20
Jul
2011

Ohrensausen am Morgen

Gestern früh bin ich mit einem Geräusch-Trio im Ohr aufgewacht, das mir gar keine Freude macht: Da waren ein dumpfes Dröhnen; ein merkwürdiges Schaben; und ein filziges Aufdonnern jedesmal, wenn ich den Kopf bewegte. Die Autos draussen huschten wie auf Flügeln vorbei, ganz ohne Tieftöne.

Wenn ich das morgens habe... ganz schlechtes Zeichen. Morgens hatte ich das bisher nur im Herbst 2009, als ich den ersten, wirklich schlimmen Meniere-Schub auf meinem guten Ohr hatte.

Dabei hatte ich am Montagabend noch geglaubt, ich hätte das Schlimmste überstanden; den Schock der abgebrochenen Türkei-Reise überwunden; die postferiale Stresswelle im Büro zum Abebben gebracht; das herannahende Tiefdruckgebiet verkraftet. Das Gehör ging bestens, den ganzen Tag.

Und dann das!

Das Schlimme daran ist, dass es zwei meiner Lieblings-Illusionen an den Klippen der Wirklichkeit zerschellen lässt:

1) dass ich in der Lage bin, mir das Ohrenleiden mit einer vorsichtigen Lebensweise vom Leib zu halten.
2) dass ich den Verlauf der Krankheit einigermassen einschätzen und damit auch ein bisschen steuern kann.

Zu eins: Ich hatte im Büro freudig ein kleines Projekt angenommen, das mir interessant und wenig aufwändig schien. Aber ich hatte mich verkalkuliert: Innert Tagen hatte ich Problemfelder von mehreren Hektaren vor mir. Schnell kam Termindruck. Ich machte auf die Probleme aufmerksam, aber man hörte mir nicht zu. Die Probleme wurden noch grösser. Und so weiter.

Kann man auf die Dauer überhaupt arbeiten, ohne dass solche Dinge passieren? Nein. Ich habe solche Situationen schon ein paarmal erlebt, seit ich wieder arbeite. Nicht jedesmal ist ein Desaster passiert. Aber es kann ein Desaster passieren. Oder ist das Desaster überhaupt nicht deswegen passiert? Sondern wegen etwas anderem? Ich weiss es nicht.

Inzwischen weiss ich aber: Irgendwann werde ich ohnehin taub. Früher oder später.

Abends ging ich spazieren. Ich erinnerte mich an jene fürchterliche Zeit im Winter 2009. Dieses Entsetzen.

Nein, dachte ich. Es ist nicht so schlimm wie damals. Und ich stehe an einem anderen Ort. ICH STEHE AN EINEM ANDEREN ORT!!!

Aber als heute Morgen erwachte ich noch in einen weiteren Tinnitus: ein helles, gellendes Pfeifen. Das ist der schlimmste Tinnitus. Er kündigt schwindende Töne auf Hochton-Frequenzen an. Wenn er kommt, verschwindet nicht selten das Sprachverständnis.

Ich habe ein Cortison eingeworfen, den Arzt angerufen und mir versprochen, ruhig zu bleiben. Ich habe frei. Im Moment kann ich noch Radio hören.

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Jossele - 20. Jul, 16:00

Was soll ich sagen?
Kortison möge helfen, alles Andere möge helfen, und damit bin ich mit meinem Latein.
Daumen haltend.

diefrogg - 20. Jul, 17:46

Oh, danke Jossele!

Das ist sehr liebenswürdig, dass Sie Ihr Latein für mich befragt haben!
walküre - 20. Jul, 18:08

SiDo, schämen Sie sich eigentlich nicht, Werbelinks unter einem solchen Eintrag zu posten ???


Frau Frogg, ich denke mit vielen, vielen guten Wünschen an Sie.
diefrogg - 20. Jul, 18:11

Ich habs gelöscht,

Frau Walküre. Ich habs gelöscht... was zu viel ist, ist zu viel.

Aber danke trotzdem für den Protest und die guten Wünsche. Und Herr oder Frau SiDo würde sich wohl für den Partybesuch besser einen Gehörschutz zulegen. Dass junge Leute mit ihrem Gehör ohne jegliches Verantwortungsbewusstsein umgehen, verursacht volkswirtschaftliche Kosten, verdammt! Und sie werden es später bereuen. Ich kenne bereits mehrere Leute mit einem Tinnitus, den sie nicht mehr loswerden.
Rockhound - 21. Jul, 07:57

Gute Besserung von meiner Seite. Ich hoffe, dass hier ein paar gute Wünsche helfen, ich weiss sonst auch keine Lösung - leider.

Ich kann mir aber vorstellen, dass der "Stress" im Büro nicht unschuldig ist. Niemand will Dir zuhören, also stellen Deine Ohren halt auch auf Durchzug. Egal wie sehr man einen Job mag und egal, wie freundlich und entgegenkommend und grosszügig der Arbeitgeber ist, ein Job hält einen auf Trab und irgendwie unentspannt. Ein gewisser Leistungsdruck ist immer da. Wenn jemand dann etwas angeschlagen ist und keine Unterstützung in einem Problem bekommt, ist das automatisch belastend, wenn auch nicht unbedingt bewusst. Nicht arbeiten ist aber auch keine Lösung, denn dann hat man zuviel Zeit über seine Probleme und Wehwehchen nachzudenken und das ist genau das, was die Krankheit will. Sie will wahrgenommen werden. Ignorieren geht aber auch nicht. Pflege Dich, nicht Deine Krankheit!

Zur allgemeinen Entspannung und Beruhigung - für einen guten Schlaf - kann ich höchstens einen Goldmelissentee empfehlen. Bei mir hat er gewirkt, das heisst nicht, dass er bei anderen auch wirkt. Aber Probieren geht über Studieren, zudem schmeckt er ziemlich lecker, wie ich finde.

diefrogg - 22. Jul, 20:13

Danke für den Tipp!

Natürlich bin ich, was das Schlafen betrifft, längst wieder bei härterem Stoff angekommen. Aber ich trinke auch Tee: Orangenblütentee!
Rockhound - 23. Jul, 06:50

Der wirkt auch sehr beruhigend, stimmt! Auf jeden Fall besser als "härterer" Stoff. :-)
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