Verflixtes Wetter
Zwei Seelen habe ich, ach, in meiner Brust! Als Schweizerin müsste ich schreiben: Kommt unbedingt in die Schweiz in die Ferien! Wir haben die schönsten Landschaften überhaupt und eine phantastisch vielfältige Kultur. Ich würde nicht mal lügen. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich dennoch inständig von Ferien in der Schweiz abraten: Das Wetter kann einem hier den letzten Nerv rauben, glaubt mir! Nach zwei Ferien in diesem Land schreibe ich aus bitterer Erfahrung.
Montag, 14. Juni: Vor unserer Abreise ins Engadin esse vor dem Bahnhof der Heimatstadt ein Salätchen. Dafür ist es gerade warm genug.
Ich betrachte die blauen Flecken am Himmel aber als gutes Omen. Doch ein paar Stunden später fahren wir aus dem Vereinatunnel in ein graues, verhangenes Engadin. Nur zuunterst im Tal phosphoresziert aus einer Senke ein grünlicher Regenbogen. "Dort unten fahren wir hin! Dort ist Schuls und Tarasp!" ruft Herr T. begeistert. Ich rede wieder etwas von guten Omen, doch Herr T. warnt: "Wenn es im Engadin irgendwo schifft, dann sicher in Schuls und Tarasp!" Beim Aussteigen stelle ich fest, dass Scuol auf 1200 Metern über Meer liegt. Ich fröstle. "Eigentlich wollte ich keine Ferien am Polarkreis machen", sage ich.
Dienstag, 15. Juni: Es ist grau und verhangen, aber es schifft nicht. Die Wanderung nach Sent überstehen wir trocken. Dort angekommen, picknicken wir auf einer Bank vor der Kirche. Sie hat kein Vordach. Es nieselt uns sanft auf die belegten Brötchen.
Mittwoch, 16. Juni: Es ist trüb und grau. Zuweilen tröpfelt es. Dennoch erreichen wir auf unserer zweiten Wanderung trockenen Fusses Ardez. Wir betreten dort gerade ein Restaurant, als es so richtig zu schütten beginnt. Glück gehabt.
Donnerstag, 17. Juni: Es ist regnerisch. Wir sind froh, dass es in Scuol ein Thermalbad gibt. Überhaupt wissen wir, dass es anderswo noch viel schlimmer ist: In Frankreich sterben zwei Dutzend Menschen bei einer Überschwemmung.
Freitag, 18. Juni: Schlechtwetter-Programm: Eine Dreiländer-Reise mit dem Bus. Das Kloster Müstair besichtigen wir während eines vergleichsweise hellen Moments.
Glurns und der Reschenpass liegen unter einer düsteren Wolkendecke.
Samstag, 19. Juni: Um 7.15 Uhr erwachen wir unter blauem Himmel. Eilig hüpfen wir aus dem Bett, denn die Wetterprognosen sagen den Beginn eines dramatischen Kälteeinbruchs gegen Mittag voraus. Der Himmel schlirggt tatsächlich schnell zu. Am Mittag in Guarda brauche ich dann doch noch erstmals meine Sonnenbrille: Ein giftiger Wind weht Pollen durch die Gegend, auf die ich mit allergischem Augenbrennen reagiere.
Sonntag, 20. Juni: Die Schneegrenze ist dramatisch gesunken, wie am Morgen ein Blick aus unserem Fenster zeigt. Wieder Thermalbad.
Montag, 21. Juni: Ein grauer Tag. Wir sind am Ende unseres Lateins. Wir hocken in unserer Ferienwohnung, lesen und schauen aus dem Fenster. Herr T. gibt Sätze von sich wie: "Da geht eine schwarze Katze zur Kirche hinauf. Was das wohl zu bedeuten hat?"
Dienstag, 22. Juni: Mutter Frogg meldet per SMS aus dem Unterland "erste blaue Störungen". Bei uns ist es grau und kalt. Wir fahren mit dem Postauto nach Tschlin, einem hübschen Ort knapp unter die Schneegrenze. Unterwegs sehen wir das Plakat zum Kulturjuni 2010 im Engadin.
Mittwoch, 22. Juni: Aber dann... aber dann... Ein strahlend blauer Morgen! Ich blicke aus dem Fenster in die Berge und denke: "Gibt es einen schöneren Anblick als den der Alpen an einem Sommermorgen?"
Freitag, 24. Juni: Auf der dritten grösseren Wanderung durch phantastische Berglandschaften lerne ich einen weiteren Nachteil langer Schlechtwetterperioden kennen: Ist es einmal schön, muss man die grossen Touren sofort absolvieren. Ich bin schon erschöpft und sage unwirsch zu Herrn T.: "Jetzt habe ich aber genug Engadinger Nadelwälder gesehen, ganz egal ob Arven, Tannen oder Lärchen!"
Sonntag, 26. Juni: Wieder ein strahlender Morgen. Doch wir müssen nach Hause. Als wir auf den Bus warten, sehen wir die neu angekommenen Touristen durchs Dorf streifen und Engadiner Häuser vor blauem Hintergrund fotografieren. Ich werde gelb vor Neid. Noch nie war ich auf einer Heimreise von den Ferien so abgrundtief unglücklich. Wir sind kaum zu Hause, fängt Herr T. an zu arbeiten. Ich finde, mit so einem strahlenden Sommertag müsste man etwas Tolles anfangen. Baden im erst 19 Grad warmen See zum Beispiel. Eine Wanderung. Irgendetwas Tolles. Ich bin richtig gestresst. Ich gehe in die Stadt, setze mich mit einem Eis an den Ausgangspunkt unserer Reise vor dem Bahnhof und zerbreche mir den Kopf. Das Pflaster unter meinem Sommerkleid ist heiss. Da merke ich: Im Kopf habe ich schon zu bloggen begonnen. Sonne hin oder her. Ich weiss, was ich tun muss.
