2
Sep
2014

In Liverpool


The North Garden Restaurant (Bild von Herrn T.)

Es gibt in Liverpool eine charmante, kleine Chinatown. Sie besteht für Aussenstehende aus einem geschnitzten Tor und einer Strasse mit chinesischen Restaurants auf beiden Seiten. Alle waren bedenklich leer - nur "The North Garden" war bumsvoll. Also gingen wir in den "North Garden". Man will ja nicht in einem leeren Restaurant essen.

Die Kellnerin führte uns an einen Tisch, an dem bereits ein älteres Ehepaar sass. Einheimische, also, Engländer. Sie unaufdringlich blondiert, Typ Mammeli.* Er: Pensioniert, mit Glatze. Beide kleinbürgerlich. Sie hätten meine Eltern sein können - und doch beäugten wir einander zunächst voller Unbehagen.

Aber mit triefenden Schweinerippchen in den Händen kamen wir dann doch ins Gespräch. Weil wir so laut reden mussten, kam ich sogar ziemlich gut mit. Bald überlegten sie hin und her, was wir uns in Liverpool unbedingt ansehen müssten. Aber sie kamen auf keinen grünen Zweig.

"Ist das Beatles-Museum sehenswert?" fragte ich. Ich meine: Ich wäre da nie hineingegangen. Aber ich hatte einen Hintergedanken: Wenn man schon Leute in diesem Alter in Liverpool trifft, dann könnte es ja sein, dass sie einmal John Lennon am Ärmel gestreift haben. Oder so. Und Frau Frogg hätte dann schon gerne gewusst, wie das gewesen ist.

Tatsächlich: Der alte Herr erzählte bald, er habe die Beatles im Cavern Club gesehen. Noch bevor sie berühmt gewesen seien. Sogar zweimal. Das muss anno 1961 oder '62 gewesen sein.



"Hat man damals schon gesehen, dass die einmal so berühmt werden würden?" fragte ich.

"Oh no!", sagte der alte Herr. "Da spielten sieben Bands, alle zwei oder drei Songs. Damals gab es hier so viel Musik! Keiner wusste, was daraus werden würde."

Mutti hatte schon eine Weile nichts mehr gesagt. Das war Herrn T. - ever the Ladies' man - aufgefallen. Er fragte: "Und Sie? Haben Sie die Beatles gemocht?"

Da schmunzelt sie: "Nein, nein, ich stand eher auf die Rolling Stones."


* Schweizerdeutsch und - tschuldigung - leicht despektierlich für eine liebenswürdige, pummelige Frau mittleren Alters ohne ein einziges Haar auf den Zähnen
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