Klarstellung
Nach meinem Eintrag von gestern scheint eine Klarstellung vonnöten, nämlich diese: Niemals ging es mir darum, die Solidarität mit Frauen aufzukünden, die Kinder haben, dazu beruflich ihren Weg gehen und finanziell unabhängig sein wollen. Es ist für mich absolut selbstverständlich, dass all das möglich sein soll. Ich wollte lediglich sagen: Mich stört der zuweilen der etwas wehleidige Soundtrack zum Thema.
diefrogg - 9. Dez, 18:20
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la-mamma - 9. Dez, 21:17
also, ich hätt das auch in keiner weise anders verstanden. aber wenn sie´s klarstellen wollen, isses auch gut;-)
diefrogg - 10. Dez, 10:31
Gut, dass Sies...
richtig verstanden haben! Ich habe eine sehr irritierte Reaktion per E-Mail von einer hart arbeitenden Mutter mit zwei Kindern bekommen, die mir klargemacht hat, dass offenbar nicht alle die Botschaft gleich verstanden haben.
Jossele - 10. Dez, 20:42
Ähm, ihre Worte waren doch nicht wirklich unklar.
Falkin - 11. Dez, 17:15
Ich finde Sie ziemlich unmissverständlich.
Was indes andere nicht davon abhalten mag, die hauseigenen Neurosen in Sie zu projezieren. Schlußendlich spricht der erKlärungsbedarf für Ihre freundlich-sensibl-e Gesinnung. Ich wäre ja wahrscheinlich wieder auf 380... ;))
Was indes andere nicht davon abhalten mag, die hauseigenen Neurosen in Sie zu projezieren. Schlußendlich spricht der erKlärungsbedarf für Ihre freundlich-sensibl-e Gesinnung. Ich wäre ja wahrscheinlich wieder auf 380... ;))
diefrogg - 13. Dez, 10:31
Nun ja,...
ich habe für die Irritation meiner e-mailenden Freundin ein gewisses Verständnis: In unserer Gegend sparen sich gerade die Gemeinwesen selber zu Tode und bringen dabei viele Frauen (Lehrerinnen, Heilpädagoginnen etc.) in existenzielle Schwierigkeiten. Da werden Entsolidarisierungs-Tendenzen naturgemäss mit argwöhnischen Augen verfolgt.
Aber ich gebs zu: Ich war auch auf 380 ;) Nur: Meine Jahre im Journalismus haben mich gelehrt, in solchen Situationen erst mal ein wenig kaltes Wasser aufs Thermometer zu giessen. Wenigstens nach aussen.
Aber ich gebs zu: Ich war auch auf 380 ;) Nur: Meine Jahre im Journalismus haben mich gelehrt, in solchen Situationen erst mal ein wenig kaltes Wasser aufs Thermometer zu giessen. Wenigstens nach aussen.
rosawer - 14. Dez, 18:18
Ich kann schon verstehen
dass sich jemand über Ihre Interpretation der Annabelle aufregt: "Dazu blätterte ich in der aktuellen Annabelle. Sie ist opulent mit goldener und silberner und duftender Werbung verziert und überhaupt einfach opulent - ein Magazin für Frauen, die über Ohrringe für 9000 Franken nachdenken können. Ich stellte erstaunt fest, wie oft solche Frauen sich etwas Gutes tun müssen. "Rundum abschalten und sich verwöhnen lassen", lautete ein Titel, und ich lernte beim Lesen: Um rundum abschalten zu können, müssen privilegierte Frauen unglaublich viel aufwenden, an Geld, an Zeit, an Reisebereitschaft. Die Ärmsten!"
