Schweizer Song wieder entdeckt
Ich habe seit meiner Jugend nicht gesungen. Ich war ja immer der Meinung: Singen und Gitarre spielen überlässt man besser jenen, die es richtig gut können. Musik braucht schliesslich ein Publikum. Da gehöre ich hin, wenn es um Musik geht. Zum Publikum.
Aber gestern Abend holte Veronika ihre Gitarrre, und wir sangen mit den Kindern. Das hat Spass gemacht. Jetzt finde ich, mit Kindern solte man singen. Unbedingt.
Ich stellte fest, dass sich das Liedgut der Schweizer Jugend in den letzten Jahren nur leicht verändert hat: So haben ein paar Abba-Songs haben ihren Weg in den Kanon gefunden. Fest zum Repertoire gehört dagegen immer noch "Ramseyers wei go grase"* Zum Glück! Zwar verstand ich den Text (hier ist er) schon als Kind nicht recht. Schliesslich war ich ein Stadtkind und hatte keine Ahnung vom Grasen. Was etwa bedeutet: "Der Ältischt geit a d'Schtange"? Keine Ahnung. Macht nichts. Man versteht als Kind, dass der älteste Bub einen Fehler macht und den Grossvater in Rage versetzt. Er hängt den Kindern einen Schlötterling** an, und diese wehren sich gemeinsam. Oder so ähnlich.
Der Song hat eine typische Schweizer Emotion auf wunderbar fröhliche Weise konserviert: Ärger. Man kann richtig Gas geben beim Singen und furchtbar böse dreinschauen.
Deshalb eignet er sich auch gut für Rock- und Hiphop-Neu-Interpretationen, wie ich bei meiner kleine Youtube-Recherche festgestellt habe.
Das hat offenbar auch eine bekannte Schweizer Apfelsaft-Firma gemerkt.
Demnächst werde ich meine fast vergessene Gitarre bei meinen Eltern holen.
* "Ramseyers wollen Heu ernten gehen"
** Beschimpfung
Aber gestern Abend holte Veronika ihre Gitarrre, und wir sangen mit den Kindern. Das hat Spass gemacht. Jetzt finde ich, mit Kindern solte man singen. Unbedingt.
Ich stellte fest, dass sich das Liedgut der Schweizer Jugend in den letzten Jahren nur leicht verändert hat: So haben ein paar Abba-Songs haben ihren Weg in den Kanon gefunden. Fest zum Repertoire gehört dagegen immer noch "Ramseyers wei go grase"* Zum Glück! Zwar verstand ich den Text (hier ist er) schon als Kind nicht recht. Schliesslich war ich ein Stadtkind und hatte keine Ahnung vom Grasen. Was etwa bedeutet: "Der Ältischt geit a d'Schtange"? Keine Ahnung. Macht nichts. Man versteht als Kind, dass der älteste Bub einen Fehler macht und den Grossvater in Rage versetzt. Er hängt den Kindern einen Schlötterling** an, und diese wehren sich gemeinsam. Oder so ähnlich.
Der Song hat eine typische Schweizer Emotion auf wunderbar fröhliche Weise konserviert: Ärger. Man kann richtig Gas geben beim Singen und furchtbar böse dreinschauen.
Deshalb eignet er sich auch gut für Rock- und Hiphop-Neu-Interpretationen, wie ich bei meiner kleine Youtube-Recherche festgestellt habe.
Das hat offenbar auch eine bekannte Schweizer Apfelsaft-Firma gemerkt.
Demnächst werde ich meine fast vergessene Gitarre bei meinen Eltern holen.
* "Ramseyers wollen Heu ernten gehen"
** Beschimpfung
diefrogg - 9. Jun, 10:54
9 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
acqua - 9. Jun, 20:05
Du erinnerst mich an was: Ich muss mit den Mädels unbedingt wieder mehr singen! Bis vor ein paar Monaten taten wir das nämlich oft.
diefrogg - 9. Jun, 21:32
Unbedingt!
rosawer - 10. Jun, 11:19
Stangen und Stangen
Das Video ist ja grandios! Gerade die verschiedenen Interpretationen von "Stange" - wobei die Jungs sich ja noch zurückgehalten haben ... Ich erinnere mich daran, dass man im Entlebuch der 70er Jahre (vielleicht auch heute noch?) Heuhaufen sehen konnte, aus deren Mitte ein lange Stange ragte. Es handelt sich dabei - meines Wissens, das nicht unbedingt gesichert ist - um eine Heubündelungs-Technik, bei der der Stärkste mit der Stange das Heu "aufspießt". Oder so. Wenn "der Älteste" also die Stange loslässt, bevor das Heu aufgesammelt, angeordnet und die Stange in den Boden gesteckt ist, dann fällt das Heu auseinander und man muss wieder von vorne anfangen. Besonders wenn Regen droht - und der droht in jeder Heusaison täglich, verläuft die Heuernte in ziemlicher Hektik und unter Druck. Vielleicht wissen da aber unsere Väter noch etwas mehr darüber?
diefrogg - 10. Jun, 15:15
Nicht nur bei der Stange,
auch beim Thema "Gras" haben sie sich zurückgehalten ;) Jetzt, wo Du das Entlebuch erwähnst, fällt bei mir ENDLICH der Groschen, und ich glaube zu wissen, wer Du bist, rosa!
