23
Nov
2009

Meine wächsernen Freunde

Ich höre wieder besser. Dafür bin ich jetzt umso lärmempfindlicher.



Die hier sind meine treuesten Begleiter. Ich stecke mir schon so eine Wachskugel ins rechte Ohr, wenn in der Küche Fleisch angebraten wird. Brutzelndes Fleisch - das sind bestimmt 90 Dezibel! Und zum Erstenmal fällt mir auf, wie häufig Ambulanzen an unserem Haus vorbeisirenen.

Noch viel schlimmer ist es draussen auf der Strasse. Neulich vergass ich meine wächsernen Freunde. Seither könnte ich eine Lärmkarte unserer Stadt für Hyperakustiker zeichnen. Ich kam über Land. Alles ging gut, bis ich zum Waldgürtel am Stadtrand kam. Dort waren Waldarbeiter am Werk. Mit Kreissägen, wenn ich mich nicht irre. Sie liessen sie aufheulen, als gäbe es kein Morgen. Naja, wahrscheinlich stimmt das auch. Schliesslich ist November. Wenn nicht jetzt Bäume und Hecken schneiden, wann dann?

Schon 100 Schritte fand ich die erste Baustelle vor. Genau an der Stelle, an der mein Pfad hinein in den Stadtwald führt. Ein Presslufthammer jagte mich fast eine Hauswand hoch. Ich hielt mir das rechte Ohr zu, schaltete links mein Hörgerät aus und suchte hastig einen anderen Pfad.

Kaum hatte ich mich in den Wald gerettet, wurde ich von einem Hund bekläfft. Schaurig.

Dann eine Weile nichts als Vogelgezwitscher. Vogelgezwitscher ist ok. Meistens. Auch Kinder sind ok.

Aber am Ostende des Stadtwalds bekommt gerade ein Parkhaus zwei neue Stockwerke. Um sie zu bauen, braucht es offenbar Schleifmaschinen. Der Lärm der Schleifmaschinen hallte den Stadtwald herauf, dass es wahrscheinlich auch den Vögeln zu bunt wurde. Ich jedenfalls stakste mit zugehaltenen Ohren durch den Wald.

Wie ich dann noch durch den Stadtverkehr kam, weiss ich nicht mehr.

Ich erinnere mich nur noch, dass ich vor vielen Jahren einmal eine Liste der unentbehrlichen Geräusche geschrieben habe. Das waren noch Zeiten!
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