4
Jun
2017

Liebesgeschichten

Für alle, die sich fragen, was ich eigentlich so treibe: Ich habe wieder einmal fremdgebloggt, diesmal über zwei Frauen, die einander ihre Liebesgeschichten erzählen. Zum wiederholten Male. Hier.

10
Mai
2017

Sechzehn und ganz in Rot

Kürzlich wurde meine Nichte Marie-Christiane konfirmiert. Da stand sie, sechzehn Jahre alt, überragte mich in ihren Pumps fast um Haupteslänge, eine grazile junge Göttin im roten Kleid. Die schönste von allen. Ich sah sie noch vor mir, wie sie mit vier war, ein Kind das mit grossen Augen und ein paar Playmobil-Puppen Geschichten dahinfabulieren konnte, stundenlang (Hier habe ich davon erzählt). Tempi passati, sie wird jetzt erwachsen.

In der Kirche mussten die Konfirmanden über immaterielle Schätze sprechen, über die Dinge, von denen sie im Leben zehren. Sie nannten die Familie, Freunde, gar das Tennis. Meine Nicht sagte, die Erinnerung sei ihr Schatz. Kluges Kind, dachte ich. Wenn man jung ist, ist die Erinnerung etwas von Wertvollsten, was man hat. Sucht man Halt, steigt man in die Kammer der Erinnerunngen, zieht ein paar Stücke hervor, sieht sie schillern, drückt sie in seinen Händen und steigt gestärkt und seiner selbst gewiss wieder in den Alltag. So war das jedenfalls bei mir. Klar, es gibt düstere Ecken in dieser Truhe - aber man übersieht sie so leicht!

Seit ich fünfzig bin, ist es anders. Man hat ja mittlerweile so viel von diesem Zeugs! Es scheint in einem riesigen Estrich zu liegen, der einmal entrümpelt gehört. Wenn ich dann da hochsteige, sehe ich zuerst einmal eine mächtige Unordnung. Dann finde ich durchaus noch zum Weinen schöne Stücke - vergangene Freundschaften, vergangene Reisen, bestandene und nicht bestandene Bewährungsproben, veröffentlichte und nie veröffentlichte Texte. Vergangen, alles vergangen. Ich kann dort oben nicht zu lange verweilen, sonst verliere ich mich.

Ich glaube, ich muss mir ab und zu in Erinnerung rufen, dass es auch jetzt noch Momente gibt, an die zu denken sich einmal lohnen wird. Meine Nichte im roten Kleid zum Beispiel.

3
Mai
2017

Übers Spazieren

Wenn wir nichts mehr beweisen müssen, werden wir wie unsere Urahnen: Wir streifen durch die Wälder und suchen Pfade über die Wiesen. Wir werden Wildbeuter ohne Wild, Nomaden ohne Zelte. Wir lassen uns von unseren Launen von Ort zu Ort tragen. Es hat keinen Sinn und Zweck, aber es gehört zu den Dingen, für die unsere Körper gemacht sind. Wenn wir es tun, werden wir Teil der Welt, aus der wir gefallen sind.

23
Apr
2017

Nie wieder schreiben

In den letzten Tagen habe ich meinen Estrich aufgeräumt. Ich entsorgte meine sämtlichen Schulhefte und Berge von Karton. Dann fand ich eine grosse Plastiktüte mit Fragmenten eines Romans. Das Manuskript ist gewiss 15 Zentimeter dick, lauter A4-Blätter, eng mit Schreibmaschine beschrieben, praktisch ohne Ränder. Die erotischen Verwirrungen eines Teenagers, kein Mensch wird das je lesen wollen. Nicht einmal ich wollte es mehr lesen.

So, wie ich dieses Manuskript verfasst habe, habe ich immer geschrieben. Anfallsweise. Stossweise. Reichlich. Ich habe auch reichlich gebloggt. "Wer ein geheimes Selbst hat, neigt oft zum Schreiben, um ihm Ausdruck zu verschaffen", habe ich kürzlich in irgendeinem Hochglanzmagazin gelesen. Ich wollte nicht den ganzen Artikel dazu lesen, er schien mir trivial. Aber dieser eine Satz blieb mir hängen. Ich muss ein sehr opulentes geheimes Selbst gehabt haben.

Ich schreibe "gehabt", denn in letzter Zeit ist mir nicht mehr so ums Schreiben. Es liegt daran, dass ich mittlerweile weiss: Wenn ich noch etwas Publizierbares auf die Reihe kriegen will, muss ich sehr hart arbeiten - wahrscheinlich härter als es meine Kräfte erlauben. Die Malaise rund ums Bloggen kennt ihr ja alle. Und mit dem Journalismus ist es bei mir auch vorbei.