-- ich zähle mich ganz sicher zu Ihren "privilegierten Frauen", aber über Ohrringe für 9000 Franken kann ich nicht nachdenken. Wahrscheinlich gehöre ich zu den 20% oberen Einkommen (kann ich nicht genau sagen, jedenfalls reicht es nicht für die Akkumulation großer Reichtümer aber doch für ein sorgenloses Leben). Wenn sich also nur Frauen für die Annabelle interessieren würden, die so privilegiert sind, dass sie über solche Ohrringe nachdenken könnten, dann wäre die Zeitschrift längst eingegangen. Es muss also einen anderen Grund geben, wieso Annabelle eine stabile und breite Leserinnenschaft anzieht und gleichzeitig teuren Schmuck anpreist. Eher: INDEM sie teuren Schmuck und Luxuskurzurlaube anpreist. Der zweite Teil, nämlich der das Abschalten, scheint mir hier darauf hinzuweisen, dass Annabelle eher für Träume angepasster Mittelschichtsfrauen zuständig ist: Teure Ohrringe, Entschleunigen und Abschalten können, Luxus.
Dass Sie sich aus biographischen Gründen nicht (mehr) mit Mittelschichtsfrauen identifizieren können, ist mir schon klar. Aber auch Mittelschichtsfrauen haben ihre Träume, mögen sie auch oberflächlich und banal sein, wie sie dies andeuten (meine Interpretation). Diese Wertung, übrigens, halte ich selber für reichlich herablassend, vor allem aber im Kern bildungsbürgerlich und bekanntlich gehört das Bildungsbürgertum ebenfalls zur Mittelschicht (je nachdem, mal in der Mitte, mal weiter oben). Denn vielleicht sind die Träume einfach alltäglich, und deswegen banal.
Aus meiner Sicht ist das Problem an diesem Blogeintrag, dass Sie sich über diese "privilegierten Frauen", die über ihre Existenz jammern, mokieren, sich aber nicht ernsthaft damit auseinandersetzen. Dafür ist der Blog vielleicht auch nicht da, jedenfalls nicht dieser Eintrag. Ich möchte Sie aber trotzdem darauf hinweisen, dass Sie einmal empört darauf reagierten, als ich mir erlaubte anzumerken, dass es einem gelegentlich die Perspektive zurechtrücken kann, dass es auf dieser Welt Länder gibt, in denen Menschen in Ihrer Lage überhaupt keine Chance haben. Dass es also Menschen gibt, denen es noch schlechter geht als Ihnen. Sie haben zu Recht gegen die Hierarchisierung des individuell und gesellschaftlich existierenden Elends protestiert. Aber genau das tun Sie hier selber: Mittelschichtsfrauen dürfen individuell ihr Leben nicht als schwierig oder problematisch empfinden, und vor allem dürfen sie das nicht, weil es ja so banal ist. Denn es gibt ja andere (wie Sie), denen es noch schlechter geht. Ich finde, Sie messen hier mit zweierlei Maß, und das stört mich.
-- ich zähle mich ganz sicher zu Ihren "privilegierten Frauen", aber über Ohrringe für 9000 Franken kann ich nicht nachdenken. Wahrscheinlich gehöre ich zu den 20% oberen Einkommen (kann ich nicht genau sagen, jedenfalls reicht es nicht für die Akkumulation großer Reichtümer aber doch für ein sorgenloses Leben). Wenn sich also nur Frauen für die Annabelle interessieren würden, die so privilegiert sind, dass sie über solche Ohrringe nachdenken könnten, dann wäre die Zeitschrift längst eingegangen. Es muss also einen anderen Grund geben, wieso Annabelle eine stabile und breite Leserinnenschaft anzieht und gleichzeitig teuren Schmuck anpreist. Eher: INDEM sie teuren Schmuck und Luxuskurzurlaube anpreist. Der zweite Teil, nämlich der das Abschalten, scheint mir hier darauf hinzuweisen, dass Annabelle eher für Träume angepasster Mittelschichtsfrauen zuständig ist: Teure Ohrringe, Entschleunigen und Abschalten können, Luxus.
Dass Sie sich aus biographischen Gründen nicht (mehr) mit Mittelschichtsfrauen identifizieren können, ist mir schon klar. Aber auch Mittelschichtsfrauen haben ihre Träume, mögen sie auch oberflächlich und banal sein, wie sie dies andeuten (meine Interpretation). Diese Wertung, übrigens, halte ich selber für reichlich herablassend, vor allem aber im Kern bildungsbürgerlich und bekanntlich gehört das Bildungsbürgertum ebenfalls zur Mittelschicht (je nachdem, mal in der Mitte, mal weiter oben). Denn vielleicht sind die Träume einfach alltäglich, und deswegen banal.
Aus meiner Sicht ist das Problem an diesem Blogeintrag, dass Sie sich über diese "privilegierten Frauen", die über ihre Existenz jammern, mokieren, sich aber nicht ernsthaft damit auseinandersetzen. Dafür ist der Blog vielleicht auch nicht da, jedenfalls nicht dieser Eintrag. Ich möchte Sie aber trotzdem darauf hinweisen, dass Sie einmal empört darauf reagierten, als ich mir erlaubte anzumerken, dass es einem gelegentlich die Perspektive zurechtrücken kann, dass es auf dieser Welt Länder gibt, in denen Menschen in Ihrer Lage überhaupt keine Chance haben. Dass es also Menschen gibt, denen es noch schlechter geht als Ihnen. Sie haben zu Recht gegen die Hierarchisierung des individuell und gesellschaftlich existierenden Elends protestiert. Aber genau das tun Sie hier selber: Mittelschichtsfrauen dürfen individuell ihr Leben nicht als schwierig oder problematisch empfinden, und vor allem dürfen sie das nicht, weil es ja so banal ist. Denn es gibt ja andere (wie Sie), denen es noch schlechter geht. Ich finde, Sie messen hier mit zweierlei Maß, und das stört mich.
diefrogg - 14. Dez, 18:55
In der Tat,
geschätzte frau rosawer! Dass ich die Sehnsüchte und Träume von Mittelschichtsfrauen "oberflächlich" und "banal" finde, ist nun wirklich eine recht freie Interpretation. Ich finde dafür auch beim zweiten Durchlesen keine Anhaltspunkte - weder in meinem ursprünglichen Text, noch in meinen Kommentaren.
Ich habe mir lediglich erlaubt, ein wenig zu lächeln. Darüber, dass die "Annabelle" den Frauen auf so viele Arten weiszumachen versucht, um sich zu entschleunigen, sich zu entspannen, müsse man unbedingt etwas Extravagantes kaufen. Meine E-Mail-Kollegin scheint die von Ihnen zitierte Passage übrigens durchaus verstanden zu haben.
Ich muss aber zugeben, dass ich die "Annabelle" beim Durchblättern als Medienprodukt dekadent fand. Und zwar nicht, weil es mir selber beschissen geht. Mir geht es nicht beschissen. Noch habe ich aber alles, was ich brauche - inklusive immer wieder mal herrliches Spazierwetter. Aber ich habe mir wirklich erlaubt, bei diesem Text auch mal an andere zu denken: zum Beispiel an eine Bekannte mit einer erheblichen Behinderung, der man vor einiger Zeit nullkommaplötzlich die IV-Rente (und damit in einem sehr helvetischen Sinne die gesellschaftliche Solidarität) gestrichen hat. Sie steht vor dem Gang aufs Sozialamt, und das zwei Wochen vor Weihnachten. Vor diesem Hintergrund musste ich dieses in Goldglimmer und Wohlfühl-Oasen schwelgende Medienprodukt dekadent finden.
Dass ich im Vergleich zu meinem früheren Beitrag mit zweierlei Mass gemessen habe, räume ich ein - es ist mir selber beim Schreiben durchaus bewusst gewesen. Aber wie ist es in guten Romanen? Die Charaktere lernen dazu und verändern sich. Das ist bei Blogs vielleicht auch so - wie man diesen Prozess in einem guten Blog darstellen würde, weiss ich allerdings noch nicht.
Hingegen liefern Sie mir einen Denkanstoss, für den ich Ihnen sehr dankbar bin: Worum es beim Thema "Zurechtrücken der Perspektive" vielleicht letztlich geht, ist so etwas wie Solidarität - ein Gefühl des Wahrnehmens oder Wahrgenommenwerdens. Oder die Empörung darüber, dass diese Betroffenheit genau dort nicht vorhanden ist, wo man sie gerne hätte oder aus politischen Gründen zwingend fände. Aber ob es da einen "richtigen" Standpunkt zwischen allgemeiner Pseudo-Betroffenheit und radikalem Narzissmus geht? Wo und wann genau man sagen darf: "Das geht mich nichts an und es interessiert mich nicht!!!" Ich weiss es nicht.
