26
Jul
2008

Ich kapituliere

Wir liegen flach unter einem Sonnenschirm in der Nähe von Ayvalık. Es ist der Nachmittag nach unserem Frühstücksgespräch über die unheimliche Stimme. Die Hitze hat Herrn T. und mich plattgewalzt. Das Thermometer muss bei die 40 Grad stehen. Noch gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich wunderbar. Genau wie Ferien im Mittelmeer sein sollen! Das Meer ist kühl und glasklar und wirft perfekte Wellen. Auch der Sonnenschirm ist ok und erst noch günstig. Die Strandlektüre ist tiptop, zwei hoch interessante Bücher über die Türkei. Und neben mir liegt eine halbvolle Plastiktüte mit frischen Früchten. Zwei Nektarinen, Aprikosen und Kirschen. Und Kirschen in der Türkei... die schmecken genauso wie Kirschen schmecken sollen: so süss und so gross und so voll von einer Wärme, von der wir zu Hause nur träumen können.

Das hier wäre das Paradies. Wäre. Nur... die Frogg ist nicht wirklich zufrieden. Denn die Frogg ist im Grunde nicht der Typ fürs Ferienparadies.

Die Frogg ist ein anderer Typ. Und, typisch Frogg, sie hat auch eine Theorie dafür. Sie hat sie abgekupfert von einem längst verlorenen irischen Reisegefährten. Der hatte die Theorie wiederum aus einem Roman von David Lodge*. "Wer reist", sagte der Irische Kumpel einmal, "sucht entweder das Paradies. Oder er ist ein Pilgerer."

Und die Frogg ist eher ein Pilgerer, pardon, eine Pilgerin. Sie will wissen. Sie will verstehen. Sie will Fragen stellen und Antworten bekommen. Sich vertiefen. Sie sucht. Dafür ist sie auch bereit, sich anzustrengen. Nicht umsonst hat sie zwei senkrechte Denkfalten über der Nase. Einfach dasitzen und es sich gutgehen lassen... das ist doch langweilig!

Sie hat hier den Rand von Europa gesucht, das Andere, das Wissen darüber wer sie ist und wer die anderen sind. Was den Unterschied macht und ob es doch Gemeinsamkeiten gibt. Dafür hat sie ein paar Bücher gelesen und ein paar Wörter türkisch gelernt. Und geglaubt, dass sie in drei Wochen irgend etwas begreift. Aber bei dem Gespräch an diesem Morgen ist ihr klargeworden: Hier geht das nicht. Hier ist das viel zu wenig. Oder viel zu viel.

"Ich kapituliere", sagt sie leise zu Herrn T. Dann blickt sie wieder aufs Meer hinaus, auf Wellen und den Händler mit den Früchten, von denen sie schon weiss, wie sie heissen: "kiraz". Versucht zu akzeptieren, dass nicht auf Pilgerreise ist. Sondern im Paradies. Nicht mehr und nicht weniger.


*Wenn ich einmal Zeit habe, werde ich das passende Zitat suchen, versprochen!

Füsse

Bevor ichs endgültig vergesse: Madame nanou zeigt auf ihrer Webpage Füsse. Unter anderem Fröschinnenfüsse. Ihr könnt raten, welches Bild zur Frogg gehört. Ich selber rate immer noch, wer in der Sammlung sonst noch alles seine Füsse räkelt!
logo

Journal einer Kussbereiten

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Impressum

LeserInnen seit dem 28. Mai 2007

Technorati-Claim

Archiv

Juli 2008
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 3 
 4 
 5 
 7 
10
11
13
14
15
21
24
25
27
28
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Kommentar
Liebe Frau frogg, schauen Sie bitte bei WordPress...
Freni - 28. Nov, 20:21
Ein schreckliches Tal
Soglio im Bergell, Oktober 2013. Was habe ich Freunde...
diefrogg - 6. Okt, 20:27
Liebe Rosenherz
Danke für diesen Kommentar, eine sehr traurige Geschichte....
diefrogg - 11. Jan, 15:20
Ja, die selektive Wahrnehmung...
auch positives oder negatives Denken genannt. In den...
diefrogg - 9. Jan, 18:14
liebe frau frogg,
ein bisschen versuch ich es ja, mir alles widrige mit...
la-mamma - 5. Jan, 14:04

Status

Online seit 7364 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 17. Sep, 17:51

Credits


10 Songs
an der tagblattstrasse
auf reisen
bei freunden
das bin ich
hören
im meniere-land
in den kinos
in den kneipen
in den laeden
in frogg hall
kaputter sozialstaat
kulinarische reisen
luzern, luzern
mein kleiner
offene Briefe
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren