Autostop am Pragelpass
Ich habe auf diesem Blog schon Klischees über die Muotataler verbreitet. Ich habe hier nahe gelegt, dass mein erster Eindruck von diesem Tal nicht gerade herzerwärmend war. Es ist jetzt an der Zeit, dass ich eine Lanze für die Muotataler breche. Ohne die Hilfsbereitschaft Einheimischer wären wir nie ans Ziel unserer Wanderung - die Silberen - gekommen. Ausgangspunkt der Wanderung ist der Pragelpass. Und dorthin fährt kein einziges öffentliches Verkehrsmittel. "Ach, machen Sie einfach Autostop. Es wird Sie schon jemand mitnehmen", sagte die Wirtin im "Alpenblick" in Muotathal.
Das klang einfach. Aber wer in der Schweiz per Anhalter reisen will, begibt sich in eine hochnotpeinliche Situation. Er erwartet von wildfremden Leuten, dass sie etwas mit ihm teilen. Etwas, was er nach den Regeln des helvetischen Durchschnitts selber besitzen müsste. Auch für den Besitzer des Autos ist die Lage unbequem. Da sollte er mit Fremden Small Talk betreiben. Aber die Fragen, die er eigentlich stellen möchte, muss er sich verkneifen: "Sind Sie so arm, dass Sie sich kein eigenes Auto leisten können? Oder etwa krank? Sie sind doch nicht ansteckend, oder?"
Es wird wenig per Anhalter gereist in der Schweiz.
Doch an der Pragelstrasse war es anders. Zunächst hielt zwar keiner. Aber es gab keinen Einheimischen, der nicht wenigens ein Handzeichen gab - dass seine Karre voll sei. Oder dass er gleich um die Ecke wohne. Und dann lud uns wirklich jemand auf - an einer verdammt engen, verdammt steilen Stelle. Zum allerersten Mal in meinem Leben war ich froh, dem Besitzer eines Autos mit Vierradantrieb zu begegnen. Er hatte Frau und Sohn im Wagen. Es waren Leute aus dem Tal. Die Frau hinten im Auto sagte einfach: "Ach wissen Sie, vielleicht wäre man ein andermal auch froh, wenn einen jemand mitnähme."
Nach einiger Zeit entdeckte ich auf der anderen Talseite ein paar Häuschen. Sie standen über einer mindestens 200 Meter hohen Felswand. Ich konnte sie nicht fotografieren, aber glaubt mir: Über so einer Fluh möchte Frau Frogg nicht eine einzige Minute einer einzigen Nacht verbringen. Sie würde sich ohne Unterlass davor fürchten, am Morgen in den schwindelerregenden Abgrund zu blicken. "Das sind Wildheuer-Häuschen", sagte die Frau. Offenbar gehen dort oben noch heute ein paar Unerschrockene ohne Aufhebens diesem lebensgefährlichen Handwerk nach. Würde das einer aus dem Tal tun, wäre es ein Extremsport, würde gehyped und käme am Fernsehen. Aber unten im Tal weiss kaum einer, dass ein paar Leute hier oben heute noch wildheuen - obwohl es sogar einen Film darüber gibt.
Als wir oben auf dem Pragelpass aus dem Auto stiegen, hatte ich die Hilfsbereitschaft unserer Gastgeber schätzen gelernt. Es herrschte eine Atmosphäre von Einfachheit und Zusammenhalt. Kein Status-Gelabere. Kein Drama. Und ich wusste: Wenn ich auch nie ein Fan der Politik sein werde, die hier mehrheitsfähig ist - wer das harte Landleben in diesem Tal führen kann, hat meinen Respekt verdient.
Das klang einfach. Aber wer in der Schweiz per Anhalter reisen will, begibt sich in eine hochnotpeinliche Situation. Er erwartet von wildfremden Leuten, dass sie etwas mit ihm teilen. Etwas, was er nach den Regeln des helvetischen Durchschnitts selber besitzen müsste. Auch für den Besitzer des Autos ist die Lage unbequem. Da sollte er mit Fremden Small Talk betreiben. Aber die Fragen, die er eigentlich stellen möchte, muss er sich verkneifen: "Sind Sie so arm, dass Sie sich kein eigenes Auto leisten können? Oder etwa krank? Sie sind doch nicht ansteckend, oder?"
Es wird wenig per Anhalter gereist in der Schweiz.
Doch an der Pragelstrasse war es anders. Zunächst hielt zwar keiner. Aber es gab keinen Einheimischen, der nicht wenigens ein Handzeichen gab - dass seine Karre voll sei. Oder dass er gleich um die Ecke wohne. Und dann lud uns wirklich jemand auf - an einer verdammt engen, verdammt steilen Stelle. Zum allerersten Mal in meinem Leben war ich froh, dem Besitzer eines Autos mit Vierradantrieb zu begegnen. Er hatte Frau und Sohn im Wagen. Es waren Leute aus dem Tal. Die Frau hinten im Auto sagte einfach: "Ach wissen Sie, vielleicht wäre man ein andermal auch froh, wenn einen jemand mitnähme."
Nach einiger Zeit entdeckte ich auf der anderen Talseite ein paar Häuschen. Sie standen über einer mindestens 200 Meter hohen Felswand. Ich konnte sie nicht fotografieren, aber glaubt mir: Über so einer Fluh möchte Frau Frogg nicht eine einzige Minute einer einzigen Nacht verbringen. Sie würde sich ohne Unterlass davor fürchten, am Morgen in den schwindelerregenden Abgrund zu blicken. "Das sind Wildheuer-Häuschen", sagte die Frau. Offenbar gehen dort oben noch heute ein paar Unerschrockene ohne Aufhebens diesem lebensgefährlichen Handwerk nach. Würde das einer aus dem Tal tun, wäre es ein Extremsport, würde gehyped und käme am Fernsehen. Aber unten im Tal weiss kaum einer, dass ein paar Leute hier oben heute noch wildheuen - obwohl es sogar einen Film darüber gibt.
Als wir oben auf dem Pragelpass aus dem Auto stiegen, hatte ich die Hilfsbereitschaft unserer Gastgeber schätzen gelernt. Es herrschte eine Atmosphäre von Einfachheit und Zusammenhalt. Kein Status-Gelabere. Kein Drama. Und ich wusste: Wenn ich auch nie ein Fan der Politik sein werde, die hier mehrheitsfähig ist - wer das harte Landleben in diesem Tal führen kann, hat meinen Respekt verdient.
diefrogg - 16. Jun, 21:47
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