Im Städtchen
Ich habe mich schon oft gefragt, weshalb die Frogg nie wirklich aus ihrem Städtchen weggezogen ist. Weshalb sie zwar mit dem Gesicht und mit offenen Augen zur Welt gelebt hat. Weshalb sie sich aber immer von ihrer grossen Zuflucht, dem Städtchen Frösch, den Rücken decken liess.
Lag es daran, dass die Leute hier so freundlich sind? Ja, sie sind freundlich. Die Leute hier haben einen breiten Dialekt, die Laute greifen Raum in ihren Mündern. Sie neigen zu einer katholischen Jovialität wie man sie etwa in Irland kennt. Sie haben diese Freude am Schnörren*, am gemeinsamen Trinken und salbadern. Sie glauben, dass etwas Gschnörr, ein paar gute Sprüche, Gelächter, alte Wunden heilt, verzeihen leichter macht und viele Türen öffnet. Sie sind sehr erpicht aufs Schnörren, wenig erpicht aufs Streiten. Früher hat mir das gefallen. Ich liebte es. Heute... Naja, ich kanns immer noch, wenns sein muss.
Das Städtchen ist nicht klein. Aber es ist überschaubar. Ein Gemeinplatz besagt, dass man hier immer Leute trifft, wenn man auf die Gasse geht. Und wenn man mit den alten Freunden nicht mehr so gut kann, so ist sie doch gross genug, dass man ein paar neue findet.
Vor langer Zeit wollte ich weg. Mich neu erfinden. Mich überhaupt erfinden.
Aber ich bin wieder zurückgekommen. Zweimal. Einmal ungern. Ich musste. Einmal kam ich mit einem Lächeln zurück. Ich erfand mich hier.
Vielleicht bin ich auch immer wiedergekommen, weil man in die Fremde nur sich selber mitnehmen kann. Und manche, das hatte die Frogg als Kind gelernt, sind sich selber in schlechten Zeiten ein mieser Tröster, eine Hölle von einer Heimat. Die Frogg hat schon als Kind Menschen gekannt, die sich selber abhanden kamen. Oder allgemeinverständlicher: die den Verstand verloren.
Vielleicht lag es daran. Daraus, dass andere sich verloren haben, hat sie geschlossen, dass auch ihr das passieren könnte. Irrümlicherweise, bislang. Zum Glück. Aber vielleicht war sie deshalb immer sehr vorsichtig damit, sich selber, an die Grenze ihrer Belastbarkeit zu bringen. Die Einsamkeit einer fremden Stadt, das lernte sie schnell, brachte sie nahe an diese Grenzen. Vor ihr floh sie stets gerne in ihr Heim, ihr Städtchen zurück.
Aber die Neugier auf die Fremde ist geblieben. Die Faszination des Unbekannten. Die Frage, was gewesen wäre, wenn...
Was wäre, wenn...
*auf Hochdeutsch etwa: plaudern oder auch herumquatschen.
Lag es daran, dass die Leute hier so freundlich sind? Ja, sie sind freundlich. Die Leute hier haben einen breiten Dialekt, die Laute greifen Raum in ihren Mündern. Sie neigen zu einer katholischen Jovialität wie man sie etwa in Irland kennt. Sie haben diese Freude am Schnörren*, am gemeinsamen Trinken und salbadern. Sie glauben, dass etwas Gschnörr, ein paar gute Sprüche, Gelächter, alte Wunden heilt, verzeihen leichter macht und viele Türen öffnet. Sie sind sehr erpicht aufs Schnörren, wenig erpicht aufs Streiten. Früher hat mir das gefallen. Ich liebte es. Heute... Naja, ich kanns immer noch, wenns sein muss.
Das Städtchen ist nicht klein. Aber es ist überschaubar. Ein Gemeinplatz besagt, dass man hier immer Leute trifft, wenn man auf die Gasse geht. Und wenn man mit den alten Freunden nicht mehr so gut kann, so ist sie doch gross genug, dass man ein paar neue findet.
