Schwerhörig
Mittags esse ich oft in unserer Firmen-Cafeteria. Gestern setzte ich mich zu den Kumpels vom Büro 2.
Ich hatte einen schlechten Tag. Hintergrundlärm hörte ich als lautes Blubbern und Gurgeln und Girren. Als sässe ich in einer überkochenden Pfanne. Lästig. Beängstigend.
Die Kumpels redeten erst über Plattenläden. Da hatte ich natürlich auch etwas beizutragen. Dann kamen sie irgendwie aufs Fernsehen. Oder waren es Computer? Ich weiss es nicht mehr genau. Ich verstand nur noch Wortfetzen. Es interessierte mich nicht. Ich hängte ab. Ich schwieg und ass.
Ich dachte an Tante Nettli.
Es ist immer ein Alptraum von mir gewesen, so zu werden wie Tante Nettli. Tante Nettli taucht jeweils an Familienfesten bei Herrn T. auf. Sie fährt ein mit einem Hündchen namens Johnny, gibt sich zur Begrüssung betriebsam, macht merkwürdige Geräusche und rollt die Augen. Dann setzt sie sich hin und schweigt. Und isst. Und schweigt. Spricht man sie an, reagiert sie verdattert. Irgendwann bringt man dann eine Konversation ohne sie richtig schön zum Laufen. Dann plötzlich erhebt sie das Wort. Sie unterbricht alle und erzählt, dass sie gestern Rösti zum Mittagessen gemacht habe. Aus rohen Kartoffeln. Als sei das das Wichtigste auf der Welt.
Tante Nettli kann nichts dafür. Sie ist extrem schwerhörig - und man hat es viel zu spät gemerkt. Sie hat sich nie an ihre Hörgeräte gewöhnt.
Aber wir haben uns auch schon gefragt: Kommt sie bei unseren Gesprächen nicht mit? Oder will sie nicht mitkommen?
Nie wollte ich so werden wie Tante Nettli.
Aber gestern war ich schon ein bisschen wie Tante Nettli. Ich schwieg. Ich liess mich abhängen. Ich war schwerhörig.
Ich hatte einen schlechten Tag. Hintergrundlärm hörte ich als lautes Blubbern und Gurgeln und Girren. Als sässe ich in einer überkochenden Pfanne. Lästig. Beängstigend.
Die Kumpels redeten erst über Plattenläden. Da hatte ich natürlich auch etwas beizutragen. Dann kamen sie irgendwie aufs Fernsehen. Oder waren es Computer? Ich weiss es nicht mehr genau. Ich verstand nur noch Wortfetzen. Es interessierte mich nicht. Ich hängte ab. Ich schwieg und ass.
Ich dachte an Tante Nettli.
Es ist immer ein Alptraum von mir gewesen, so zu werden wie Tante Nettli. Tante Nettli taucht jeweils an Familienfesten bei Herrn T. auf. Sie fährt ein mit einem Hündchen namens Johnny, gibt sich zur Begrüssung betriebsam, macht merkwürdige Geräusche und rollt die Augen. Dann setzt sie sich hin und schweigt. Und isst. Und schweigt. Spricht man sie an, reagiert sie verdattert. Irgendwann bringt man dann eine Konversation ohne sie richtig schön zum Laufen. Dann plötzlich erhebt sie das Wort. Sie unterbricht alle und erzählt, dass sie gestern Rösti zum Mittagessen gemacht habe. Aus rohen Kartoffeln. Als sei das das Wichtigste auf der Welt.
Tante Nettli kann nichts dafür. Sie ist extrem schwerhörig - und man hat es viel zu spät gemerkt. Sie hat sich nie an ihre Hörgeräte gewöhnt.
Aber wir haben uns auch schon gefragt: Kommt sie bei unseren Gesprächen nicht mit? Oder will sie nicht mitkommen?
Nie wollte ich so werden wie Tante Nettli.
Aber gestern war ich schon ein bisschen wie Tante Nettli. Ich schwieg. Ich liess mich abhängen. Ich war schwerhörig.
diefrogg - 22. Jul, 14:49
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
katiza - 22. Jul, 19:54
Ich denk an Sie, voll Sorge...feste Umarmung!
diefrogg - 22. Jul, 20:11
Danke, katiza!
Ich habe eben an Sie gedacht! Seien Sie auch umarmt! Ich gebe mir alle Mühe, wieder gesund zu sein, wenn Sie uns besuchen!
ConAlma - 23. Jul, 09:32
es schmerzt, solches zu lesen. auch wenn wir uns (noch) nicht von umarmungen kennen.
meine mutter kämpft mit dem hörgerät. sie will es eigentlich nicht, aber ohne ist sie kaum mehr in der welt. an ihr kann ich sehen, wie es sein muss, was sie oben erzählen.
meine mutter kämpft mit dem hörgerät. sie will es eigentlich nicht, aber ohne ist sie kaum mehr in der welt. an ihr kann ich sehen, wie es sein muss, was sie oben erzählen.
diefrogg - 23. Jul, 10:14
Oh ja, Hörgeräte...
Das scheint ein schwieriges Kapitel zu sein, für viele ältere Leute. Ich wünsche Ihrer Mutter, dass sie eine positive Einstellung zu den Engerlingen am Ohr findet. Für mich bedeutet mein eines Stück vor allem eins: mehr Lebensqualität.
Das mit dem Umarmen können wir dann hoffentlich mal noch nachholen.
Das mit dem Umarmen können wir dann hoffentlich mal noch nachholen.
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