Draussen riecht es nach Grillwürsten. Hier bin ich wieder.
Montag, 14. Juni: Vor unserer Abreise ins Engadin esse vor dem Bahnhof der Heimatstadt ein Salätchen. Dafür ist es gerade warm genug.
Ich betrachte die blauen Flecken am Himmel aber als gutes Omen. Doch ein paar Stunden später fahren wir aus dem Vereinatunnel in ein graues, verhangenes Engadin. Nur zuunterst im Tal phosphoresziert aus einer Senke ein grünlicher Regenbogen. "Dort unten fahren wir hin! Dort ist Schuls und Tarasp!" ruft Herr T. begeistert. Ich rede wieder etwas von guten Omen, doch Herr T. warnt: "Wenn es im Engadin irgendwo schifft, dann sicher in Schuls und Tarasp!" Beim Aussteigen stelle ich fest, dass Scuol auf 1200 Metern über Meer liegt. Ich fröstle. "Eigentlich wollte ich keine Ferien am Polarkreis machen", sage ich.
Dienstag, 15. Juni: Es ist grau und verhangen, aber es schifft nicht. Die Wanderung nach Sent überstehen wir trocken. Dort angekommen, picknicken wir auf einer Bank vor der Kirche. Sie hat kein Vordach. Es nieselt uns sanft auf die belegten Brötchen.
Mittwoch, 16. Juni: Es ist trüb und grau. Zuweilen tröpfelt es. Dennoch erreichen wir auf unserer zweiten Wanderung trockenen Fusses Ardez. Wir betreten dort gerade ein Restaurant, als es so richtig zu schütten beginnt. Glück gehabt.
Donnerstag, 17. Juni: Es ist regnerisch. Wir sind froh, dass es in Scuol ein Thermalbad gibt. Überhaupt wissen wir, dass es anderswo noch viel schlimmer ist: In Frankreich sterben zwei Dutzend Menschen bei einer Überschwemmung.
Freitag, 18. Juni: Schlechtwetter-Programm: Eine Dreiländer-Reise mit dem Bus. Das Kloster Müstair besichtigen wir während eines vergleichsweise hellen Moments.
Glurns und der Reschenpass liegen unter einer düsteren Wolkendecke.
Samstag, 19. Juni: Um 7.15 Uhr erwachen wir unter blauem Himmel. Eilig hüpfen wir aus dem Bett, denn die Wetterprognosen sagen den Beginn eines dramatischen Kälteeinbruchs gegen Mittag voraus. Der Himmel schlirggt tatsächlich schnell zu. Am Mittag in Guarda brauche ich dann doch noch erstmals meine Sonnenbrille: Ein giftiger Wind weht Pollen durch die Gegend, auf die ich mit allergischem Augenbrennen reagiere.
Sonntag, 20. Juni: Die Schneegrenze ist dramatisch gesunken, wie am Morgen ein Blick aus unserem Fenster zeigt. Wieder Thermalbad.
Montag, 21. Juni: Ein grauer Tag. Wir sind am Ende unseres Lateins. Wir hocken in unserer Ferienwohnung, lesen und schauen aus dem Fenster. Herr T. gibt Sätze von sich wie: "Da geht eine schwarze Katze zur Kirche hinauf. Was das wohl zu bedeuten hat?"
Dienstag, 22. Juni: Mutter Frogg meldet per SMS aus dem Unterland "erste blaue Störungen". Bei uns ist es grau und kalt. Wir fahren mit dem Postauto nach Tschlin, einem hübschen Ort knapp unter die Schneegrenze. Unterwegs sehen wir das Plakat zum Kulturjuni 2010 im Engadin.
Mittwoch, 22. Juni: Aber dann... aber dann... Ein strahlend blauer Morgen! Ich blicke aus dem Fenster in die Berge und denke: "Gibt es einen schöneren Anblick als den der Alpen an einem Sommermorgen?"
Freitag, 24. Juni: Auf der dritten grösseren Wanderung durch phantastische Berglandschaften lerne ich einen weiteren Nachteil langer Schlechtwetterperioden kennen: Ist es einmal schön, muss man die grossen Touren sofort absolvieren. Ich bin schon erschöpft und sage unwirsch zu Herrn T.: "Jetzt habe ich aber genug Engadinger Nadelwälder gesehen, ganz egal ob Arven, Tannen oder Lärchen!"
Sonntag, 26. Juni: Wieder ein strahlender Morgen. Doch wir müssen nach Hause. Als wir auf den Bus warten, sehen wir die neu angekommenen Touristen durchs Dorf streifen und Engadiner Häuser vor blauem Hintergrund fotografieren. Ich werde gelb vor Neid. Noch nie war ich auf einer Heimreise von den Ferien so abgrundtief unglücklich. Wir sind kaum zu Hause, fängt Herr T. an zu arbeiten. Ich finde, mit so einem strahlenden Sommertag müsste man etwas Tolles anfangen. Baden im erst 19 Grad warmen See zum Beispiel. Eine Wanderung. Irgendetwas Tolles. Ich bin richtig gestresst. Ich gehe in die Stadt, setze mich mit einem Eis an den Ausgangspunkt unserer Reise vor dem Bahnhof und zerbreche mir den Kopf. Das Pflaster unter meinem Sommerkleid ist heiss. Da merke ich: Im Kopf habe ich schon zu bloggen begonnen. Sonne hin oder her. Ich weiss, was ich tun muss.
Draussen riecht es nach Grillwürsten. Hier bin ich wieder.
diefrogg - 27. Jun, 17:37
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