Unser Freund in Pamukkale
In Pamukkale fanden wir ein richtiges Landidyll: Das Motel Vier Jahreszeiten. Ich habe in der Türkei zwar luxuriösere Zimmer gesehen. Aber die Wirtsfamilie war unübertrefflich freundlich und ihr Garten eine Oase der Musse. Über dem Swimming Pool kreisten die Schwalben, darum herum standen Granatapfelbäume.
Der Wirt riet uns, den berühmten weissen Berg am frühen Morgen zu besteigen. Nachher sei es zu heiss und würde nur so wimmeln vor Touristen. Wir beherzigten seinen Rat und brachen gegen sechs Uhr früh auf. Es sollte ein abenteuerlicher Aufstieg werden. Schon an der ersten Strassenkreuzung begegnete uns ein Hund. Ein verdreckter Köter, der heftig mit dem Schwanz wedelte und ab und zu um sich schnappte. Er folgte uns. Liess sich nicht ignorieren und auch nicht abschütteln. Schliesslich tätschelte Herr T. ihm vorsichtig den Kopf und sagte: „So, geh jetzt endlich nach Hause, Du dummer Hund!“ Da war es definitiv um den Köter geschehen. Sofort adoptierte er Herrn T. und wich fortan kaum noch von seiner Seite.
Der Kassenwart am Fuss des Berges verkaufte uns gern eine Eintrittskarte, der Hund kümmerte ihn nicht. So betraten wir die berühmten Sinterterrassen von Pamukkale zu dritt. Wir waren die ersten an jenem Morgen.
Herr T. regte sich zunächst noch ein bisschen auf, wenn unser neuer Kumpel wieder einmal um sich schnappte. Bald aber sagte er: „Wahrscheinlich schnappt er bloss nach seinen eigenen Flöhen.“ Die Frogg hielt den Hund dagegen auf vorsichtiger Distanz. Mit Tierliebe ist unsere Frogg noch nie in hohem Masse gesegnet gewesen. Da der Hund und ich nun aber gemeinsam Herrn T.s Rudel bildeten, musste ich mich wohl oder übel mit ihm arrangieren. Für den Notfall nahm ich einen Stein in die Hand. Nur für den Notfall. Ich brauchte ihn nicht. Einstweilen.
Vielmehr begannen wir uns für die phantastische Landschaft um uns herum zu interessieren.
Der Berg sieht aus wie ein Gletscher. Aber der Gletscher ist aus aus körnigem Stein, durchflossen von Wasser aus heissen Quellen. Der Hund tollte ein bisschen darin herum, verrichtete auch mal seine Notdurft auf das Unesco-Welterbe. Der Aufstieg dauerte zehn Minuten. Oben winkte uns ein Polizist zu. Erst der zweite Mensch, den wir an diesem Morgen sahen.
"Scheibenhonig!", dachte die Frogg. Jetzt bekommen wir Ärger wegen dem Hund. Doch weit gefehlt. Der Ordnungshüter wollte uns nur darauf aufmerksam machen, dass wir unsere Schuhe auszuziehen hätten. Als wir das getan hatten, verschwand er. Über mangelnde Gesellschaft brauchten wir uns dennoch bald nicht mehr zu beklagen. Aus einem Wäldchen kam ein ganzes Hunderudel angetrabt. Hier zwei von ihnen:
Insgesamt waren es vier oder fünf Stück. Sie beschnupperten unseren Kumpel und tollten ein bisschen mit ihm herum. Wir dachten derweil, wir könnten uns jetzt unauffällig aus dem Staub machen und in aller Ruhe die antike Stadt Hierapolis hier oben besichtigen.
Aber weit gefehlt. Kumpel folgte Herrn T. unbeirrbar und die anderen Hunde hefteten sich an Kumpels Fersen. Als wir die Ruinen der Stadtmauer erreichten, begannen sie, die Hackordnung im Rudel festzulegen. Kumpel kam schlecht weg: Zeitweise umkreisten die anderen ihn zu viert, knurrten ihn an, und ihm blieb nichts anderes übrig als den Nacken zu beugen. Wir hätten hier oben hundesoziologische Studien machen können.