So drücke ich mich ums Schreiben. Ich komme aus der Übung. Sogar meine Tagebücher bleiben leer. Ich tue statt dessen Dinge, die ich früher nie getan habe. Meinen Estrich aufräumen zum Beispiel. Das ist durchaus sinnvoll. Aber ich fühle mich dabei doch ein bisschen wie in einer Beschäftigungstherapie. Ich versuche mir vorzustellen, wer ich bin, wenn ich nicht mehr schreibe. Dann sehe ich eine ganz gewöhnliche Frau mittleren Alters vor mir. Es ist gewiss nichts Ehrenrühriges daran, eine ganz gewöhnliche Frau mittleren Alters zu sein. Und doch fühle ich mich dabei, als hätte man mir etwas amputiert. Wahrscheinlich mein geheimes Selbst.

Um ehrlich zu sein: Ich weiss nicht, wie ich weitermachen soll. Ich wünschte, jemand würde es mir sagen. Ich habe es nicht einmal fertig gebracht, mein altes Romanmanuskript zu entsorgen.

28
Feb
2017

Drei Träume

13. Februar: Der Kulturflaneur und ich wohnen in einem Schloss mitten in einem Wäldchen am Fluss. Die Burg ist baufällig, Trümmer liegen in den Räumen. Die Schlossherren sind auch da, schreiten umher und sprechen englisch. Nachts kommen Marder herein und spielen zwischen den Trümmern. Eine Psychotherapeutin, die auf Besuch kommt, kann nicht schlafen. Der Kulturflaneur und ich verlassen das Schloss. Im Wäldchen begegnen wir einem Italiener, der auf der Suche nach einer Bleibe ist. Wir kommen zu einer Pizzeria. Unser Begleiter verwandelt sich in einen Wolf und verjagt den Pizzabäcker - dann zieht er selber in die Pizzeria ein. Ich erwache und bin überschäumend fröhlich, weil unser Freund ein neues Daheim gefunden hat.

14. Februar: Abends besuche ich ein Ausgehlokal. Es ist gebaut wie ein Basar in Istanbul, mit vielen verschachtelten Innen- und Aussenräumen. Ich treffe Judith, eine Freundin aus meiner Zeit in der Kulturszene. Ich will mit ihr sprechen, aber sie hat keine Zeit für mich, sie muss arbeiten. Dann sehe ich Matz, auch einen alten Bekannten. Doch auch er wird nicht mit mir sprechen, er hat mich immer verachtet. Ich gehe in einen Aussenraum und finde vor dem Eingang zu einer Bar drei schalenförmige Stühle. Auf einen davon setze ich mich und schlafe ein. Ich reisse mich aus dem Schlaf und betrete die Bar. Dort laufen am Fernsehen Bilder vom Ukrainekrieg. Der Barmann sagt: "Sie habe ich hier noch nie gesehen." Ichv ersichere ihm, dass ich oft hier im Haus bin - aber selten an dieser Bar. Die Explosionen im Fernseher erschüttern das Gebäude. Ich komme mit einer Krankenschwester ins Gespräch. Sie wohnt an der Strasse am Fluss, im gleichen Haus wie ich früher. Sie fragt mich, an welcher Busstation ich jeweils ausgesteigen sei. Sie sagt: "Ich weiss nie, wo ich aussteigen soll. Ich habe überall Angst, vergewaltigt zu werden." Wir fahren zusammen dorthin, aus dem Stadtfluss ist eine grüne Landschaft mit zwei alten Holzbrücken geworden. Trotzdem weiss ich noch genau, wo wir aussteigen müssen. "Es ist doch ganz einfach", sage ich. Dann wache ich auf. Ich bin abgrundtief traurig.

15. Februar: Ich habe ein Klassentreffen unserer Gymnasiums-Klasse, aber ich erinnere mich an nichts Genaues - es ist, als sträube der Traum sich gegen das Erinnertwerden. Aber ich erwache glücklich. Ich bin sicher, dass ich im Traum all jene Kolleginnen und Kollegen gesehen habe, die mir damals etwas bedeutet haben: Astrid und Sibylle, Regula und Lukas und Erich.

Das ist mein Beitrag zum zweiten diesjährigen Wort des famosen Projektes *txt. Es lautet "nächtelang".
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