Die grosse Marke Opel
In den letzten Tagen muss ich oft an Grossvater Walholz denken. Immer dann, wenn ich die News über Opel lese. Ich höre, wie der Grossvater in seinem Grab leise vor sich hinschimpft. Er spricht von Gangstern, die "seine" Autos kaputtmachen - "diä Gangschter us Amerika" grumbelt er in seinem breiten Solothurner Dialekt.
Mein Grossvater, Bäcker Eugen Walholz der Zweite, war ein Opel-Fahrer. Er fuhr mit Stolz und Überzeugung einen Opel Rekord.
(Quelle: wikimedia.org, Grossvaters Auto war hellblau)
Schon sein Vater, Eugen Walholz der Erste, hatte schliesslich einen Opel gefahren. Ja, die Familie Walholz war eine Opel-Familie. Das merkte auch Schwiegerson Anton Frogg, als er 1964 Trudi Walholz ehelichte. Sein erstes Auto war zwar eine Diane, ein Citroen. Doch als seine Karriere weit genug gediehen war, stellte auf Opel um - wenn auch nur auf einen Corsa. Denn Anton Frogg sah in seinem Auto stets das, was er auch in all seinen anderen Dingen sah: Sparpotenzial. Aber ein Opel musste es sein.
Tochter Frogg weiss zwar um den mittlerweile etwas ramponierten Ruf der Produkte Marke Opel. Sie seien hässlich, heisst es. Aber die Frogg gehört nicht zu den Leuten, die mit einem Auto angeben müssen. Sie muss nur hie und da schnell und günstig von A nach B kommen und ist deshalb Mobility-Mitglied. Da bekommt sie schon mal einen Corsa untergeschoben. Der fährt mit wenig Benzin, beschleunigt für seine bescheidene Grösse ganz hübsch und sitzt bequem auf der Strasse. Wenn sie in so einen einsteigt, reiht sie sich im Geiste jedesmal freudig in die Ahnengalerie der Frogg-Walholz'schen Opelfahrer ein. Und gleich darauf muss sie im Auto drin nicht jedesmal den Lichtschalter, die Scheibenwischer und die Heizungsregler suchen. Denn sie stammt aus einer Opel-Familie und weiss, wo sie das Zeug findet. Was will man mehr?
Man kann also lange behaupten, der Markenfetischismus sei eine Erfindung des späten 20. Jahrhunderts. Es ist einfach nicht wahr. Marken demonstrierten schon Mitte des 20. Jahrhunderts den Status ganzer kleinbürgerlicher Kleinfamilien. Sie stifteten Identität. Auch Opel. Wir waren eine Opel-Familie, und wir hatten einen emotionale Bezug zu unserem Fahrzeug.
Wir waren ausserdem eine PTT-Familie. Denn Mutter und Vater Frogg arbeiteten bei der PTT, und zwar bei der Post. Dort hatten sie sich auch kennen gelernt.
Aber die Post ist ja auch nicht mehr, was sie einmal gewesen ist.
So wenden wir uns von den vertrauten Marken ab und neuen zu. Macht ja nichts. Zum Glück haben wir genügend immaterielle Güter, die uns als Familie zusammen halten.
Im Grunde weiss das keiner besser als Grossvater Walholz.
Mein Grossvater, Bäcker Eugen Walholz der Zweite, war ein Opel-Fahrer. Er fuhr mit Stolz und Überzeugung einen Opel Rekord.
(Quelle: wikimedia.org, Grossvaters Auto war hellblau)
Schon sein Vater, Eugen Walholz der Erste, hatte schliesslich einen Opel gefahren. Ja, die Familie Walholz war eine Opel-Familie. Das merkte auch Schwiegerson Anton Frogg, als er 1964 Trudi Walholz ehelichte. Sein erstes Auto war zwar eine Diane, ein Citroen. Doch als seine Karriere weit genug gediehen war, stellte auf Opel um - wenn auch nur auf einen Corsa. Denn Anton Frogg sah in seinem Auto stets das, was er auch in all seinen anderen Dingen sah: Sparpotenzial. Aber ein Opel musste es sein.
Tochter Frogg weiss zwar um den mittlerweile etwas ramponierten Ruf der Produkte Marke Opel. Sie seien hässlich, heisst es. Aber die Frogg gehört nicht zu den Leuten, die mit einem Auto angeben müssen. Sie muss nur hie und da schnell und günstig von A nach B kommen und ist deshalb Mobility-Mitglied. Da bekommt sie schon mal einen Corsa untergeschoben. Der fährt mit wenig Benzin, beschleunigt für seine bescheidene Grösse ganz hübsch und sitzt bequem auf der Strasse. Wenn sie in so einen einsteigt, reiht sie sich im Geiste jedesmal freudig in die Ahnengalerie der Frogg-Walholz'schen Opelfahrer ein. Und gleich darauf muss sie im Auto drin nicht jedesmal den Lichtschalter, die Scheibenwischer und die Heizungsregler suchen. Denn sie stammt aus einer Opel-Familie und weiss, wo sie das Zeug findet. Was will man mehr?
Man kann also lange behaupten, der Markenfetischismus sei eine Erfindung des späten 20. Jahrhunderts. Es ist einfach nicht wahr. Marken demonstrierten schon Mitte des 20. Jahrhunderts den Status ganzer kleinbürgerlicher Kleinfamilien. Sie stifteten Identität. Auch Opel. Wir waren eine Opel-Familie, und wir hatten einen emotionale Bezug zu unserem Fahrzeug.
Wir waren ausserdem eine PTT-Familie. Denn Mutter und Vater Frogg arbeiteten bei der PTT, und zwar bei der Post. Dort hatten sie sich auch kennen gelernt.
Aber die Post ist ja auch nicht mehr, was sie einmal gewesen ist.
So wenden wir uns von den vertrauten Marken ab und neuen zu. Macht ja nichts. Zum Glück haben wir genügend immaterielle Güter, die uns als Familie zusammen halten.
Im Grunde weiss das keiner besser als Grossvater Walholz.
diefrogg - 18. Nov, 12:56
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