4
Jan
2015

Mandelmilch

Über den Jahreswechswel hatten wir englische Freunde zu Besuch. Wir nennen sie die Hooligans - was allerdings irreführend ist. Unsere Hooligans sind ein liebenswürdiges Paar mit sehr moderatem Interesse an Fussball.

Kurz vor ihrer Ankunft liess uns Herr Hooligan wissen, Frau Hooligan könne zurzeit keine Milchprodukte zu sich nehmen. Magenprobleme. Zum Frühstück möge sie Mandelmilch.

Ich machte mich umgehend auf die Suche. Ich war nicht sicher, ob ich welche finden würde. Ich habe wegen meiner Ohren selber schon allerhand merkwürdige Diäten ausprobiert, auch solche ohne Milch. Was man nicht alles tut aus Verzweiflung! Damals, in den nuller Jahren, waren solche Kuren etwas für Öko-Freaks. Für Körnlipicker, die Kuhmilch nötigenfalls mit flüssigem Getreide in bräunlich-grünlichen Verpackungen ersetzten. Also mit Hirse- oder Hafermilch. Oder mit Reismilch. Oder meinetwegen mit Soyamilch.

Aber Mandelmilch - das klingt very ladylike. Es kling auch fett- und damit so kalorienreich, dass die Frau von heute wohl besser nicht ihren Gaumen damit verwöhnt. Sondern ihre Haut. So wie sie ihre Lippen mit Kokosfett - pardon - -Aroma pflegt. Oder ihre hat mit Körperbutter aus Olivenöl. Oder mit Duschgel aus Sahne und Honig.

Aber siehe da - ich fand Mandelmilch im Reformhaus, nicht weniger als drei Sorten: mit Zucker, ohne Zucker und Mandel/Reismilch. Alle für den Gaumen. Nicht für die Haut.



Neugierig studierte ich die Verpackung der ungezuckerten Mandelmilch. Ich muss hier betonen: Wer denkt, Mandelmilch bestünde nur aus Mandeln, der irrt. Die abgebildete Mandelmilch besteht aus Mandeln, Maisstärke, Maltodextrin, Agave und Meersalz. Dafür ist sie recht fettarm und hat nur 48 Kalorien. Alles bestens.

Es folgten vier glückliche Tage mit den Hooligans - und ein kulinarisches Cabaret im Fünfsternrestaurant. Denn nicht nur Frau Hooligan hat ihre Diätvorschriften. Herr Hooligan ist allergisch auf Fisch. Und Frau Frogg hatte auch noch eine Extrawurst.

Probiert habe ich Frau Hooligan's Mandelmilch dann auch irgendwann. Sie schmeckte ... hm ... nach Agave, schien mir.

24
Dez
2014

Weihnachtsgeschichte zeitgemäss

Weihnachten im christlichen Abendland anno 2014 gibts hier zu feiern. Köstliches Video!



Allen meinen Lesern ein frohes Fest!

20
Dez
2014

Meine Strasse


Das Restaurant Libelle an der Maihofstrasse 61 in Luzern

Der pedestrian* und ich standen neulich zusammen vor diesem Restaurant. Er erinnerte mich daran, dass im selben Lokal noch vor einem Jahr ein Matratzenladen war. "Wenn in einem Haus am Stadtrand Matratzen verkauft werden, dann ist der Tiefpunkt erreicht", sagte er. Er meinte den Tiefpunkt des städtischen Lebens. Matratzenläden sind meistens an Ausfallstrassen - und an Ausfallstrassen will kein Mensch verweilen.

Wir bewunderten beide das neue Lokal gebührend - es zeigt doch, dass die Maihofstrasse zu neuem Leben erwacht.

Dann griffen wir zu unseren Kameras und machten uns an die Arbeit. Wir waren hier für unser gemeinsames Spaziergänger-Projekt. Aufgabe: In einer Dreiviertelstunde die Maihofstrasse fotografieren, zwischen der "Libelle" und der Tankstelle an der Stadtgrenze, ungefähr 300 Meter. Danach machen wir auf dem Internet etwas draus - jeder auf seine Art. Was der pedestrian gemacht hat, ist hier zu sehen.

Vom Maihofquartier könnte ich stundenlang erzählen. Ich wohne in der Gegend. Ich habe den Niedergang der Strasse durch tägliche Anschauung erlebt. Noch bis Anfangs der nuller Jahre hatte der Maihof eine Beiz, eine Post, ein Quartierlädeli und sogar eine Drogerie. Dann schloss die Post. Dann die Drogerie, dann das Lädeli. Nur die Beiz, das Maihöfli, blieb.


Seiteneingang des Restaurants Maihöfli, Maihofstrasse 70

Es war bereits in den neunziger Jahren ein Gourmet-Tempel geworden. Seither kann man hier in gemütlichem Ambiente für ein exorbitant gutes Essen exorbitant viel Geld ausgeben. Herr T. und ich essen dort, wenn wir etwas zu feiern haben. Es liegt direkt gegenüber der "Libelle" - wir haben jetzt fast schon eine Ausgehmeile im Quartier.

Weiter stadtauswärts dominieren ältere Wohnhäuser. Aber dicht an der Stadtgrenze steht die Nummer 95, ein erst drei, vier Jahre altes Gebäude. Es steht mit für den Aufbruch an der Maihofstrasse. Als es neu war, schien es mir aussergewöhnlich ambitioniert für diese Gegend.


Maihofstrasse 95

Es beherbergt ein Fitness-Zentrum, eine englischsprachige Schule, einen Hörgeräte- und einen Küchenladen.