Doch dann wurden die Kerle aufdringlich. Interessierten sich viel zu sehr für uns. Eine alte Hündin gesellte sich zu ihnen, eine Riesin mit riesigen Zitzen. Sie sah gefährlich aus. Selbst Herr T. griff jetzt zu einem Stein und gebrauchte ihn - wenn er auch nur auf die Pfoten der Angreifer zielte. So gelang es uns eine Weile, die Bestien auf Distanz zu halten. Doch unser Kumpel folgte uns unbeirrt. Klar. Für ihn waren wir als Rudel attraktiver als seine hierarchieversessenen Artgenossen, mutmassten wir. Und ausserdem erhoffte er sich von uns wohl bald einmal eine Fütterung.
Und nach ihm kamen stets auch die anderen. "Wir werden sie nur los, wenn wir unseren Kumpel vertreiben. Ich meiner richtig. Mit Steinen", analysierte die Frogg die Situation. Aber das brachte Herr T. nicht übers Herz. Und die Frogg eigentlich auch nicht, wenn sie sichs richtig überlegte. Nur: Mit sechs streunenden Hunden im Schlepptau durch eine antike Stadt zu spazieren ist nicht wirklich das Wahre. Und Hilfe, etwa in Gestalt von Parkwärtern, war weit und breit keine in Sicht.
Kurzum: Die Situation war beunruhigend. Als wir das Amphitheater erreichten, dürfte mein Gesicht so ausgesehen haben wie diese in Stein gehauene Maske am Eingang.
Seltsamerweise verschwanden hier aber plötzlich unsere neuen Begleiter wie ein Spuk. Auch Kumpel war weg.
Erst als wir das Amphitheater betreten hatten, fand wir sie alle wieder. Hier wurde auch klar, weshalb sie abgehauen waren: Sie hatten sich neue Touristen angelacht. Hier, auf den Publikumsplätzen, hatte sich eine Frühaufstehergruppe aus Osteuropa breit gemacht. Ideal für unsere Begleiter. Kumpel hatte schon ein neues Herrchen adoptiert, ein Russenkind. Er reagierte nicht einmal mehr, als wir ihm "tschüss!" winkten.
Ein paar Minuten lang vermisste ich ihn richtig, den untreuen Gesellen!
Der Wirt riet uns, den berühmten weissen Berg am frühen Morgen zu besteigen. Nachher sei es zu heiss und würde nur so wimmeln vor Touristen. Wir beherzigten seinen Rat und brachen gegen sechs Uhr früh auf. Es sollte ein abenteuerlicher Aufstieg werden. Schon an der ersten Strassenkreuzung begegnete uns ein Hund. Ein verdreckter Köter, der heftig mit dem Schwanz wedelte und ab und zu um sich schnappte. Er folgte uns. Liess sich nicht ignorieren und auch nicht abschütteln. Schliesslich tätschelte Herr T. ihm vorsichtig den Kopf und sagte: „So, geh jetzt endlich nach Hause, Du dummer Hund!“ Da war es definitiv um den Köter geschehen. Sofort adoptierte er Herrn T. und wich fortan kaum noch von seiner Seite.
Der Kassenwart am Fuss des Berges verkaufte uns gern eine Eintrittskarte, der Hund kümmerte ihn nicht. So betraten wir die berühmten Sinterterrassen von Pamukkale zu dritt. Wir waren die ersten an jenem Morgen.
Herr T. regte sich zunächst noch ein bisschen auf, wenn unser neuer Kumpel wieder einmal um sich schnappte. Bald aber sagte er: „Wahrscheinlich schnappt er bloss nach seinen eigenen Flöhen.“ Die Frogg hielt den Hund dagegen auf vorsichtiger Distanz. Mit Tierliebe ist unsere Frogg noch nie in hohem Masse gesegnet gewesen. Da der Hund und ich nun aber gemeinsam Herrn T.s Rudel bildeten, musste ich mich wohl oder übel mit ihm arrangieren. Für den Notfall nahm ich einen Stein in die Hand. Nur für den Notfall. Ich brauchte ihn nicht. Einstweilen.
Vielmehr begannen wir uns für die phantastische Landschaft um uns herum zu interessieren.
Der Berg sieht aus wie ein Gletscher. Aber der Gletscher ist aus aus körnigem Stein, durchflossen von Wasser aus heissen Quellen. Der Hund tollte ein bisschen darin herum, verrichtete auch mal seine Notdurft auf das Unesco-Welterbe. Der Aufstieg dauerte zehn Minuten. Oben winkte uns ein Polizist zu. Erst der zweite Mensch, den wir an diesem Morgen sahen.
"Scheibenhonig!", dachte die Frogg. Jetzt bekommen wir Ärger wegen dem Hund. Doch weit gefehlt. Der Ordnungshüter wollte uns nur darauf aufmerksam machen, dass wir unsere Schuhe auszuziehen hätten. Als wir das getan hatten, verschwand er. Über mangelnde Gesellschaft brauchten wir uns dennoch bald nicht mehr zu beklagen. Aus einem Wäldchen kam ein ganzes Hunderudel angetrabt. Hier zwei von ihnen:
Insgesamt waren es vier oder fünf Stück. Sie beschnupperten unseren Kumpel und tollten ein bisschen mit ihm herum. Wir dachten derweil, wir könnten uns jetzt unauffällig aus dem Staub machen und in aller Ruhe die antike Stadt Hierapolis hier oben besichtigen.
Aber weit gefehlt. Kumpel folgte Herrn T. unbeirrbar und die anderen Hunde hefteten sich an Kumpels Fersen. Als wir die Ruinen der Stadtmauer erreichten, begannen sie, die Hackordnung im Rudel festzulegen. Kumpel kam schlecht weg: Zeitweise umkreisten die anderen ihn zu viert, knurrten ihn an, und ihm blieb nichts anderes übrig als den Nacken zu beugen. Wir hätten hier oben hundesoziologische Studien machen können.
Doch dann wurden die Kerle aufdringlich. Interessierten sich viel zu sehr für uns. Eine alte Hündin gesellte sich zu ihnen, eine Riesin mit riesigen Zitzen. Sie sah gefährlich aus. Selbst Herr T. griff jetzt zu einem Stein und gebrauchte ihn - wenn er auch nur auf die Pfoten der Angreifer zielte. So gelang es uns eine Weile, die Bestien auf Distanz zu halten. Doch unser Kumpel folgte uns unbeirrt. Klar. Für ihn waren wir als Rudel attraktiver als seine hierarchieversessenen Artgenossen, mutmassten wir. Und ausserdem erhoffte er sich von uns wohl bald einmal eine Fütterung.
Und nach ihm kamen stets auch die anderen. "Wir werden sie nur los, wenn wir unseren Kumpel vertreiben. Ich meiner richtig. Mit Steinen", analysierte die Frogg die Situation. Aber das brachte Herr T. nicht übers Herz. Und die Frogg eigentlich auch nicht, wenn sie sichs richtig überlegte. Nur: Mit sechs streunenden Hunden im Schlepptau durch eine antike Stadt zu spazieren ist nicht wirklich das Wahre. Und Hilfe, etwa in Gestalt von Parkwärtern, war weit und breit keine in Sicht.
Kurzum: Die Situation war beunruhigend. Als wir das Amphitheater erreichten, dürfte mein Gesicht so ausgesehen haben wie diese in Stein gehauene Maske am Eingang.
Seltsamerweise verschwanden hier aber plötzlich unsere neuen Begleiter wie ein Spuk. Auch Kumpel war weg.
Erst als wir das Amphitheater betreten hatten, fand wir sie alle wieder. Hier wurde auch klar, weshalb sie abgehauen waren: Sie hatten sich neue Touristen angelacht. Hier, auf den Publikumsplätzen, hatte sich eine Frühaufstehergruppe aus Osteuropa breit gemacht. Ideal für unsere Begleiter. Kumpel hatte schon ein neues Herrchen adoptiert, ein Russenkind. Er reagierte nicht einmal mehr, als wir ihm "tschüss!" winkten.
Ein paar Minuten lang vermisste ich ihn richtig, den untreuen Gesellen!
diefrogg - 8. Aug, 11:03
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