Vor langer Zeit wollte ich weg. Mich neu erfinden. Mich überhaupt erfinden.
Aber ich bin wieder zurückgekommen. Zweimal. Einmal ungern. Ich musste. Einmal kam ich mit einem Lächeln zurück. Ich erfand mich hier.
Vielleicht bin ich auch immer wiedergekommen, weil man in die Fremde nur sich selber mitnehmen kann. Und manche, das hatte die Frogg als Kind gelernt, sind sich selber in schlechten Zeiten ein mieser Tröster, eine Hölle von einer Heimat. Die Frogg hat schon als Kind Menschen gekannt, die sich selber abhanden kamen. Oder allgemeinverständlicher: die den Verstand verloren.
Vielleicht lag es daran. Daraus, dass andere sich verloren haben, hat sie geschlossen, dass auch ihr das passieren könnte. Irrümlicherweise, bislang. Zum Glück. Aber vielleicht war sie deshalb immer sehr vorsichtig damit, sich selber, an die Grenze ihrer Belastbarkeit zu bringen. Die Einsamkeit einer fremden Stadt, das lernte sie schnell, brachte sie nahe an diese Grenzen. Vor ihr floh sie stets gerne in ihr Heim, ihr Städtchen zurück.
Aber die Neugier auf die Fremde ist geblieben. Die Faszination des Unbekannten. Die Frage, was gewesen wäre, wenn...
Was wäre, wenn...
*auf Hochdeutsch etwa: plaudern oder auch herumquatschen.
diefrogg - 6. Sep, 16:59
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
nedganzbachert - 8. Sep, 19:35
Hab's an drei Tagen ...
... dreimal gelesen.
Wollte etwas dazu schreiben, aber es bildet sich kein Satz aus.
Eine Prise Erkennen, eine Messerspitze Verwunderung, Ein mittleres Lächeln in dünnen Scheiben, eine Portion Respekt. ...
... aber es ist trotzdem noch kein fertiges Gericht.
Werd' noch ein bisschen probieren.
Wollte etwas dazu schreiben, aber es bildet sich kein Satz aus.
Eine Prise Erkennen, eine Messerspitze Verwunderung, Ein mittleres Lächeln in dünnen Scheiben, eine Portion Respekt. ...
... aber es ist trotzdem noch kein fertiges Gericht.
Werd' noch ein bisschen probieren.
diefrogg - 8. Sep, 21:24
Ich warte gern,
Herr ngb, und betrachte ihren Kommentar als grosses Kompliment. Welcher Eintrag wird schon freiwillig dreimal gelesen? Überhaupt: Manchmal sind mir die wohl überlegten Kommentare lieber als die Schnellschüsse.
liatu - 10. Feb, 15:03
gruesse aus dem fremden Land...
beim Lesen dieses Artikels merke ich wieviel ich verloren habe, indem ich mit 23 Jahren fuer immer mein Heimatdorf verlassen habe. Zuerst waren es ja nur ein paar hundert Kilometer, doch dann kam der grosse Sprung in das fremde Land. Ich kann nie mehr zurueck, denn die Menschen, die ich gekannt habe sind auch nicht mehr dort wo sie einmal waren. Alles hat sich veraendert und bevor ich mir das antue, bleibe ich lieber als Auslaenderin in der riesigen, fremden Stadt, die inzwischen ja auch so fremd nicht mehr ist...
diefrogg - 10. Feb, 19:31
Viel verloren?...
Das ist ein für mich ganz seltsamer Gedanke. In meinen unglücklicheren Momenten stelle ich mir vor, dass man in der Fremde nach harter Arbeit so viel gewinnt, dass es den Verlust der Heimat ganz ohne weiteres aufwiegt. Aber wahrscheinlich täusche ich mich ja, und man kann das eine nicht mit dem anderen aufwiegen.
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