Selbstporträt mit Kochtöpfen an der Maihofstrasse 95c

Nach Besichtigung der Nummer 95 wurde ich regelbrüchig. Ich zog von der Strasse weg, hinauf zur Maihofmatte. Hier kann man die Kehrseite der Neubelebung besichtigen. Seit 1948 steht hier eine Wohnsiedlung der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL) - nie saniert, die Wohnungen spottbillig.


Maihofmatte

Aber jetzt ist hier der Dornröschenschlaf zu Ende: Ab 2016 wird gebaut, meldete die Neue Luzerner Zeitung kürzlich. Danach dürften die Mietzinse in für viele der jetzigen Bewohner exorbitante Höhen steigen.

* Dank an den pedestrian für die Inspiration und die Arbeit an den Bildern!

18
Dez
2014

Höllenlärm

Seit gestern Abend habe ich ein zweites Hörgerät. Meine erste Reaktion beim Gespräch mit der Hörgeräte-Akustikerin in ihrem stillen Büro: "Wow, so ist es ja viel weniger anstrengend, Ihnen zuzuhören!"

Mittlerweile fällt meine Beurteilung durchzogener aus. Gespräch mit Herrn T. vor laufendem Fernseher: Ich verstand ihn nur mit Mühe - der Fernseher dagegen: verdammt laut.

Heute Morgen auf der Strasse: ein Höllenlärm. Heute im Büro: ein Höllenlärm! Wie diese Computer schmurgeln und surren! Das Sprachverständnis bei kurzen Gesprächen aus mittlerer Distanz ist nur minim besser. Oder sogar schlechter, wegen der Nebengeräusche.

Erstes Fazit: Verkehrte Welt! Ich höre schlechter, weil ich besser höre. Kein grosses Aaah-Erlebnis wie man es hat, wenn man eine neue Brille trägt. In der Cafeteria mit den Kollegen Mittagessen: Im Moment noch undenkbar. Zu laut und zu leise gleichzeitig.

9
Dez
2014

Der seltsame Gärtner

Mein Gottenkind Carina (9) wünscht sich den vierten Band der Harry Potter-Serie zu Weihnachten. Nun ist Harry Potter und der Feuerkelch reich an schrecklichen Begebenheiten. Ich will sicher sein, dass ich dem Kind den Roman zumuten kann. Deshalb habe ich ihn selber nochmals zu lesen begonnen.

Schon auf den ersten Seiten stach mit ein merkwürdiger Fehler ins Auge. Die Rede ist dort von Frank Bryce, dem Gärtner eines seit Jahren leer stehenden, düsteren Herrenhauses.


Frank Bryce (Erik Sykes) in der Harry Potter-Verfilmung


Es heisst über ihn (ich übersetze aus der englischen Erstausgabe*): "Frank näherte sich seinem siebenundsiebzigsten Geburtstag, war sehr taub, sein böses Bein steifer und steifer (S. 10)." Eines Nachts sieht der alte Mann Licht im Herrenhaus. Er will nachsehen, was los ist und schleicht hinein. In einem Zimmer hört er Stimmen, nähert sich - und schon belauscht der angeblich taube Gärtner aus mehreren Metern Entfernung ein Gespräch zwischen zwei gfürchigen Männern. Der Dialog ist sage und schreibe sechs Seiten lang, und der Gärtner versteht jedes Wort. Dabei sieht er den einen Sprecher nicht einmal.

Es ist unwahrscheinlich, dass das eine mittelgradig schwerhörige Person ohne gutes Hörgerät könnte. Und Fred ist ein Muggel - er kann sich seiner Schwerhörigkeit also nicht mit Zauberkräften entledigen. Überhaupt: Warum erzählt uns J. K. Rowling, dass Fred taub ist? Es ist für den Rest der Geschichte unwichtig. Will sie uns gar nicht sagen, dass er nicht gut hört? Will sie uns etwas ganz anderes sagen?

Ich vermute: Sie wollte damit unterstreichen, dass er sonderbar ist, kauzig, vom Krieg und dann vom Leben versehrt. Dass er zurückgezogen lebt. Sie wollte ihn zu einer düsteren Figur in einer unheimlich Szene machen.

Aber sie begeht dann doch einfach einen Lapsus. Das ist auch dem Übersetzer Klaus Fritz aufgefallen. In der deutschen Ausgabe heisst es auf Seite 9: "Frank war jetzt fast siebenundsiebzig, er war auf einem Ohr taub, und sein schlimmes Bein war noch steifer geworden."**

* J. K. Rowling: "Harry Potter and the Goblet of Fire" ; London, Bloomsbury, 2000
** Joanne K. Rowling: "Harry Potter und der Feuerkelch" ; Hamburg, Carlsen, 2000
logo

Journal einer Kussbereiten

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Impressum

LeserInnen seit dem 28. Mai 2007

Technorati-Claim

Archiv

April 2024
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Kommentar
Liebe Frau frogg, schauen Sie bitte bei WordPress...
Freni - 28. Nov, 20:21
Ein schreckliches Tal
Soglio im Bergell, Oktober 2013. Was habe ich Freunde...
diefrogg - 6. Okt, 20:27
Liebe Rosenherz
Danke für diesen Kommentar, eine sehr traurige Geschichte....
diefrogg - 11. Jan, 15:20
Ja, die selektive Wahrnehmung...
auch positives oder negatives Denken genannt. In den...
diefrogg - 9. Jan, 18:14
liebe frau frogg,
ein bisschen versuch ich es ja, mir alles widrige mit...
la-mamma - 5. Jan, 14:04

Status

Online seit 7154 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 17. Sep, 17:51

Credits


10 Songs
an der tagblattstrasse
auf reisen
bei freunden
das bin ich
hören
im meniere-land
in den kinos
in den kneipen
in den laeden
in frogg hall
kaputter sozialstaat
kulinarische reisen
luzern, luzern
mein kleiner
offene Briefe
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren