiger Anfängerin gelungen war, den Stummfilmhelden ein paar Takte von den Lippen zu lesen. Das ist zwar nicht besonders schwierig. Denn wenn Stummfilmhelden sprechen, dann artikulieren sie so überdeutlich, dass man schon sehr kurzsichtig sein muss, um es nicht zu können. Ich war aber noch besser: Mich beschlich beim Lippenlesen schon in den ersten Szenen der Verdacht, dass der Filmheld George Valentin (Jean Dujardin) einen ziemlich dicken französischen Akzent haben muss - was sich am Schluss als korrekt herausstellte.
Überhaupt, der Filmheld:
Er ist nicht nur ein ansehnlicher Kerl. Er legt auch eine der eindringlichsten Szenen über die Macht des Gehörs hin, die ich je gesehen habe - einfach mit umgekehrten Vorzeichen. Als Stummfilmstar interessiert ihn ja Sound herzlich wenig - bis plötzlich der Tonfilm aufkommt und seiner Karriere ein Ende zu setzen droht. Eines Tages sitzt er in seiner Garderobe und stellt ein Whiskyglas auf den Schminktisch. Und man hört - mitten im Stummfilm - den Ton, den es dabei von sich gibt. Auch Valentin hört ihn. Wird aufmerksam, macht weitere Geräusche und horcht. Auf seinem Gesicht breitet sich ein Ausdruck grösster existenzieller Sorge aus. Freunde, genau diesen Ausdruck habe ich im Gesicht, wenn ich Dinge jeweils plötzlich nicht mehr höre.
Valentin tritt dann vor die Tür und sieht drei junge Frauen vorbeigehen. Und hört sie schallend lachen. Und steht daneben wie ein begossener Pudel. Eine bessere Darstellung der Isolation, in die einen Schwerhörigkeit treiben kann, habe ich noch nie gesehen.
diefrogg - 14. Mär, 17:53
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