Generationen-Treffen
Neulich lud uns eine Freundin in ein Haus in den Bergen ein. Wir waren zu viert dort:
Unsere Gastgeberin (Jahrgang 1970)
Ein Freund von ihr (Jahrgang 1975)
Herr T. (Jahrgang 1958)
Und Frau Frogg (Jahrgang 1965)
Ich habe seit Jahren keinen Abend mehr in den Bergen verbracht. Um 16 Uhr leerten sich die Wanderautobahnen. Wir waren allein inmitten von frisch ergrünten Alpweiden im Abendlicht. Da war so viel Platz, so viel Luft zum Atmen!
Und Zeit zum Reden! Der Freund war auf einem anderen Kontinent aufgewachsen und erst kurz vor der Matur in die Schweiz gekommen. Herr T. musste zur Kenntnis nehmen, dass der junge Mann rein gar nichts über die Achtziger-Unruhen in Zürich wusste. Aber er war interessiert. Was für eine Gelegenheit für unseren Hardcore-Altlinken T., seine Erinnerungen an jene Zeiten wieder aufleben zu lassen! Er erzählte von der Sturheit der Zürcher Behörden damals. Dass nur reine Zerstörungswut Fortschritte im Kampf um Raum für die Jugend gebracht habe. "Erst das Bild von der Bahnhofstrasse mit zertrümmerten Scheiben um die Welt ging, ging es endlich vorwärts." Den Schluss brachte er, wie immer, nachdenklich: "In jener Zeit reiste ich einmal nach Mexiko. Dort hat man mich ständig gefragt, warum die Leute in Zürich randalierten. In Zürich! Ich konnte es ihnen nicht erklären. Ich meine: Wie erklärt man Leuten in Mexiko, warum die Leute im reichsten Land der Welt ihre grösste Stadt in Trümmer legen?"
Später erzählte der Freund. Er ist Akademiker, arbeitet in der Industrie und sucht gerade eine neue Stelle. "Es ist nicht so einfach wie früher", sagt er. "Früher fanden die Firmen niemanden, der genau das konnte, was sie brauchten. Da bekamst Du eine Einarbeitungszeit. Aber heute gibt es keine Einarbeitungszeit mehr. Heute finden die irgendwo in Deutschland jemanden, der genau das schon gemacht hat, was sie brauchen. Also nehmen sie den Deutschen." Ich lauschte interessiert. Bei uns arbeiten sehr wohl auch Deutsche. Aber ich habe schon lange keine Stelle mehr gesucht. Ich habe noch nicht gelernt, in Konkurrenz mit Deutschen zu stehen. Ich fragte ihn: "Könntest Du Dir denn vorstellen, in Deutschland zu arbeiten? Ich meine: Wenn die dort jemanden suchen würden, der genau das kann, was Du kannst, dann wäre das das Logischste."
"Eigentlich nicht", sagte er, "Ich bin viel herumgekommen. Ich weiss, dass es mir in der Schweiz gefällt. Ich bleibe hier, wenn ich kann."
Alle vier zusammen, merkten wir überrascht, deckten wir zwei Generationen Geschichte ab.
Unsere Gastgeberin (Jahrgang 1970)
Ein Freund von ihr (Jahrgang 1975)
Herr T. (Jahrgang 1958)
Und Frau Frogg (Jahrgang 1965)
Ich habe seit Jahren keinen Abend mehr in den Bergen verbracht. Um 16 Uhr leerten sich die Wanderautobahnen. Wir waren allein inmitten von frisch ergrünten Alpweiden im Abendlicht. Da war so viel Platz, so viel Luft zum Atmen!
Und Zeit zum Reden! Der Freund war auf einem anderen Kontinent aufgewachsen und erst kurz vor der Matur in die Schweiz gekommen. Herr T. musste zur Kenntnis nehmen, dass der junge Mann rein gar nichts über die Achtziger-Unruhen in Zürich wusste. Aber er war interessiert. Was für eine Gelegenheit für unseren Hardcore-Altlinken T., seine Erinnerungen an jene Zeiten wieder aufleben zu lassen! Er erzählte von der Sturheit der Zürcher Behörden damals. Dass nur reine Zerstörungswut Fortschritte im Kampf um Raum für die Jugend gebracht habe. "Erst das Bild von der Bahnhofstrasse mit zertrümmerten Scheiben um die Welt ging, ging es endlich vorwärts." Den Schluss brachte er, wie immer, nachdenklich: "In jener Zeit reiste ich einmal nach Mexiko. Dort hat man mich ständig gefragt, warum die Leute in Zürich randalierten. In Zürich! Ich konnte es ihnen nicht erklären. Ich meine: Wie erklärt man Leuten in Mexiko, warum die Leute im reichsten Land der Welt ihre grösste Stadt in Trümmer legen?"
Später erzählte der Freund. Er ist Akademiker, arbeitet in der Industrie und sucht gerade eine neue Stelle. "Es ist nicht so einfach wie früher", sagt er. "Früher fanden die Firmen niemanden, der genau das konnte, was sie brauchten. Da bekamst Du eine Einarbeitungszeit. Aber heute gibt es keine Einarbeitungszeit mehr. Heute finden die irgendwo in Deutschland jemanden, der genau das schon gemacht hat, was sie brauchen. Also nehmen sie den Deutschen." Ich lauschte interessiert. Bei uns arbeiten sehr wohl auch Deutsche. Aber ich habe schon lange keine Stelle mehr gesucht. Ich habe noch nicht gelernt, in Konkurrenz mit Deutschen zu stehen. Ich fragte ihn: "Könntest Du Dir denn vorstellen, in Deutschland zu arbeiten? Ich meine: Wenn die dort jemanden suchen würden, der genau das kann, was Du kannst, dann wäre das das Logischste."
"Eigentlich nicht", sagte er, "Ich bin viel herumgekommen. Ich weiss, dass es mir in der Schweiz gefällt. Ich bleibe hier, wenn ich kann."
Alle vier zusammen, merkten wir überrascht, deckten wir zwei Generationen Geschichte ab.
diefrogg - 31. Mai, 21:33
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