Ich werde meinen Vater fragen wegen der Stange! Der wird es wissen!
Interessanterweise bedient sich der Streifen bei den genau gleichen Vorstellungen von verchnorzten, Stumpen rauchenden Chutteliträgern wie wir sie vor 25 Jahren hatten. Das Revival der Volksmusik hat offenbar das Herz von Zürich nicht erfasst! Dort lebt weiter die Gegenkultur. Darüber können wir froh sein!
Ich werde meinen Vater fragen wegen der Stange! Der wird es wissen!
Interessanterweise bedient sich der Streifen bei den genau gleichen Vorstellungen von verchnorzten, Stumpen rauchenden Chutteliträgern wie wir sie vor 25 Jahren hatten. Das Revival der Volksmusik hat offenbar das Herz von Zürich nicht erfasst! Dort lebt weiter die Gegenkultur. Darüber können wir froh sein!
rosawer - 11. Jun, 08:47
mein Vater
meinte gestern abend, das sei ja ein Berner Lied und daher könne er nicht genau sagen, was mit der Stange gemeint sei. Seiner Auffassung nach sei die "Stange" aber eher der Deichsel am Heuwagen: die Stärksten müssen eben an den steilen Hängen (des Gümmeligen Berges) den Wagen vorne an der Deichsel halten und lenken. Und wenn er die Stange fahren lässt, dann kann man sich die Sauerei locker vorstellen ...
Es ist wirklich bemerkenswert, wie hartnäckig sich das Bild vom stumpenrauchenden Großvater hält, wobei ich das Chutteli im Video der drei Jungs (deren Name ich natürlich nicht behalten habe, das gelingt mir nie) als stärker folkorisierend empfinde. Wenn man sich die anderen Videos aus dem Ramseyer-Wettbewerb anschaut, übrigens, kommt der Stumpen ganz häufig vor. Da weist alles auf ein Forschungsprojekt über Stereotypen zum Gümliger Grossätti und den identitätsstiftenden Funktionen in der heutigen Jugend hin ..... genau das richtige Hobby für mich als Afrikanistin ...
für Veronikaha zu den Schweizer Kinderliedern: Linard Bardill hat auch ganz wunderbare Geschichten von Gimli dem Zwerg aufgenommen, die man teilweise mitsingen kann. Aber besonders gut gefallen mir die "Ohrewürm", ein Sampler mit "modernen" Kinderliedern verschiedener Schweizer Bands, zum Beispiel eine Coverversion von "eico eico" http://www.youtube.com/watch?v=9tYkiJKzB8A&feature=related - da werden so vertraute Kindererinnerungen wach, einfach fantastisch. Oder "uf dr houptschtross do trample nün grossi elefante". Oder vom Mädchen das immer nur lacht und ein bischen bekloppt ist http://www.youtube.com/watch?v=HqNnTffZfPk&feature=related (auf eine ganz andere Art folkloristisch). Oder das Lied wo von "Chuttle, wääk" die Rede ist, wunderbar auch "Hugo" oder "Mamagei und Papagei". Für Sprachspieler auch "einegeligi rissnegeli". Selbst meine Kinder, die leider kein Schweizerdeutsch mehr sprechen, singen sie bis heute begeistert mit - und meine große Tochter wird demnächst 17 Jahre alt!!
Es ist wirklich bemerkenswert, wie hartnäckig sich das Bild vom stumpenrauchenden Großvater hält, wobei ich das Chutteli im Video der drei Jungs (deren Name ich natürlich nicht behalten habe, das gelingt mir nie) als stärker folkorisierend empfinde. Wenn man sich die anderen Videos aus dem Ramseyer-Wettbewerb anschaut, übrigens, kommt der Stumpen ganz häufig vor. Da weist alles auf ein Forschungsprojekt über Stereotypen zum Gümliger Grossätti und den identitätsstiftenden Funktionen in der heutigen Jugend hin ..... genau das richtige Hobby für mich als Afrikanistin ...
