Von wegen neue Männer!
Der "Tagesanzeiger" machte dieser Tage ein ziemliches Wesen um so genannte neue Opas.
Zitat: "Gemäss Bundesamt für Statistik betreuen rund 12 Prozent der Männer zwischen 65 und 74 Jahren verwandte Kinder. Das ist ... ein erstaunlich hoher Anteil, bedenkt man, dass sich noch vor 50 Jahren kein Vater, geschweige denn Grossvater, mit Kleinkind im Arm oder Babywagen sehen lassen wollte."
Also, sorry, aber da muss ich doch ein bisschen lachen! Ich meine: Vor 45 Jahren - also fast vor 50 - war ich ein Baby. Und ich kann stolz vermelden, dass mein Vater sich mit mir im Babywagen nicht nur öffentlich zeigte. Er liess sich sogar damit fotografieren! Auf offener Strasse! Das Beweisstück kann ich jederzeit vorlegen.
Und was Grossväter betrifft: Also, da könnte manch ein so genannter neuer Opa eine Scheibe von meinem Grossvater Eugen Walholz abschneiden. Mein Bruder und ich liebten ihn. Wenn wir sonntags bei meinen Grosseltern waren, machte er den Clown für uns. Er konnte mit den Ohren wackeln. Er kannte allerlei Spielchen mit Fingern und Nasen und Sprüchlein. Er spielte ein bisschen Akkordeon.
Werktags durften wir in seine Backstube. Er brachte uns bei, wie man Nussgipfel dreht. Zeigte uns die Kakerlaken* in der Backgrube. Liess uns von der Mandelmasse schnausen. Passte auf, dass wir uns die Finger nicht in der Knetmaschine einklemmten. Nahm uns mit, wenn er im Auto Brot ausfuhr. Und wenn wir erkältet waren, holte er zuoberst vom Gestell eine grosse Blechbüchse. Er machte sie auf und hielt sie uns vors Gesicht. "So, jetzt nimm eine Nase voll!" sagte er. Er lachte sich einen Schranz in den Bauch, wenn wir dann eine Nase voll Treibsalz** herauszogen und nach Luft japsten. Ja, er konnte auch ein bisschen fies sein.
Vielleicht lag sein Geheimnis gerade darin, dass er selber ein kindliches Gemüt hatte. Ein idealer Ehemann und Vater war er jedenfalls nicht. "Zum Glück hast Du ihn geheiratet. Du bist doch so tüchtig", soll seine eigene Schwester einmal zu meiner Grossmutter gesagt haben. "Sie hielt ihn für ein bisschen debil", sagte meine Grossmutter.
Als Ernährer war er tatsächlich keine grosse Nummer. Seine Familie brachte er schlecht und recht als Bäckereigehilfe durch. Erst als er die Bäckerei selber pachten konnte und die Grossmutter einstieg, begann der Laden zu laufen. Aber sie hätte keinen anderen gewollt, sagte meine Grossmutter immer. Noch nach Jahrzehnten Ehe sei er ein zärtlicher Liebhaber gewesen.
Manchmal frage ich mich, ob der so genannte traditionelle Mann, dieser Super-Ernährer und emotionale Holzklotz, erst eine Generation nach meinen Grosseltern erfunden worden ist. Oder ob mein Grossvater einfach ein Freak war und ausgerechnet mein Bruder und ich das Glück hatten, ihn zum Grossvater zu bekommen.
Das hier hätte ihm gefallen:
* Bäckereien sind heutzutage wahrscheinlich hygienischer als anno dazumal
** Lebkuchengewürz, riecht stark nach Ammoniak und verschlägt einem den Atem, wenn man eine ganze Nase davon vollbekomt
Zitat: "Gemäss Bundesamt für Statistik betreuen rund 12 Prozent der Männer zwischen 65 und 74 Jahren verwandte Kinder. Das ist ... ein erstaunlich hoher Anteil, bedenkt man, dass sich noch vor 50 Jahren kein Vater, geschweige denn Grossvater, mit Kleinkind im Arm oder Babywagen sehen lassen wollte."
Also, sorry, aber da muss ich doch ein bisschen lachen! Ich meine: Vor 45 Jahren - also fast vor 50 - war ich ein Baby. Und ich kann stolz vermelden, dass mein Vater sich mit mir im Babywagen nicht nur öffentlich zeigte. Er liess sich sogar damit fotografieren! Auf offener Strasse! Das Beweisstück kann ich jederzeit vorlegen.
Und was Grossväter betrifft: Also, da könnte manch ein so genannter neuer Opa eine Scheibe von meinem Grossvater Eugen Walholz abschneiden. Mein Bruder und ich liebten ihn. Wenn wir sonntags bei meinen Grosseltern waren, machte er den Clown für uns. Er konnte mit den Ohren wackeln. Er kannte allerlei Spielchen mit Fingern und Nasen und Sprüchlein. Er spielte ein bisschen Akkordeon.
Werktags durften wir in seine Backstube. Er brachte uns bei, wie man Nussgipfel dreht. Zeigte uns die Kakerlaken* in der Backgrube. Liess uns von der Mandelmasse schnausen. Passte auf, dass wir uns die Finger nicht in der Knetmaschine einklemmten. Nahm uns mit, wenn er im Auto Brot ausfuhr. Und wenn wir erkältet waren, holte er zuoberst vom Gestell eine grosse Blechbüchse. Er machte sie auf und hielt sie uns vors Gesicht. "So, jetzt nimm eine Nase voll!" sagte er. Er lachte sich einen Schranz in den Bauch, wenn wir dann eine Nase voll Treibsalz** herauszogen und nach Luft japsten. Ja, er konnte auch ein bisschen fies sein.
Vielleicht lag sein Geheimnis gerade darin, dass er selber ein kindliches Gemüt hatte. Ein idealer Ehemann und Vater war er jedenfalls nicht. "Zum Glück hast Du ihn geheiratet. Du bist doch so tüchtig", soll seine eigene Schwester einmal zu meiner Grossmutter gesagt haben. "Sie hielt ihn für ein bisschen debil", sagte meine Grossmutter.
Als Ernährer war er tatsächlich keine grosse Nummer. Seine Familie brachte er schlecht und recht als Bäckereigehilfe durch. Erst als er die Bäckerei selber pachten konnte und die Grossmutter einstieg, begann der Laden zu laufen. Aber sie hätte keinen anderen gewollt, sagte meine Grossmutter immer. Noch nach Jahrzehnten Ehe sei er ein zärtlicher Liebhaber gewesen.
Manchmal frage ich mich, ob der so genannte traditionelle Mann, dieser Super-Ernährer und emotionale Holzklotz, erst eine Generation nach meinen Grosseltern erfunden worden ist. Oder ob mein Grossvater einfach ein Freak war und ausgerechnet mein Bruder und ich das Glück hatten, ihn zum Grossvater zu bekommen.
Das hier hätte ihm gefallen:
* Bäckereien sind heutzutage wahrscheinlich hygienischer als anno dazumal
** Lebkuchengewürz, riecht stark nach Ammoniak und verschlägt einem den Atem, wenn man eine ganze Nase davon vollbekomt
diefrogg - 24. Sep, 16:51
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