Ich habe mir lediglich erlaubt, ein wenig zu lächeln. Darüber, dass die "Annabelle" den Frauen auf so viele Arten weiszumachen versucht, um sich zu entschleunigen, sich zu entspannen, müsse man unbedingt etwas Extravagantes kaufen. Meine E-Mail-Kollegin scheint die von Ihnen zitierte Passage übrigens durchaus verstanden zu haben.
Ich muss aber zugeben, dass ich die "Annabelle" beim Durchblättern als Medienprodukt dekadent fand. Und zwar nicht, weil es mir selber beschissen geht. Mir geht es nicht beschissen. Noch habe ich aber alles, was ich brauche - inklusive immer wieder mal herrliches Spazierwetter. Aber ich habe mir wirklich erlaubt, bei diesem Text auch mal an andere zu denken: zum Beispiel an eine Bekannte mit einer erheblichen Behinderung, der man vor einiger Zeit nullkommaplötzlich die IV-Rente (und damit in einem sehr helvetischen Sinne die gesellschaftliche Solidarität) gestrichen hat. Sie steht vor dem Gang aufs Sozialamt, und das zwei Wochen vor Weihnachten. Vor diesem Hintergrund musste ich dieses in Goldglimmer und Wohlfühl-Oasen schwelgende Medienprodukt dekadent finden.
Dass ich im Vergleich zu meinem früheren Beitrag mit zweierlei Mass gemessen habe, räume ich ein - es ist mir selber beim Schreiben durchaus bewusst gewesen. Aber wie ist es in guten Romanen? Die Charaktere lernen dazu und verändern sich. Das ist bei Blogs vielleicht auch so - wie man diesen Prozess in einem guten Blog darstellen würde, weiss ich allerdings noch nicht.
Hingegen liefern Sie mir einen Denkanstoss, für den ich Ihnen sehr dankbar bin: Worum es beim Thema "Zurechtrücken der Perspektive" vielleicht letztlich geht, ist so etwas wie Solidarität - ein Gefühl des Wahrnehmens oder Wahrgenommenwerdens. Oder die Empörung darüber, dass diese Betroffenheit genau dort nicht vorhanden ist, wo man sie gerne hätte oder aus politischen Gründen zwingend fände. Aber ob es da einen "richtigen" Standpunkt zwischen allgemeiner Pseudo-Betroffenheit und radikalem Narzissmus geht? Wo und wann genau man sagen darf: "Das geht mich nichts an und es interessiert mich nicht!!!" Ich weiss es nicht.
la-mamma - 15. Dez, 13:15
apropos perspektive: "der standort bestimmt den standpunkt", mag zwar trivial klingen, aber für mich ist da was wahres dran. was einen selbst angeht, oder angehen kann oder gar angehen muss - und wo man trotzdem wegschaut - das kann ich schon definieren. oder zumindest mir selber nicht allzu großzügig auslegen.
diefrogg - 16. Dez, 13:46
"Der Standort...
bestimmt den Standpunkt" - das mag wohl stimmen. Logischerweise verändert sich dann auch der Standpunkt mit einem Standortwechsel. Ich finde es aber recht schwierig, meinen Standpunkt so klar zu bestimmten. Bin ich einfach ein Mensch, betoffen vom Schicksal bestimmter Mitmenschen (aber nicht anderer)? Betrifft mich nur das Schicksal meiner Freunde? Bringt mir eine Reise die Schwierigkeiten von Menschen in anderen Ländern nahe? Vielleicht liegts auch daran, dass ich keine Kinder habe und deshalb für niemanden wirklich mitdenken MUSS. Aber mein Standpunkt verändert sich häufig und manchmal auf unabsehbare Weise.
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