Tante hat Angst
Ängste sind irrational. Sie sind ansteckend. Wenn man neben jemandem sitzt, der Angst hat, dann kriecht die Angst einen den Arm hoch und man hat sie auch. Bei mir ist das jedenfalls so. Und manchmal habe ich Angst und weiss gar nicht warum.
Mein Gottenbub Tim (5) hat seine eigenen, irrationalen Ängste. Er fürchtet sich zum Beispiel vor Zügen - obwohl er sie liebt. Auch an den stillsten, verlassensten Zug geht er nie näher als zehn Schritte heran. Aus sicherer Distanz beäugt er die Lok, als könnte sie jeden Moment von der Schiene springen und ihn verschlingen. Dasselbe tut er mit Bergbahnen im Winterschlaf. Zum Beispiel mit der hier.
(Quelle: wikimedia.commons)
Er hätte so gerne aus der Nähe gesehen! Aber dann traute er sich doch nicht richtig hin. Nicht mal in meiner Begleitung.
Dann gingen wir in die Wolfsschlucht. Ich beeilte mich, ihm zu versichern, dass es da unten keine Wölfe gab. Er glaubte mir. Er hatte keine Angst.
(Quelle: blattig.ch)
Er fror nur ein bisschen, der Ärmste.
Schwierig wurde es erst, als wir auf dem Nachhauseweg wieder einmal eine kleine ÖV-Odyssee hinlegten. Uns drohte Endstation in einem Vorortskaff, von wo nur ein Postauto pro Stunde fährt. Um nicht dorthin zu kommen, mussten wir an einem Waldrand aussteigen. Weit und breit kein Haus. Nur eine Strasse, viel Verkehr, Dunkelheit und Bäume. Super, der Ort. Wie gemacht für eine Vergewaltigung, eine Kindesentführung oder etwas derartiges. Was zum Teufel machte ich hier mit einem Fünfjährigen in meiner Obhut?!
Ich weiss nicht viel über Kinder. Aber eins habe ich in einem früheren Leben mal gelernt: Man sollte Kinder nicht merken lassen, wenn man Angst hat. Nur: Wie macht man das in einer solchen Lebenslage? Frau Frogg begann fröhlich zu hüpfen. Es war nur 300 Meter bis zu den nächsten Häusern. Wir mussten einfach schnell dorthin kommen. Aber Tim eilte es nicht. Er wollte mir plötzlich zeigen, auf wie viele verschiedene Arten er hüpfen konnte.
"Kennst Du ein Lied?" fragte ich ihn. Woher kommt die Vorstellung, dass man singen muss, wenn man nachts allein im Wald ist? Er kannte ein Lied: "Es wott es Fraueli z'Märit gah." Aber wir wussten nur die erste Strophe. Gopf! Mir fiel "Det äne am Bärgli" ein. Aber das hat auch nur eine Strophe. Ich weiss nicht mehr, wie wir schliesslich doch zu den ersten erleuchteten Häusern kamen.
Ich weiss nur: Tim hatte keinen Moment den leisesten Schimmer, was vor sich ging. Merkwürdig.
Mein Gottenbub Tim (5) hat seine eigenen, irrationalen Ängste. Er fürchtet sich zum Beispiel vor Zügen - obwohl er sie liebt. Auch an den stillsten, verlassensten Zug geht er nie näher als zehn Schritte heran. Aus sicherer Distanz beäugt er die Lok, als könnte sie jeden Moment von der Schiene springen und ihn verschlingen. Dasselbe tut er mit Bergbahnen im Winterschlaf. Zum Beispiel mit der hier.
(Quelle: wikimedia.commons)
Er hätte so gerne aus der Nähe gesehen! Aber dann traute er sich doch nicht richtig hin. Nicht mal in meiner Begleitung.
Dann gingen wir in die Wolfsschlucht. Ich beeilte mich, ihm zu versichern, dass es da unten keine Wölfe gab. Er glaubte mir. Er hatte keine Angst.
(Quelle: blattig.ch)
Er fror nur ein bisschen, der Ärmste.
Schwierig wurde es erst, als wir auf dem Nachhauseweg wieder einmal eine kleine ÖV-Odyssee hinlegten. Uns drohte Endstation in einem Vorortskaff, von wo nur ein Postauto pro Stunde fährt. Um nicht dorthin zu kommen, mussten wir an einem Waldrand aussteigen. Weit und breit kein Haus. Nur eine Strasse, viel Verkehr, Dunkelheit und Bäume. Super, der Ort. Wie gemacht für eine Vergewaltigung, eine Kindesentführung oder etwas derartiges. Was zum Teufel machte ich hier mit einem Fünfjährigen in meiner Obhut?!
Ich weiss nicht viel über Kinder. Aber eins habe ich in einem früheren Leben mal gelernt: Man sollte Kinder nicht merken lassen, wenn man Angst hat. Nur: Wie macht man das in einer solchen Lebenslage? Frau Frogg begann fröhlich zu hüpfen. Es war nur 300 Meter bis zu den nächsten Häusern. Wir mussten einfach schnell dorthin kommen. Aber Tim eilte es nicht. Er wollte mir plötzlich zeigen, auf wie viele verschiedene Arten er hüpfen konnte.
"Kennst Du ein Lied?" fragte ich ihn. Woher kommt die Vorstellung, dass man singen muss, wenn man nachts allein im Wald ist? Er kannte ein Lied: "Es wott es Fraueli z'Märit gah." Aber wir wussten nur die erste Strophe. Gopf! Mir fiel "Det äne am Bärgli" ein. Aber das hat auch nur eine Strophe. Ich weiss nicht mehr, wie wir schliesslich doch zu den ersten erleuchteten Häusern kamen.
Ich weiss nur: Tim hatte keinen Moment den leisesten Schimmer, was vor sich ging. Merkwürdig.
diefrogg - 23. Nov, 21:27
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