Süsse Früchte
Über die Bernstrasse in Luzern sollte man wissen: Sie muss viel zu viel Durchgangsverkehr aushalten. Wer Lärm nicht mag, meidet sie daher besser. Neulich, an einem wunderbaren Sommermorgen musste ich aber an die Bernstrasse. Denn ich suchte die destillierten Früchte des Herbstes - genauer: Quittenschnaps - in einer bekannten Weinhandlung dort. Es sollte eine unverhofft kulinarische Reise werden.
Ich erreichte den Laden über eine stille Seitenstrasse: den Grenzweg. Er heisst so, weil er auf der alten Gemeindegrenze zwischen Luzern und Reussbühl liegt. Die Grenze gibt es nicht mehr, denn Reussbühl gehört seit zweieinhalb Jahren zu Luzern. So vergessen wie die Gemeindegrenze sah der kleine Obstbaum aus, den ich auf dem Parkplatz eines Restaurants gleich bei der Einbiegung fand. Wie winzige Pfirsiche hingen kleine Früchte zwischen seinen Ästen. Sie sind süss wie Pflaumen.
Wie sie wohl heissen? Sie erinnerten mich an jene angenehm säuerlichen Steinfrüchtchen, die reichlich an einem der Bäume vor dem Haus meiner Stief-Urgrossmutter wuchsen. Es war ein altes Berner Bauernhaus am Jura-Südfuss. Das Obst war bräunlichrot, wenig grösser als Kirschen und oval und schmeckte anders als alles, was man heute im Supermarkt bekommt. Meine Stief-Urgrossmutter nannte sie Apalanen. Ein Wort, für das es auf Google genau 531 Einträge gibt - und keinen auf Deutsch. Die Bäume wichen spätestens im Jahr 2000, als die alte Frau starb, einem banalen Parkplatz.
Beim Fotografieren zugeschaut hatten mir ein paar junge Frauen, die sich auf einem Balkon weiter oben in räkelten. Ihr Haus war eine frisch geweisselte Gewerbebude mit der Aufschrift "Sauna Club". Neben der Tür steht ein Kondom-Automat. Man muss wissen: Im unteren Teil des Bernstrasse-Quartiers haben sich in der ganzen Geschichte dieser Stadt auch weniger respektable Früchtchen herumgetrieben.
Hoch anständig wirds weiter oben am Grenzweg. Hier erinnern alte Genossenschaftswohnungen noch an Waschpläne, Treppenhausputz-Pläne, knatternde Rasenmäher und andere Ingredienzen kleinbürgerlichen Miefs der späten sechziger Jahre. Doch es dürften bald andere Zeitan anbrechen. Einige Häuser stehen bereits leer und warten auf die so genannte Aufwertung. Sprich: darauf, dass sie bald umgebaut werden und höhere Mieten abwerfen. Die Hecken aber sind genau wie anno dazumal. Geschniegelt und gestutzt. Wie ihre Früchte schmecken, weiss Frau Frogg noch ganz genau.
Schliesslich ist sie um solche Früchte herum vier Jahre alt gewesen. Klar, dass sie sie damals probiert hat. Sie schmecken wässrig und leicht säuerlich-bitter - womit ich aber nichts über den Geschmack meiner Kindheit im Allgemeinen aussagen will. Die war meist süss, davon zeugt das Bäuchlein, das ich als Sechsjährige auf Fotos zur Schau stelle. Dass diese Sträucher Hartriegel heissen, hat mir erst neulich der Pedestrian gesagt.
Ich ging zwischen den Genossenschafts-Häusern weiter und musste bald in die Bernstrasse einbiegen. Dort fand ich die Weinhandlung Schubi.
Und meine Flasche Quittenschnaps.
Ich erreichte den Laden über eine stille Seitenstrasse: den Grenzweg. Er heisst so, weil er auf der alten Gemeindegrenze zwischen Luzern und Reussbühl liegt. Die Grenze gibt es nicht mehr, denn Reussbühl gehört seit zweieinhalb Jahren zu Luzern. So vergessen wie die Gemeindegrenze sah der kleine Obstbaum aus, den ich auf dem Parkplatz eines Restaurants gleich bei der Einbiegung fand. Wie winzige Pfirsiche hingen kleine Früchte zwischen seinen Ästen. Sie sind süss wie Pflaumen.
Wie sie wohl heissen? Sie erinnerten mich an jene angenehm säuerlichen Steinfrüchtchen, die reichlich an einem der Bäume vor dem Haus meiner Stief-Urgrossmutter wuchsen. Es war ein altes Berner Bauernhaus am Jura-Südfuss. Das Obst war bräunlichrot, wenig grösser als Kirschen und oval und schmeckte anders als alles, was man heute im Supermarkt bekommt. Meine Stief-Urgrossmutter nannte sie Apalanen. Ein Wort, für das es auf Google genau 531 Einträge gibt - und keinen auf Deutsch. Die Bäume wichen spätestens im Jahr 2000, als die alte Frau starb, einem banalen Parkplatz.
Beim Fotografieren zugeschaut hatten mir ein paar junge Frauen, die sich auf einem Balkon weiter oben in räkelten. Ihr Haus war eine frisch geweisselte Gewerbebude mit der Aufschrift "Sauna Club". Neben der Tür steht ein Kondom-Automat. Man muss wissen: Im unteren Teil des Bernstrasse-Quartiers haben sich in der ganzen Geschichte dieser Stadt auch weniger respektable Früchtchen herumgetrieben.
Hoch anständig wirds weiter oben am Grenzweg. Hier erinnern alte Genossenschaftswohnungen noch an Waschpläne, Treppenhausputz-Pläne, knatternde Rasenmäher und andere Ingredienzen kleinbürgerlichen Miefs der späten sechziger Jahre. Doch es dürften bald andere Zeitan anbrechen. Einige Häuser stehen bereits leer und warten auf die so genannte Aufwertung. Sprich: darauf, dass sie bald umgebaut werden und höhere Mieten abwerfen. Die Hecken aber sind genau wie anno dazumal. Geschniegelt und gestutzt. Wie ihre Früchte schmecken, weiss Frau Frogg noch ganz genau.
Schliesslich ist sie um solche Früchte herum vier Jahre alt gewesen. Klar, dass sie sie damals probiert hat. Sie schmecken wässrig und leicht säuerlich-bitter - womit ich aber nichts über den Geschmack meiner Kindheit im Allgemeinen aussagen will. Die war meist süss, davon zeugt das Bäuchlein, das ich als Sechsjährige auf Fotos zur Schau stelle. Dass diese Sträucher Hartriegel heissen, hat mir erst neulich der Pedestrian gesagt.
Ich ging zwischen den Genossenschafts-Häusern weiter und musste bald in die Bernstrasse einbiegen. Dort fand ich die Weinhandlung Schubi.
Und meine Flasche Quittenschnaps.
diefrogg - 3. Aug, 11:36
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