für Veronikaha zu den Schweizer Kinderliedern: Linard Bardill hat auch ganz wunderbare Geschichten von Gimli dem Zwerg aufgenommen, die man teilweise mitsingen kann. Aber besonders gut gefallen mir die "Ohrewürm", ein Sampler mit "modernen" Kinderliedern verschiedener Schweizer Bands, zum Beispiel eine Coverversion von "eico eico" http://www.youtube.com/watch?v=9tYkiJKzB8A&feature=related - da werden so vertraute Kindererinnerungen wach, einfach fantastisch. Oder "uf dr houptschtross do trample nün grossi elefante". Oder vom Mädchen das immer nur lacht und ein bischen bekloppt ist http://www.youtube.com/watch?v=HqNnTffZfPk&feature=related (auf eine ganz andere Art folkloristisch). Oder das Lied wo von "Chuttle, wääk" die Rede ist, wunderbar auch "Hugo" oder "Mamagei und Papagei". Für Sprachspieler auch "einegeligi rissnegeli". Selbst meine Kinder, die leider kein Schweizerdeutsch mehr sprechen, singen sie bis heute begeistert mit - und meine große Tochter wird demnächst 17 Jahre alt!!
diefrogg - 12. Jun, 10:22
Wenn Du eine Arbeit...
über Stumpen schreibst, musst Du einen Aspekt unbedingt berücksichtigen: Der Stumpen, pardon die Zigarre, hat vor ein paar Jahren bei unserer städtischen und vorstädtischen SVP (ein Sammelbecken für Kleinunternehmer, Anwälte und Ärzte) ein erstaunliches Revival erlebt.
Für die Musiktipps herzlichen Dank! Die "Ohrewürm" sind hier so bekannt, dass sie sogar bei Kinderlosen ihre Anhänger gefunden haben. Die anderen verfolge ich bei nächster Gelegenheit.
Für die Musiktipps herzlichen Dank! Die "Ohrewürm" sind hier so bekannt, dass sie sogar bei Kinderlosen ihre Anhänger gefunden haben. Die anderen verfolge ich bei nächster Gelegenheit.
veronikaha - 10. Jun, 21:50
...und mit Besuch macht es doppelt Spass!
Eine herrliche Recherche! Werde das Video auch den Kindern zeigen, die führen sich ja wirklich brav auf!
Singen ist also ehrlich gesagt auch nicht unser allabendliches Ritual. Vielleicht geschieht es eher aus Panik der (zu)viel beschäftigten Frau Mama, dass die Kinder zuwenig "echt pädagogisch Wertvolles" abkriegen, weil ich mich auswärts mit fremden Bengeln herumschlage... und es nützt garantiert gegen schlechtes Gewissen, dass ich abends noch putzen sollte.
Auf jeden Fall ist es besonders schön, wenn Besuch mitmacht, komm bald wieder, nächstes Mal also mit Gitarre! Tipp für den Wiedereinstieg, falls du den helvetischen Boden einwenig beackern willst: unsere Kinder hören die CD mit Schweizer Liedern von Linard Bardill gerne. Da hat's das unglaublich tröstliche "oh du liebs Ängali" drauf. Bei Welt-und Herzschmerz dreimal hören: "tue doch nid eso, tue nid so dumm, s'Hüüsli gheit hüt nid umm" und alles rückt wieder an seinen Platz...
Singen ist also ehrlich gesagt auch nicht unser allabendliches Ritual. Vielleicht geschieht es eher aus Panik der (zu)viel beschäftigten Frau Mama, dass die Kinder zuwenig "echt pädagogisch Wertvolles" abkriegen, weil ich mich auswärts mit fremden Bengeln herumschlage... und es nützt garantiert gegen schlechtes Gewissen, dass ich abends noch putzen sollte.
Auf jeden Fall ist es besonders schön, wenn Besuch mitmacht, komm bald wieder, nächstes Mal also mit Gitarre! Tipp für den Wiedereinstieg, falls du den helvetischen Boden einwenig beackern willst: unsere Kinder hören die CD mit Schweizer Liedern von Linard Bardill gerne. Da hat's das unglaublich tröstliche "oh du liebs Ängali" drauf. Bei Welt-und Herzschmerz dreimal hören: "tue doch nid eso, tue nid so dumm, s'Hüüsli gheit hüt nid umm" und alles rückt wieder an seinen Platz...
diefrogg - 12. Jun, 10:23
Na, Du weisst ja,
was ich vom Putzen halte! Erst recht am Feierabend! Dich vom Putzen abzuhalten, ist eine perfekte Entschuldigung für einen baldigen weiteren Besuch! Übrigens freut es mich, dass mein Blog allmählich eine Einrichtung für die ganze Familie wird ;)
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