Hat die Frau eine Seele?
Dieses Buch las ich wegen seines Titels:
(Hier eine Besprechung aus der FAZ).
Das Alleinsein, manchmal auch die Einsamkeit, ist ein riesiges, aber im Grunde nie richtig erforschtes Land auf meinem geistigen Globus. In letzter Zeit vermute ich: Mit zunehmender Schwerhörigkeit und zunehmenden Alter werde ich es kartieren müssen. Also lohnt es sich, darüber zu lesen. Dachte ich. Ich kannte den Autor, Stewart O'Nan, seit der Lektüre seines Romans A Prayer For The Dying als Autor, der den Horror der Einsamkeit sehr eindrücklich heraufzubeschwören weiss.
Und, ja, "Emily, Alone" ist ein Buch über eine alte Frau, die allein lebt. Aber wie so oft fand ich darin nicht das, wonach ich eigentlich gesucht hatte - eine Antwort auf die Frage, wie ein alter Mensch die Katastrophen der Vereinsamung überwindet. Emily ist zwar oft ein wenig einsam. Aber die Katastrophen hat sie längst hinter sich. Der Roman ist vielmehr - und darin ist es unglaublich stark - ein Abgesang auf die Generation unserer Eltern und das perfekte Räderwerk ihres Lebens.
Die Tochter von Emily - sie ist in meinem Alter - scheint ja nie etwas richtig auf die Reihe zu kriegen. Sie kämpft gegen Geldsorgen und den grossen Durst. Emily dagegen ist wohl situiert und wohl organisiert. Ihr Testament hat sie vollständig bis zum letzten Schmuckstück sauber aufgeschrieben und abgelegt. Emily ist ein Mensch, der ganz im Alltag aufzugehen scheint. Sie macht den Haushalt. Sie führt ihren Hund spazieren. Sie geht mit ihrer Schwägerin Arlene essen - die beiden Frauen pflegen weniger eine Freundschaft als eine Zweckgemeinschaft. Man braucht einander im Alter. Dass Emily einmal eine Freundin sehr geliebt hat, wird - sehr diskrekt - angedeutet. Emily arbeitet ein bisschen im Garten. Sie hört abends Musik. Sie lässt sich nie gehen - auch nicht innerlich. Sie scheint keine Leidenschaften zu kennen. Es ist genau dieser merkwürdigen Gegensatz, der mich an der Generation meiner Eltern erstaunt und gelegentlich befremdet.
Ich möchte so tüchtig sein wie sie. So zu jeder Tageszeit und durch und durch präsentabel. Mit so viel Pragmatismus ausgestattet. Aber nicht so oberflächlich.
Bei so viel properer Alltäglichkeit hat das Buch seine unvermeidlichen Längen im ersten Teil. Aber dann gerät Emily doch aus dem Gleichgewicht - es ist prekärer als man zuerst angenommen hat. Als Hund Rufus erkrankt, ahnt man die destabilisierende Nähe des Todes. Wird der Hund überleben? Wird Emily - so zählebig sie ist - doch sterben? Wir lesen atemlos. Und ganz allmählich stellt sich etwas Unerwartetes heraus: Emily hat doch eine Seele.
(Hier eine Besprechung aus der FAZ).
Das Alleinsein, manchmal auch die Einsamkeit, ist ein riesiges, aber im Grunde nie richtig erforschtes Land auf meinem geistigen Globus. In letzter Zeit vermute ich: Mit zunehmender Schwerhörigkeit und zunehmenden Alter werde ich es kartieren müssen. Also lohnt es sich, darüber zu lesen. Dachte ich. Ich kannte den Autor, Stewart O'Nan, seit der Lektüre seines Romans A Prayer For The Dying als Autor, der den Horror der Einsamkeit sehr eindrücklich heraufzubeschwören weiss.
Und, ja, "Emily, Alone" ist ein Buch über eine alte Frau, die allein lebt. Aber wie so oft fand ich darin nicht das, wonach ich eigentlich gesucht hatte - eine Antwort auf die Frage, wie ein alter Mensch die Katastrophen der Vereinsamung überwindet. Emily ist zwar oft ein wenig einsam. Aber die Katastrophen hat sie längst hinter sich. Der Roman ist vielmehr - und darin ist es unglaublich stark - ein Abgesang auf die Generation unserer Eltern und das perfekte Räderwerk ihres Lebens.
Die Tochter von Emily - sie ist in meinem Alter - scheint ja nie etwas richtig auf die Reihe zu kriegen. Sie kämpft gegen Geldsorgen und den grossen Durst. Emily dagegen ist wohl situiert und wohl organisiert. Ihr Testament hat sie vollständig bis zum letzten Schmuckstück sauber aufgeschrieben und abgelegt. Emily ist ein Mensch, der ganz im Alltag aufzugehen scheint. Sie macht den Haushalt. Sie führt ihren Hund spazieren. Sie geht mit ihrer Schwägerin Arlene essen - die beiden Frauen pflegen weniger eine Freundschaft als eine Zweckgemeinschaft. Man braucht einander im Alter. Dass Emily einmal eine Freundin sehr geliebt hat, wird - sehr diskrekt - angedeutet. Emily arbeitet ein bisschen im Garten. Sie hört abends Musik. Sie lässt sich nie gehen - auch nicht innerlich. Sie scheint keine Leidenschaften zu kennen. Es ist genau dieser merkwürdigen Gegensatz, der mich an der Generation meiner Eltern erstaunt und gelegentlich befremdet.
Ich möchte so tüchtig sein wie sie. So zu jeder Tageszeit und durch und durch präsentabel. Mit so viel Pragmatismus ausgestattet. Aber nicht so oberflächlich.
Bei so viel properer Alltäglichkeit hat das Buch seine unvermeidlichen Längen im ersten Teil. Aber dann gerät Emily doch aus dem Gleichgewicht - es ist prekärer als man zuerst angenommen hat. Als Hund Rufus erkrankt, ahnt man die destabilisierende Nähe des Todes. Wird der Hund überleben? Wird Emily - so zählebig sie ist - doch sterben? Wir lesen atemlos. Und ganz allmählich stellt sich etwas Unerwartetes heraus: Emily hat doch eine Seele.
diefrogg - 6. Apr, 10:35
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