16
Mrz
2007

Lebenshilfe für Büromenschen

Irgendwo habe ich lesen einmal als Überlebenshilfe bezeichnet. Wie ich das meine, habe ich bislang nicht ausgeführt. Jetzt aber werde ich es tun – ansatzweise jedenfalls.

Ich muss dazu sagen, dass ich ein Büromensch bin. Seit mehr als einem Jahrzehnt friste ich meine Tage in Grossraumbüros. Meistens haben diese kleine Zwischenwändchen, die man mit Papier behängen kann. Meine Wändchen würde ich am liebsten mit Zitaten aus Büchern vollhängen.

Zum Beispiel:

«We haven’t the chance of a snowball in hell.»
Der Satz ist aus «Ulysses» von James Joyce, das schwöre ich. Um genau Angaben zu suchen, bin ich aber zu faul. Aufgehängt hätte ich ihn in meinem ersten Büro. Einem Büro in einem zum Untergang verdammten Betrieb. Dass er das war, wussten alle. Schon als er gegründet wurde. Nur wir kämpften wie die Löwen gegen das Verderben. Manchmal aber wurde die frogg frustriert über das Unterfangen oder ihre Kollegen. Wenn das passierte, dann zitierte sie leise diesen Spruch vor sich hin. Dann wurde sie jedes Mal vergügt.

Das ist zehn Jahre her. In meinem jetzigen Büro würde ich schon lange gern den hier aufhängen:

«Ja, mach nur einen Plan
sei n ur ein grosses Licht!
Und mach dann noch ‚nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht schlecht genug.
Doch sein höh’res Streben
Ist ein schöner Zug.»


Bertolt Brecht: «Die Dreigroschenoper», dritter Akt, Szene 7

Oder den hier.

Getan habe ich es nie. Wahrscheinlich bin ich einfach zu faul. Ich bin nun mal faul, was die visuelle Erscheinung meines Büros betrifft. Meistens sieht es schon auf meinem Schreibtisch aus, als hätte darunter ein Erdbeben Stärke 8 stattgefunden. Mit Wanddekorationen fange ich gar nicht an, bevor ich einmal richtig aufgeräumt habe.

Es kann aber auch andere Gründe haben. Aber die werde ich hier erst erörtern, wenn ich meinen Schreibtisch aufgeräumt habe. Oder wenn ich pensioniert bin.

Nur so viel: Sie helfen, diese Sprüche. Sie helfen. Auch wenn man sie nur leise aufsagt.
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