4
Okt
2008

Baader Meinhof

Ich war noch ein Kind, als die RAF wütete. Meine Grosseltern reichten uns jeweils den "Stern" und die "Bunte" weiter, und deshalb erinnere ich mich an die Serien von Fahndungsbildern auf den Frontseiten von anno dazumal. Als Hanns Martin Schleyer entführt wurde, war ich 12. Ich erinnere mich, dass darüber am Radio und im Fernsehen ständig berichtet wurde. Acqua, mit der ich gestern Abend den Baader-Meinhof-Komplex im Kino gesehen habe, ist ein paar Jahre jünger als ich. "Ich habe richtig Angst vor den Terroristen gehabt", sagte sie. Merwürdigerweise hatte ich keine Angst. Für mich war der Terrorismus etwas, was weit weg stattfand. In Deutschland. Eine Magazin-Story in Schwarz, Grau und Rot.



Ich erinnere ich mich aber, dass damals auch auf Schweizer Bahnhöfen Fahndungsbilder der RAF-Terroristen hingen. Ich weiss noch, dass klein Moni Frogg die Fotos nachdenklich anschaute und sich fragte, ob sie diese Menschen wiedererkennen würde, wenn sie sie irgendwo sähe.

Später, als Studentin, verstand ich mich als Linke. Ich demonstrierte ab und an. Für das Jugendzentrum Zaffaraya in Bern. Für die Reitschule und andere alternative Jugendzentren.

Später fand ich demonstrieren pubertär und jene, die es taten, im Vergleich zu uns damals ein bisschen, naja, epigonal.

Der Film von gestern hat mich richtig verstört. Ein wenig, weil mir plötzlich so viel klarer wurde, dass ja schon unsere Demos damals in der Tradition der 68-er standen. Dass also auch wir schon Epigonen waren. Ein bisschen mehr deshalb, weil es offenbar in den 60-er Jahren noch Menschen gab, die tiefen Anteil nahmen an dem, was anderen Menschen auf der anderen Seite der Erdkugel passierte. Sie setzten sich für die Vietnamesen ein. Den meisten von uns aber geht es am Arsch vorbei, wenn im Irak, im Gaza-Streifen, im Sudan und weiss der Teufel wo sonst noch Menschen in Kriegen ihr Leben lassen. In Kriegen noch dazu, bei denen der Westen mehr als ein Wörtchen mitredet.

Am meisten aber hat er mich verstört, weil ich mich voller Entsetzen fragte, wie aus so viel Idealismus eine solche Katastrophe werden kann. Leider trägt der Film wenig zur Beantwortung dieser Frage bei. Er will zu viel erzählen. Er donnert mit seinem Tempo Emotionen zu. So schnell, dass ich immer noch nicht nachvollziehen kann, warum die kluge Ulrike Meinhof Wortführerin einer Terroristentruppe wird.

Aber vielleicht ist das ja zu viel verlangt. Vielleicht genügt der Film als das, was er ist: ein eindrückliches Plädoyer gegen die Gewalt.
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